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Waren die Corona-Lockdowns in Deutschland überflüssig? | Neue Studie


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Neue Studie
Waren die Corona-Lockdowns überflüssig?


Aktualisiert am 29.05.2021Lesedauer: 3 Min.
Die Bolkerstraße in der Düsseldorfer Altstadt: Auf der Partymeile ist weiterhin nichts los.Vergrößern des Bildes
Die Bolkerstraße in der Düsseldorfer Altstadt: Auf der Partymeile ist weiterhin nichts los. (Quelle: Olaf Döring/imago-images-bilder)
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Rund 2,5 Milliarden Euro kostete der Lockdown Deutschlands Wirtschaft pro Woche. Steht das in einem guten Verhältnis zum Nutzen der Maßnahmen? Eine neue Studie nährt Zweifel.

Exakt 488 Tage ist es her, dass am 27. Januar 2020 beim Robert Koch-Institut erstmals ein Corona-Fall in Deutschland gemeldet wurde. Seitdem hat sich die Republik verändert und das Volk viele neue Worte gelernt. "Maskenpflicht", "Sieben-Tage-Inzidenz", "Wechselunterricht", vor allem aber: "Lockdown".

Mehr als sieben Monate befindet sich Deutschland seit dem ersten Shutdown auf Kosten von Wirtschaft und Gesellschaft in diesem Sparflammen-Zustand. Noch immer sind trotz erster Lockerungen und sinkender Inzidenzen vielerorts die Corona-Beschränkungen in Kraft.

Allein: War und ist der Lockdown nötig? Was bringt er wirklich? Diese Fragen zu stellen, war lange ein Tabu. Nur zu schnell galt als Corona-Skeptiker, wer etwa den Sinn von Laden- oder Kitaschließungen anzweifelte.

In Schweden sank die Mobilität auch ohne Lockdown

Inzwischen aber beschäftigen sich immer mehr Menschen damit – auch angesehene Wissenschaftler wie die Ökonomen vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Laut einer neuen Studie des IW, die t-online vorab vorliegt, könnte der Nutzen sogenannter "nicht-pharmazeutischer Interventionen", kurz NPIs, zur Bekämpfung der Virusausbreitung zumindest nicht im richtigen Verhältnis zu den wirtschaftlichen und sozialen Kosten der Lockdowns stehen.

Die Volkswirte Thomas Obst und Dan Schläger führen dazu einen Vergleich von Mobilitätsdaten aus Schweden und Deutschland an. Eine interaktive Darstellung der Daten finden Sie hier:

Demnach zeigten sich "ähnliche dynamische Verhaltensanpassungen" der Menschen, "was auf eine erhebliche freiwillige soziale Zurückhaltung" hindeute. Konkret sank die Mobilität der Menschen im März 2020 sowohl in Schweden als auch in Deutschland stark – obwohl Schweden einen Sonderweg wählte, Büros, Schulen, Geschäfte und Restaurants geöffnet ließ, während in Deutschland das meiste dichtmachte.

Prozentual gingen die Bewegungen in Deutschland zwar noch etwas mehr zurück als in Schweden, dennoch habe sich auch während der zweiten Corona-Welle in beiden Ländern ein sehr ähnliches Muster beobachten lassen, wie Obst und Schläger schreiben: "Ein Rückgang der Aktivität ab September und ein erneuter Anstieg der Aktivität seit Anfang 2021, mit einem weiteren Einbruch im April 2021."

Deutlich mehr Tote in Schweden als in Deutschland

So eingängig die Kurvenverläufe auf den ersten Blick anmuten, so wenig täuschen sie darüber hinweg, dass der schwedische Weg nicht ohne Folgen blieb. Zuletzt spitzte sich die Corona-Lage in dem skandinavischen Land deutlich zu, sodass auch in Schweden die Maßnahmen verschärft wurden. Und der Preis, den Schweden für seinen Sonderweg zahlt, ist hoch:

Während in Deutschland auf eine Million Menschen jüngst knapp 1.050 Corona-Tote kamen, starben in Schweden pro eine Million Einwohner fast 1.400 Menschen mit oder an den Folgen einer Covid-19-Infektion. Immer wieder betonten deshalb auch Virologen wie Christian Drosten oder SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, wie wichtig ein Lockdown, zuletzt gar inklusive Ausgangssperre, im Kampf gegen das Virus sei.

Zudem kritisierten mehrere Experten und Modellierer, dass sich beide Länder nur schwer vergleichen ließen. Zu unterschiedlich sei Bevölkerungsdichte, zu verschieden die Kulturen.

Freiwillige Kontaktreduzierungen unterschätzt

All das jedoch macht den Schluss der IW-Forscher nicht weniger logisch: Neben den von der Regierung auferlegten harten Beschränkungen müssen zumindest noch andere Faktoren dazu beigetragen haben, dass die Übertragungsrate des Coronavirus sank – zum Beispiel die freiwillige Einschränkung von Bekanntenbesuchen, das eigenverantwortliche Arbeiten im Homeoffice ohne staatlichen Zwang.

"Wir sagen nicht, dass die Beschränkungen ohne Wirkung geblieben sind", betont Obst im Gespräch mit t-online. "Jedoch spielten mit großer Wahrscheinlichkeit auch andere Effekte hinein, die in der Kosten-Nutzen-Analyse kaum berücksichtigt wurden. Das sollten wir bei künftigen Betrachtungen ändern."

"Plump daherkommende Ansätze"

So sieht es auch Obsts Chef, IW-Direktor Michael Hüther. "Die Pandemie hat gravierende Folgen, die wir im Gegensatz zu der an mancher Stelle überschätzten Wirkung der Lockdowns noch nicht erfasst haben", sagt er.

Entsprechend hart fällt – wie schon zuletzt – seine Kritik an der deutschen Politik aus. "Bei der unzureichenden Datenlage in Sachen Pandemiegeschehen ist es wenig überraschend, dass die Regierung trotz der erheblichen Belastungen von Lockdowns für die Gesellschaft und Wirtschaft weiter an gelegentlich plump daherkommenden, einheitlichen Ansätzen festhält, statt eine systematische Abwägung von Zielkonflikten vorzunehmen", sagt er. "Die Kosten und Schäden der Pandemiebekämpfung werden uns noch lange begleiten."

Verwendete Quellen
  • WHO-Statistik zu Corona-Todesfällen
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