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Wetter – Hitzewelle: Was sie für die Wirtschaft und Gesellschaft bedeutet


Meinung
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Hitzewelle in Deutschland
Worauf sich Wirtschaft und Gesellschaft einstellen müssen

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 24.07.2018Lesedauer: 4 Min.
Malochen bei sengender Hitze: Polnische Landarbeiter schneiden junge Erdbeerpflanzen auf einem Feld bei Kriftel in Hessen.Vergrößern des Bildes
Malochen bei sengender Hitze: Polnische Landarbeiter schneiden junge Erdbeerpflanzen auf einem Feld bei Kriftel in Hessen. (Quelle: imago-images-bilder)
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An der Hitze kann man nichts ändern. Aber man kann dafür sorgen, dass Wirtschaft und Gesellschaft besser damit zurechtkommen. Andernfalls könnten die Kosten beträchtlich sein.

Ach, diese fürchterliche Hitze! Sie kostet Menschen das Leben, vernichtet die Ernte der Bauern. Sie lässt Autobahnen aufplatzen wie Luftballons, und sie macht den Energieversorgern das Leben schwer. Wohin man in diesen Tagen auch schaut, überall wird gerade entdeckt, dass nicht nur harte Winter die Volkswirtschaft bremsen können. Heiße Sommer tun es auch.

Das Wetter kann man nicht ändern. Wer heute schwitzt, wird es auch morgen tun. Doch Volkswirtschaften und Gesellschaften können sich an den Wetter- und den Klimawandel anpassen. Möglicherweise sollte das auch die deutsche etwas schneller tun, als bisher geplant.

Kolumne von Ursula Weidenfeld:


In Deutschland scheut man die öffentliche Debatte über Anpassungsstrategien. Wenn einmal klar werde, wieviele gute Instrumente schon zur Verfügung stehen, um Wetterextremen zu begegnen, erlahme möglicherweise das Engagement für den Klimaschutz im umfassenden und langfristigen Sinn, heißt es.

Jahrhundertsommer verursachte Milliardenschaden

Das klingt bei Temperaturen von 35 Grad zynisch – und das ist es auch.
Es ist ja nicht so, als wüsste man nicht, was die Hitze kosten kann. Im superheißen Sommer 2003 starben in Deutschland 7.000 meist ältere Menschen an den Folgen der hohen Temperaturen. Europaweit waren damals rund 50.000 Tote zu beklagen. Kraftwerke mussten heruntergefahren werden, weil das Kühlwasser aus den Flüssen nicht mehr kalt genug war. Auch damals verdorrte die Ernte.

Am Ende kostete der Jahrhundertsommer Milliarden. Um diese Kosten zu senken und vorausschauend zu investieren, muss man die wichtigsten Handlungsfelder identifizieren.

Was Klimaexperten voraussagen

Zunächst einmal: Während der Sommer im Norden und im Osten schon Monate andauert, hat es im Westen und im Süden zuletzt bei moderaten Temperaturen noch ordentlich geregnet. Zu Heiß und zu trocken war es nur in einem Teil des Landes. Zudem waren die letzten Sommer eher verregnet und kühl. Wenn man sich also an den Klimawandel anpassen will, muss man auch fragen, wen man vor wie häufigen und welchen Wetterextremen schützen will.

Klimaexperten haben folgende Annahmen:

  • Im Norden und im Osten ist es länger heiß, es regnet im Sommer weniger als früher. Im Westen und Süden werden Starkregen häufiger, die Bedingungen für tropische Mücken und Insekten werden immer besser. Für die Landwirtschaft hat das tiefgreifende Folgen: Die Vegetationsperiode dauert einerseits zwar länger, auf der anderen Seite aber können nicht mehr alle Früchte angebaut werden. Das gilt auch für die Wälder, in denen künftig eher hitzeresistente Bäume in Mischwäldern angebaut werden müssen. Der Befall durch Schädlinge nimmt zu, Wetterextreme richten größere Schäden an – die Gefahr verheerender Waldbrände wächst. Der Anbau von mehr und anderen Holzarten könnte hier helfen. Entscheidend aber sind Waldbrandzentralen und freiwillige Brandmelder, die aufflammende Brände schnell erkennen und die Feuerwehr alarmieren.
  • In den Städten ist es wärmer als auf dem Land. Hier geht es darum, das Aufheizen von Straßen und Mauern zu bremsen. In schon gebauten Stadtvierteln kann man beispielsweise dafür sorgen, dass Dächer begrünt werden. Wo das nicht geht, hilft weiße Farbe, die die Sonnenstrahlen reflektiert. Mehr Bäume und Parks halten die Temperatur niedriger. Spätestens bei der Neuplanung oder Sanierung von Stadtvierteln muss man darauf achten, dass Luft durchziehen kann. Dann wird sich die Hitze der Zukunft besser aushalten lassen.
  • Alte Leute leiden mehr unter der Hitze als junge. Seit dem Jahrhundertsommer 2003 weiß man in Europa, wieviele Senioren damals den August nicht überlebt haben. Vor allem die Großstädte waren betroffen. Deshalb sollten die Angehörigen sicherstellen, dass alte Menschen nicht ohne Hilfe bleiben. Besuchsdienste – wie beispielsweise die Dienstleistung von Postunternehmen, regelmäßig zu klingeln – sind nicht menschenfeindlich. Sie sind sinnvoll und können Leben retten.
  • Unter Hitze sind Menschen weniger leistungsfähig. In Deutschland werden beispielsweise Gesellenprüfungen gern im Sommer abgenommen, Uni-Klausuren werden am Ende des Semesters im Juli geschrieben. Am besten wäre es, diese Prüfungstermine zu verschieben: Müssen Schulabschlussklausuren beispielsweise bei einer Temperatur von rund 32 Grad geschrieben werden, fallen sie um 14 Prozent schlechter aus, als wenn der Klassenraum eine optimale Raumtemperatur von 22 Grad hat. Das hat Jisung Park von der Harvard Universität herausgefunden. Das ist eine wichtige Erkenntnis: Denn viele Gescheiterte hätten unter anderen Umständen ihre Prüfungen möglicherweise bestanden und einen anderen, erfolgreicheren Berufsweg einschlagen können.
  • Alte Straßen leiden. Immer noch wird in Deutschland auf alten Betonautobahnen gefahren, deren Fahrbahndecken bei hohen Temperaturen aufbrechen und eine große Gefahr für die Verkehrsteilnehmer darstellen. Eine vernünftige Fernstraßenplanung würde in kurzer Frist die betroffenen Autobahnteilstücke in den besonders von Sommerhitze betroffenen Regionen vorausschauend sanieren – und nicht darauf warten, dass jeden Sommer irgendwo eine Autobahn kaputtgeht.
  • Das Stromnetz wird instabil. Zu viel Sonnenstrom aus dem Norden muss in den Süden transportiert werden, das belastet die Netze. Außerdem müssen in einer Hitzewelle in Frankreich Atomkraftwerke vom Netz genommen werden, wenn die Flüsse zu warm werden, um sie zu kühlen. Das macht die Stromversorgung in Europa weniger zuverlässig. Bisher hat Europa es nicht geschafft, für solche Stressperioden ein europäisches Netzmanagement sicherzustellen.

Ja, es ist falsch, über solche Fragen erst dann offen zu sprechen, wenn das Thermometer deutlich mehr als 30 Grad anzeigt. Für all diese Maßnahmen war längst Zeit.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. In ihrem Buch "Regierung ohne Volk. Warum unser politisches System nicht mehr funktioniert." schreibt sie über die Probleme der deutschen Politik.

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