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Teilverkauf der Schufa: "Wir wollen den Reformstau auflösen"


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Zukunft der Auskunftei
"Wir wollen den Reformstau auflösen"


Aktualisiert am 11.02.2022Lesedauer: 6 Min.
Schufa-Formular (Symbolbild): Die Schufa ist Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei.Vergrößern des Bildes
Schufa-Formular (Symbolbild): Die Schufa ist Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)
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Wandert die Schufa ins Ausland? Das fürchten aktuell Datenschützer und Aktivisten. Denn der Finanzinvestor EQT will Anteile an der Auskunftei übernehmen. Im Interview mit t-online versucht er, die Vorwürfe zu entkräften.

Der Kampf um die Datenhoheit ist eröffnet: Die Schufa, Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei, könnte einen neuen Eigner bekommen – EQT, einen Finanzinvestor aus Schweden. Anders als viele denken, ist die Schufa keine staatliche Stelle, sondern ein privatwirtschaftliches Unternehmen, getragen von Handelsfirmen, Banken und Sparkassen.

Genau hier wittert EQT seine Chance: Das Beteiligungsunternehmen will die Anteile der französischen Großbank Société Générale, immerhin 10 Prozent, übernehmen – und hat dafür auch die Erlaubnis vom Kartellamt bekommen. Für immerhin rund 200 Millionen Euro, heißt es. Auch wurde spekuliert, ob die Deutsche Bank oder die Commerzbank ihre Anteile abstoßen könnten.

Es hat sich allerdings eine Front gegen den Investor gebildet: Die genossenschaftliche Teambank will den Vorstoß von EQT nicht akzeptieren, sondern selbst die Anteile übernehmen. Als bisherige Aktionärin hat sie da gute Karten, denn bisherige Anteilseigner haben ein Vorkaufsrecht.

Zuspruch bekommt die Teambank vom Kampagnenverein Campact, der Sorge hat, dass der Investor mit den Daten der Schufa vor allem auf Profit aus sein könnte. Auch Grünen-Politikerin Tabea Rößner äußerte jüngst ihre Bedenken. Im Exklusivinterview hat t-online Matthias Wittkowski, Partner von EQT, mit den Vorwürfen konfrontiert.

t-online: Herr Wittkowski, das Bundeskartellamt hat am Montag Ihrem Antrag, Anteile an der Schufa zu kaufen, stattgegeben. Sind Sie bereits in Siegerstimmung? 

Matthias Wittkowski: Wir freuen uns über die Freigabe des Kartellamtes. Aus unserer Sicht war das aber keine Überraschung, sondern eher ein technischer Prozess.

Wie meinen Sie das?

Kein Investment in unserem Portfolio konkurriert mit der angemeldeten Übernahme. Daher haben wir erwartet, dass das Kartellamt unserem Antrag zustimmt. Die drängendere Frage ist jetzt vielmehr: Werden die Anteilseigner, die auf die Anteile, die wir erworben haben, nun ein Vorkaufsrecht haben, dieses ausüben oder uns als partnerschaftlichen Aktionär willkommen heißen?

Das ist der springende Punkt. Aktuell versucht die genossenschaftliche Teambank, dass Sie gar nicht erst einen Fuß in die Tür bekommen – wofür sie ebenfalls den Segen des Bundeskartellamtes erhalten hat. Wie hoch schätzen Sie denn Ihre Chancen ein, diesen aufkommenden Bieterstreit zu gewinnen?

Zuallererst: Es gibt aus meiner Sicht keinen Bieterstreit um die Schufa.

Ach nein?

Nein. Wir haben mit einigen Eigentümern eine Vereinbarung über den Erwerb der Anteile getroffen. Zu unserem gebotenen Kaufpreis können nun alle aktuellen Aktionäre die Anteile von den Verkaufswilligen erwerben. In der Satzung der Schufa gibt es gar nicht die Möglichkeit, dass wir einem der Aktionäre im Nachgang einen höheren Preis anbieten.

Das heißt, an der Summe, die aktuell auf dem Tisch liegt, wird sich für keine der Parteien etwas ändern – auch wenn Sie bereit wären, mehr zu zahlen?

Das ist korrekt, etwas anderes lässt die Satzung nicht zu.

Wenn die Teambank die Summe aufbringt, gehören die Anteile jedoch ihr und Sie wären erst einmal raus. Dann könnten Sie jedoch versuchen, die Anteile eines anderen Miteigners zu erwerben, zum Beispiel von der Deutschen Bank. Ist das Ihr Plan B?

Wir fokussieren uns auf den Erwerb der Anteile mit den Parteien, mit denen wir jetzt Verkaufsvereinbarungen getroffen haben. Das ist aktuell unser ausschließlicher Fokus.

Das klang in dem Antrag beim Kartellamt aber anders. Dort haben Sie sich schließlich eine Zusage für eine Übernahme von bis zu 100 Prozent der Anteile gesichert. Wollen Sie die Schufa also langfristig doch für sich allein?

Nein, mittlerweile wissen wir, dass einige Anteilseigner kein Interesse am Verkauf haben. Zum Zeitpunkt des Antrags beim Kartellamt gab es aber hierzu keine finale Aussage, wir haben damals also, wie in solchen Prozessen üblich, den maximalen Spielraum beantragt. Das hat sich nun geändert. Daher stellt sich für uns die Frage einer vollständigen Übernahme nicht mehr. Wir haben deutlich gemacht, dass wir uns als partnerschaftlicher Mitaktionär für eine modernere Schufa einsetzen möchten.

Was macht die Schufa denn überhaupt so interessant für Ihr Geschäftsmodell?

Die Unternehmen, in die wir investieren, unterstützen wir mit unserer Expertise und Geld. Bei der Schufa etwa muss der Verbraucher- und Datenschutz deutlich weiterentwickelt werden. Hier sind wir bereit zu investieren. So wollen wir den Reformstau auflösen und den dringend nötigen Wandel einleiten. Auch Wachstum spielt sicher eine entscheidende Rolle. Wachstum entsteht aber nur dann, wenn man auch bereit ist, in die Zukunft zu investieren.

Gutes Stichwort: Kritiker sagen, es ginge Ihnen bei der Schufa nur um die Rendite, die Sie sich von einer Übernahme und der anschließenden Modernisierung erhoffen. Stimmt das?

EQT ist seit 25 Jahren im deutschen Markt aktiv. Wir haben immer wieder bewiesen, dass wir ein verantwortungsvoller Investor sind, der Firmen langfristig in ihren Wachstumschancen hilft. Das sieht man auch bei der Schufa: Wir als EQT haben den Vorschlag gemacht, die Gewinne im Unternehmen zu belassen und in die Modernisierung zu investieren, anstatt mit Dividenden die Rendite kurzfristig nach oben zu treiben.

Aber am Ende soll auch eine entsprechende Rendite abfallen.

Attraktive Renditen sind Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Ich erkenne aber keinen Widerspruch darin, langfristig das Wachstum eines Unternehmens zu stützen und hierdurch dann Rendite für unsere Geldgeber wie Pensionskassen erzielen zu wollen.

Ihre Modernisierungspläne klingen sehr ähnlich wie jene Vorhaben, die Schufa-Chefin Tanja Birkholz ohnehin umsetzen möchte. Welchen Mehrwert kann EQT da noch bringen?

Es gibt große Überschneidungen zwischen unseren Plänen und den uns bekannten Maßnahmen von Frau Birkholz, das stimmt. Aber bis heute sind diese nicht umgesetzt worden. Es gibt nun einmal Defizite bei der Transparenz und beim Verbraucherschutz der Schufa und die heutigen Aktionäre haben diese bisher nicht ausräumen können.

Und Sie sehen sich dafür als Lösung?

Ja. Die Schufa ist bislang ein geschlossenes System: Die Banken – die aktuellen Eigentümer – sind gleichzeitig auch Kunden und Datenlieferanten. Das führt dazu, dass am Ende Themen wie Verbraucher- und Datenschutz nicht sehr dringlich behandelt werden. Wir sehen uns als wirklich neutralen Gesellschafter.

Mit EQT soll es also mehr Transparenz geben. Kann ich als Verbraucher bald die Schufa-Formel einsehen, mit der mein Score errechnet wird?

Wir haben zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen, die Verbraucher mehr aufklären sollen. Ich sage es deutlich: Der deutsche Verbraucher wird von unserem Einstieg profitieren.

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Starkes Versprechen, bitte führen Sie das etwas aus.

Sie als Verbraucher sollen zum Beispiel in einer Handy-App einfach und kostenlos sehen können, welche Daten die Schufa über Sie speichert, wann die Löschfristen einsetzen und wie die Daten in Ihren Score einfließen.

Das ist ein erster Schritt.

Außerdem zeigen wir auf, wie Sie Ihren Score verbessern können. Und wir planen, Bildungsangebote zu praktischen Finanzthemen zu integrieren. Hier besteht in Deutschland noch Nachholbedarf.

Tanja Birkholz würde Sie also mit offenen Armen begrüßen?

Das müssen Sie Frau Birkholz fragen. Wir jedenfalls hatten bereits Kontakt mit dem Vorstand und konnten unser Zukunftskonzept präsentieren. Wir haben in der Diskussion sehr, sehr hohe Übereinstimmungen festgestellt. Aber auch, dass in manchen Aspekten bei der Schufa noch Kapital und Expertise nötig ist.

Von anderer Seite gibt es aber große Bedenken gegen Ihr Vorhaben. Der Verein Campact hat gegen Ihr Übernahmeangebot eine Petition gestartet. Innerhalb von 24 Stunden hatten sich mehr als 150.000 Menschen gegen eine EQT-Beteiligung an der Schufa ausgesprochen. Woher kommt dieses Misstrauen?

Es ist inzwischen bekannt, dass die Campact-Kampagne mit falschen Thesen gestartet ist. So behauptete der Verein, EQT würde direkten Zugriff auf die Daten der Verbraucher haben und hat angedeutet, wir würden diese zulasten der Menschen nutzen. Das ist schlicht falsch. Mittlerweile hat Campact diese auch korrigiert, was aber natürlich deutlich weniger öffentlich wirksam war als die ursprüngliche Kampagne. Fest steht: Rund 200.000 Unterschriften sind vor der Korrektur zusammengekommen. Und man darf sich fragen: Wie viele Stimmen hätte die Kampagne erhalten, wenn es keine Falschbehauptungen gegeben hätte?

Also ist alles nur ein Missverständnis?

Wir hätten uns zumindest gewünscht, dass bei einem so sensiblen Thema auf Basis korrekter Fakten agiert wird. Wir nehmen die berechtigten Ängste der Verbraucher sehr ernst – aber die sind bei uns völlig unbegründet.

Gut: In Ihrer Position müssen Sie das auch sagen.

Wir bekommen das auch von Experten gespiegelt. So hält es etwa der hessische Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel von Vorteil, dass wir eine stärkere Orientierung am Verbraucherschutz in Aussicht stellen. Wir stehen für mehr Transparenz, mehr Verbraucherschutz und mehr Datenschutz – nicht dagegen.

Herr Wittkowski, vielen Dank für das Gespräch!

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Interview mit Matthias Wittkowski
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