Ökonomen warnen Bundeshaushalt könnte unter Rentenlast zusammenbrechen
Eine Erhöhung des Rentenalters ist unvermeidbar: Wenn die Regierung die Beitragssätze nicht anhebt, verschlingt die Rente mehr als die Hälfte des Bundeshaushaltes, warnen Ökonomen. Doch noch gebe es Lösungen.
Das Ifo-Institut hält eine weitere Erhöhung des Rentenalters für unvermeidbar. Ohne Korrekturen müssten 2050 fast 40 Prozent des Bundeshaushalts in die Rentenkassen fließen.
"Geradezu dramatisch würde es sich auswirken, wenn die neue Regierung verspricht, den Beitragssatz auch über 2025 hinaus unter 20 Prozent zu halten und das Standardrentenniveau nicht unter 48 Prozent des durchschnittlichen Arbeitseinkommens sinken zu lassen", warnten die Wirtschaftsforscher am Mittwoch in München: "60 Prozent des Bundeshaushaltes müssten bei einem solchen Versprechen für die Rente ausgegeben werden."
Würden die bereits jetzt absehbaren Zusatzkosten der Rentenversicherung nur über die Mehrwertsteuer finanziert, müsste der Steuersatz bis 2030 auf 23 Prozent und bis 2050 auf 27 Prozent stiegen, sagte Marcel Thum, Leiter der Ifo-Niederlassung in Dresden. Der demografische Wandel sei für drei Viertel dieser Zusatzkosten verantwortlich. Ein Viertel der Zusatzkosten gehe auf die Rentenreformen von 2014 bis 2020 zurück.
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Wenige Wochen vor der Bundestagswahl schlagen viele Wirtschaftsinstitute bei der Rente Alarm. Immer wieder steht eine Erhöhung des Rentenalters auf 68 Jahre im Raum, langfristig auch noch später. Ob das so überhaupt umsetzbar wäre und welche Folgen das hätte, lesen Sie hier.
Auch der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, fand zuletzt in einem Interview mit t-online klare Worte: "Wir alle werden künftig länger arbeiten müssen als heute". Um die Rentenproblematik zu entschärfen, schlägt er vor, eine Art Nachhaltigkeitsvorgabe für die Rente im Grundgesetz zu verankern. Das gesamte Interview lesen Sie hier.
Renten steigen stärker als Löhne
Die große Koalition hatte eine doppelte Haltelinie bei Rentenniveau und Rentenbeitrag eingeführt und obendrein noch den sogenannten Nachholfaktor ausgesetzt. Das führt dazu, dass die Renten sogar stärker steigen als die Löhne der Beschäftigten, so das Leibniz-Institut. "Dies ließe sich jetzt noch rückgängig machen", sagte Professor Joachim Ragnitz. "Dazu müsste aber direkt nach der Wahl entsprechend gehandelt werden." Die Aussetzung trage 2030 zu einem Drittel und 2050 fast zur Hälfte des reformbedingten Anstiegs der Rentenkosten bei.
Vor zwei Wochen hat bereits der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium vor "schockartig steigenden Finanzierungsproblemen in der gesetzlichen Rentenversicherung ab 2025" gewarnt und eine dynamische Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung vorgeschlagen.
Die Rentenproblematik beschäftigt nicht nur Deutschland, auch unsere Nachbarländer diskutieren über die Altersvorsorge. Die Systeme unterscheiden sich in Europa teils deutlich, in manchen ist ein höheres Rentenalter schon heute Realität. Hier lesen Sie wie unterschiedlich Deutschlands Nachbarn in Rente gehen.
- Nachrichtenagentur dpa-afx