t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeWirtschaft & FinanzenAktuellesVerbraucher

Schufa-Urteil: Beglichene Schulden müssen sofort gelöscht werden


Gerichtsurteile gegen Schufa
Darum müssen erledigte Schulden sofort gelöscht werden


Aktualisiert am 28.04.2025 - 08:16 UhrLesedauer: 4 Min.
Schufa Holding AGVergrößern des Bildes
Schufa-Logo: Gerichtsurteile fordern sofortige Löschung erledigter Schulden. (Quelle: Andreas Arnold/dpa/dpa-bilder)
News folgen

Bezahlte Schulden bleiben bei der Schufa gespeichert und wirken sich negativ auf die Bonität von Verbrauchern aus. Jetzt droht dem Speicher-Modell das juristische Aus.

Viele Menschen atmen auf, wenn sie endlich ihre Schulden begleichen konnten. Doch die Erleichterung wird oft getrübt: Die Schufa speichert erledigte Forderungen weiterhin und belastet damit die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden. Auch Jahre nach der vollständigen Zahlung können negative Einträge den Abschluss eines Handyvertrags, die Wohnungssuche oder die Vergabe eines Kredits erschweren. Neue Gerichtsurteile stellen diese Praxis nun grundsätzlich infrage – und könnten das Geschäftsmodell der Schufa nachhaltig verändern.

Wie die Schufa bisher speicherte

Bislang speicherte die Schufa erledigte Forderungen in der Regel drei Jahre lang nach der Begleichung. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich um offene Rechnungen, gekündigte Kredite oder Bürgschaften handelte. Selbst dann, wenn die Schulden längst bezahlt waren, blieben die negativen Einträge sichtbar.

Es gab lediglich Ausnahmen:

  • 100-Tage-Regelung: Wurde eine einmalige Zahlungsstörung innerhalb von 100 Tagen nach der Schufa-Meldung beglichen, konnte die Löschung nach 18 Monaten erfolgen.
  • Kreditanfragen: Sie verschwanden bereits nach 12 Monaten.
  • Schuldnerverzeichnis-Einträge: Diese wurden nach 36 Monaten gelöscht, es sei denn, das Gericht bestätigte eine frühere Erledigung.
  • Insolvenzverfahren: Daten zu abgeschlossenen Insolvenzverfahren löschte die Schufa erst sechs Monate nach Verfahrensende.

Für Verbraucher war diese Praxis oft eine bittere Erfahrung: Wer längst seine Schulden bezahlt hatte, musste trotzdem jahrelang mit den Folgen eines schlechten Scores leben.

Gerichtsurteile bringen Bewegung in die Sache

Nun zeichnet sich ein grundlegender Wandel ab. Zwei aktuelle Entscheidungen erschüttern die bisherige Speicherpraxis der Schufa:

  • Oberlandesgericht (OLG) Köln, Urteil vom 10.04.2025 (Az.: 15 U 249/24)
  • Landgericht (LG) Aachen, Urteil vom 17.04.2025 (Az.: 8 O 224/24)

Beide Gerichte entschieden: Erledigte Forderungen müssen unverzüglich gelöscht werden. Die dreijährige Speicherfrist ist nicht mehr haltbar, sobald die Schuld vollständig bezahlt wurde. Die Richter beziehen sich dabei auf § 882e Absatz 3 Nummer 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Dort ist geregelt, dass Einträge im öffentlichen Schuldnerverzeichnis gelöscht werden müssen, sobald eine Forderung beglichen ist.

Rechtswidrige Datenspeicherung erkannt

Im konkreten Fall vor dem OLG Köln hatte ein Verbraucher gegen eine Wirtschaftsauskunftei geklagt, weil diese drei vollständig beglichene Forderungen aus den Jahren 2020 bis 2022 weiterhin gespeichert hatte. Trotz vollständiger Zahlung blieben die Einträge bestehen und wirkten sich negativ auf seine Kreditwürdigkeit aus. Der Kläger verlangte die Löschung der Daten sowie Schadensersatz – und bekam vor Gericht teilweise recht: Die Richter sprachen ihm 1.040,50 Euro zu und stellten klar, dass eine weitere Speicherung der erledigten Forderungen rechtswidrig war.

Das OLG Köln betonte, dass die gesetzliche Wertung des § 882e ZPO auch für private Wirtschaftsauskunfteien gilt. Selbst interne Speicherregeln oder genehmigte Verhaltensrichtlinien können das europäische Datenschutzrecht nicht aushebeln. Entscheidend bleibt das Grundrecht auf Datenschutz und die informationelle Selbstbestimmung jedes Einzelnen.

Was das für die Schufa bedeutet

Die Urteile könnten das Geschäftsmodell der Schufa grundlegend verändern.
Bisher beruhte ein erheblicher Teil ihrer Bonitätsbewertungen auf historischen Zahlungsausfällen – selbst dann, wenn diese längst erledigt waren. Mit den neuen Entscheidungen verlieren solche Altlasten an Relevanz.

Für die Schufa bedeutet das:

  • Sie muss ihre Speicherpraxis massiv anpassen.
  • Die Daten über beglichene Forderungen müssen schneller gelöscht werden – möglicherweise sofort nach Zahlung.
  • Verbraucher, die rechtswidrig gespeichert wurden, können Schadensersatz verlangen.
  • Interne Speicherfristen verlieren ihre rechtliche Wirkung, wenn sie gegen europäische Datenschutzgrundsätze verstoßen.

Wer als Auskunftei weiterhin erledigte Forderungen speichert, läuft künftig Gefahr, nicht nur gerichtliche Löschungsansprüche, sondern auch empfindliche Schadensersatzforderungen zu kassieren.

Ihre Rechte als Verbraucher

Verbraucher, die ihre Schulden vollständig bezahlt haben, sollten jetzt aktiv werden. Prüfen Sie Ihre Schufa-Auskunft genau: Ist eine erledigte Forderung weiterhin eingetragen? Liegt die Begleichung länger als wenige Wochen zurück? Beruft sich die Schufa auf eine dreijährige Speicherfrist?

So gehen Sie vor:

  1. Wie erfahre ich, ob noch erledigte Einträge gespeichert sind? Fordern Sie eine kostenlose Selbstauskunft bei der Schufa an. Nach Art. 15 DSGVO haben Sie einmal im Jahr Anspruch auf eine unentgeltliche Datenkopie. Prüfen Sie die Einträge genau auf erledigte Forderungen.
  2. Wann darf ich eine Löschung verlangen? Wenn die Forderung vollständig bezahlt wurde und weiterhin gespeichert ist, können Sie sofort die Löschung verlangen. Ein Vermerk "erledigt" reicht nicht aus – der Eintrag muss komplett entfernt werden.
  3. Wie stelle ich den Löschungsantrag? Schreiben Sie zunächst eine E-Mail oder einen Brief an die Schufa. Fordern Sie konkret die "vollständige Löschung des erledigten Eintrags" unter Bezug auf Art. 17 DSGVO. Legen Sie Zahlungsnachweise (zum Beispiel Kontoauszug, Bestätigung des Gläubigers) bei.
  4. Was tun, wenn die Schufa nicht löscht? Setzen Sie eine Frist von 14 Tagen und weisen Sie auf Ihre Rechte hin. Reagiert die Schufa nicht oder lehnt sie ab, können Sie Beschwerde bei der Datenschutzaufsichtsbehörde Ihres Bundeslandes einlegen. Alternativ können Sie sich rechtlich beraten lassen und notfalls Klage einreichen.
  5. Gibt es einen Anspruch auf Schadensersatz? Ja. Wurden Ihre Daten unrechtmäßig gespeichert und dadurch Ihre Bonität beeinträchtigt, können Sie gemäß Art. 82 DSGVO Schadensersatz verlangen – auch ohne konkreten finanziellen Schaden.

Fazit

Die Urteile des OLG Köln und des LG Aachen haben die Speicherpraxis der Schufa wieder einmal ins Zentrum der Kritik gerückt: Die jahrelange Speicherung beglichener Schulden verstößt massiv gegen die Persönlichkeitsrechte der Verbraucher und widerspricht den Vorgaben des Datenschutzrechts. Dennoch zeigt die Vergangenheit: Nicht jede gerichtliche Klarstellung wird sofort umgesetzt. Oft handeln Unternehmen erst, wenn sie konkret zur Löschung verpflichtet werden.

Verbraucherschützer könnten deshalb verstärkt gefordert sein, die Einhaltung der neuen Vorgaben einzufordern. Denn solange erledigte Forderungen weiterhin gespeichert bleiben, riskieren Betroffene schwerwiegende Nachteile – vom geplatzten Kredit bis zur gescheiterten Wohnungssuche. Die Gerichte haben die Leitplanken gesetzt. Jetzt müssen auch die Wirtschaftsauskunfteien nachziehen.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



Telekom