EZB Bundesbank wehrt sich gegen Rettungspläne des EZB-Chefs
Mit einer Doppelstrategie wollen offenbar die Europäische Zentralbank (EZB) und der Euro-Rettungsschirm ESM die steigenden Zinsen der Euro-Krisenländer in den Griff bekommen. EZB-Präsident Mario Draghi werde dazu bei der Sitzung des Rates der Zentralbank am heutigen Donnerstag einen Plan für eine konzertierte Aktion beider Institutionen vorlegen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (SZ). EZB und ESM sollten demnach den Kauf von Staatsanleihen etwa aus Spanien oder Italien koordinieren, um so deren Zinslast zu senken. Auf der regulären EZB-Ratssitzung zeichnet sich dem Bericht zufolge nun eine Mehrheit dafür ab, die Käufe wieder aufzunehmen und sie mit den Regierungen zu koordinieren. Außer Befürwortern gibt es auch Gegner dieser Aktion. Unter anderem Bundesbank-Chef Jens Weidmann lehnt den Plan strikt ab.
Der Plan sieht laut "SZ" vor, dass der ESM den Regierungen auf dem sogenannten Primärmarkt in kleinerem Umfang direkt Anleihen abnimmt. Die EZB solle zugleich Papiere aufkaufen, die bereits auf dem Markt gehandelt werden. Bundesbank-Chef Jens Weidmann warnt die EZB jedoch vor einer Überschreitung ihrer Kompetenzen. Die Unabhängigkeit der Notenbank bedinge, das eigene Mandat zu respektieren und nicht zu überschreiten, um gegen Inflation vorzugehen, sagte Weidmann in einem bundesbankinternen Interview von Ende Juni, das am 1. August veröffentlicht wurde.
Weidmann: Möglichkeiten der Notenbank werden überschätzt
Die Deutsche Bundesbank hält also wenig vom Kauf von Staatsanleihen durch die EZB. Weidmann betonte: "Wir sind die größte und wichtigste Notenbank im Eurosystem und haben auch einen weitergehenden Anspruch als manch andere Notenbank im Eurosystem", sagte er. Der Einfluss der EZB sei begrenzt: "Am Ende läuft es immer darauf hinaus, dass die Notenbank für Ziele der Fiskalpolitik eingespannt werden soll. Damit überschätzt die Politik aber die Möglichkeiten der Notenbank und überfordert sie, weil man ihr unterstellt, sie könne nicht nur für Preisstabilität, sondern auch noch für Wachstumsförderung, Abbau der Arbeitslosigkeit oder Stabilisierung des Bankensystems genutzt werden."
Rudolf: EZB-Käufe sind die billigste Alternative
Für Finanzexperte Markus Rudolf ist ein Eingreifen der EZB hingegen der billigste und beste Weg, um die Währungsunion zu retten. "Es werden ein paar Dutzend Milliarden zusammenkommen", sagte der Professor für Finanzwirtschaft an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Vallendar. Das habe schon einen entlastenden Effekt. "Ich vermute, dass das Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen fortgesetzt wird und die EZB dann spanische und italienische Papiere erwirbt", sagte Rudolf. "Entweder wir Deutschen geben den Italienern Geld oder die EZB tut es", begründete Rudolf seine Ansicht.
Inflation bis vier Prozent denkbar
Aus diesem Grund sehe er den Kauf von Staatsanleihen durch die EZB entspannter als Vertreter einer harten geldpolitischen Linie wie etwa Weidmann. Schließlich kauften die Zentralbanken der USA und Großbritanniens schon länger im großen Stil Staatsanleihen auf, ohne dass dies das Vertrauen in die Finanzkraft beider Länder nachhaltig erschüttert hätte. "Zwischen der Hyperinflation der 20er Jahre und der Politik der Bundesbank gibt es immer noch einen Mittelweg", sagte der WHU-Professor. Eine Inflation von drei bis vier Prozent sei denkbar und nicht allzu schädlich.
Schulden würden "weginflationiert"
Außerdem würde auch der deutsche Staat durch Geldentwertung entschuldet. "Wenn alte Schulden weginflationiert werden, dann nützt das Deutschland mehr als Spanien", sagte Rudolf, schließlich sei der Schuldenstand hierzulande höher als in Madrid. Rudolf vertraut nach eigenem Bekunden darauf, dass sich die europäischen Zentralbanker nicht von den Forderungen der europäischen Spitzenpolitiker beeinflussen lassen. "Ich glaube, dass die EZB immer noch unabhängig ist von Monti, Hollande und Merkel."
Dobrindt: "Staatsfinanzierung durch die Hintertür"
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warnte allerdings die Währungshüter davor, erneut Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt zu kaufen. Dobrindt sagte der "Bild"-Zeitung: "Wenn die EZB Staatsanleihen kauft, wäre das Staatsfinanzierung durch die Hintertüre. Damit verlässt die EZB den Pfad der Geldwertstabilität."
Wolfgang Bosbach: EZB soll sich um Geldwertstabilität kümmern
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach hat ebenfalls vor einem Kauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) gewarnt. Die EZB habe nicht die Aufgabe, die Staaten zu finanzieren, sondern solle für Geldwertstabilität sorgen, sagte Bosbach am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Denn die Inflation sei auch eine Gefahr.
Dagegen würden die Hilfen aus den Rettungsschirmen nur gegen Reformanstrengungen gewährt, sagte der CDU-Politiker. Allerdings sei die "Rettungsfähigkeit" Deutschlands nicht unbegrenzt. "Je mehr Länder hilfebedürftig werden und unter die Rettungsschirme schlüpfen, desto eher besteht die Gefahr, dass wir eines Tages abhängig sind von den hoch verschuldeten Ländern", warnte Bosbach.