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Arbeitsmarkt: Deutlicher weniger Stellenausschreibungen


Ökonomin warnt
"Die nächsten Monate werden hart"


24.03.2025 - 14:33 UhrLesedauer: 3 Min.
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Produktion bei BMW (Symbolbild): In der Industrie gab es zuletzt umfassende Stellenkürzungen. (Quelle: IMAGO/Dwi Anoraganingrum)
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Die Stimmung auf dem deutschen Arbeitsmarkt hat sich gedreht. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es viel weniger offene Stellen. Eine Expertin erklärt, wie es nun weitergeht.

Wer aktuell nach einem neuen Job sucht, könnte dabei vor größeren Herausforderungen stehen. Denn die Konjunktur hat sich in den vergangenen zwei Jahren deutlich abgekühlt: Die Aussichten für das laufende Jahr sind ebenfalls verhalten. Das wird nun auch auf dem Jobmarkt spürbar.

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Virginia Sondergeld, Arbeitsmarktexpertin bei der Karriereplattform Indeed sagt im Gespräch mit t-online: "Aktuell sind vergleichsweise wenige Stellen offen." Zahlen der Plattform zeigen, dass es deutlich weniger Stellenausschreibungen gibt als in den Vorjahren. Und die Lage dürfte andauern. "Die nächsten Monate werden hart. Die Konjunkturprobleme lassen sich nicht über Nacht lösen", so Sondergeld.

"Eine gesunde Marktkorrektur"

Indeed verzeichnet die niedrigste Anzahl von Stellenausschreibungen seit 2021. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es dort 2025 16 Prozent weniger offene Stellen, im Vergleich zu 2022 sind es sogar 30 Prozent weniger. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch die Bundesagentur für Arbeit (BA). Dort lag die Anzahl gemeldeter Stellen im Februar 2025 rund 25 Prozent niedriger als zum jüngsten Höhepunkt im Mai 2022.

"Vom Rückgang der Arbeitsnachfrage sind quasi alle Berufsgruppen betroffen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß", kommentiert Sondergeld die Zahlen. Vor allem hochbezahlte Bürojobs, wie etwa in der Softwareentwicklung und im Projektmanagement, sind derzeit Mangelware.

So ging die Anzahl der Stellen in der Softwareentwicklung im Vergleich zum Vorjahr um 32,67 Prozent zurück, im Projektmanagement waren es 31,78 Prozent weniger. Auch im Kundenservice gab es signifikant weniger Jobausschreibungen, die Zahl sank um 26,46 Prozent, im IT-Support waren es 24 Prozent weniger.

"An diesen Stellen können die Unternehmen leicht große Summen sparen", sagt Sondergeld. "Diese Jobs sind stark von konjunkturellen Schwankungen betroffen, zum Teil ist der Rückgang hier sicherlich aber auch eine gesunde Marktkorrektur des Techbooms in der Coronazeit."

Markt ist gespalten

"Das bedeutet allerdings ganz eindeutig nicht, dass der Fachkräftemangel behoben ist", sagt die Expertin. Zumal in den kommenden Jahren viele geburtenstarke Jahrgänge in Rente gehen und eine Lücke in die Arbeitnehmerschaft reißen werden. Aber die Stimmung habe sich gedreht. Wurde vor zwei Jahren noch von einem klaren Arbeitnehmermarkt gesprochen, sei dies nun nicht mehr der Fall. Viel mehr sei der Markt gespalten.

Auf einer Seite stehen jene Unternehmen, die besonders stark vom wirtschaftlichen Abschwung betroffen sind. Hier schlagen hohe Energiepreise, steigende Lohnkosten und unsichere Lieferketten voll durch und drücken auf Umsätze und Gewinne. Viele große Tech-Konzerne wollen aktuell sogar eher wieder Personal abbauen, nachdem sie in der Coronazeit deutlich aufgestockt hatten.

Anstatt Mitarbeiter geradeheraus zu entlassen, setzen einige Unternehmen dabei auch auf eine andere Taktik, vermutet Sondergeld. "Leute plötzlich ins Büro zurückzubestellen kann auch ein Mittel sein, um Kündigungen herbeizuführen", sagt sie. Liebgewonnene Überbleibsel aus der Coronapandemie, die viele Angestellte als Vorteil bewerten, werden also nach und nach eingeschränkt, in der Hoffnung, dass genervte Mitarbeiter dann von sich aus kündigen.

Ebenfalls von steigenden Preisen betroffen sind derzeit auch eine ganze Reihe deutscher Industriekonzerne, wie Volkswagen, Mercedes und ThyssenKrupp. Sie alle haben in den vergangenen Monaten Pläne zum Stellenabbau angekündigt. Mehr zur Lage der deutschen Automobil- und Zulieferindustrie lesen Sie hier.

In diesem Bereich rechnet Sondergeld auch mit weiteren Kürzungen: "Der Anteil der Beschäftigten in der Industrie wird weiter sinken, aber die Industrie wird dennoch eine wichtige Rolle spielen." Derzeit liegt die Anzahl ausgeschriebener Stellen in Produktion und Fertigung im Vorjahresvergleich um 19,85 Prozent, im Maschinenbau um 13,81 Prozent niedriger.

Auf der anderen Seite stehen systemrelevante Berufe, etwa in der Pflege oder in Schulen und Kindertagesstätten. Hier gibt es weiterhin großen Bedarf für Fachkräfte. Hier sind die Veränderungen bei den Stellenanzeigen entsprechend kleiner. Im Bereich Bildung und Erziehung gibt es derzeit 6,57 Prozent weniger Stellen, in der Pflege sind es 4,03 Prozent weniger.

Veränderungen erfordern andere Fortbildungen

Für all jene, die derzeit also auf Jobsuche sind, heißt das: Je nach Branche kann es schwierig werden. Mit zusätzlichen Qualifikationen kann sich dabei die Wahrscheinlichkeit auf eine neue Stelle erhöhen. Doch auch hier beobachten Ökonomen eine Veränderung.

"Wer einen neuen Job sucht, sollte sich genau überlegen: Welche Fähigkeiten werden gebraucht?", sagt Sondergeld. Vor einigen Jahren war ein häufiger Rat für Fortbildungen, am besten etwas mit Coding zu lernen. Doch gerade dieser Bereich hat sich durch das breite Ausrollen von Künstlicher Intelligenz sehr verändert. Leichte Coding-Aufgaben, wie ein Anfänger sie in einigen Wochen erlernen kann, bekommt auch ChatGPT mittlerweile gelöst. Expertin Sondergeld hofft, dass sich diese Veränderungen schon bald in den Fortbildungsprogrammen etwa bei der BA niederschlagen und Arbeitsuchende Fähigkeiten erlernen können, die gerade auf dem Arbeitsmarkt gesucht sind.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Virginia Sondergeld (indeed)
  • Indeed Job Posting Index
  • Bundesagentur für Arbeit: Der BA-X im Februar 2025: gemeldete Kräftenachfrage geht weiter zurück

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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