Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Schlechte Wirtschaftsprognose Darüber redet keiner
Alle Augen richten sich auf die Abstimmung über die Migrationsanträge der Union. Dabei gerät die strauchelnde Wirtschaft in den Hintergrund. Das ist fahrlässig.
Als die Ampel im vergangenen Jahr zerbrach, waren es vor allem wirtschafts- und finanzpolitische Fragen, die das Ende der Koalition besiegelten. Damals schien es eindeutig: Der Wahlkampf wird sich um die Lösungsvorschläge für die angeschlagene Wirtschaft drehen.
Nicht einmal vier Wochen vor der vorgezogenen Bundestagswahl dreht sich die politische Debatte nun monothematisch um Migration. Das ist fahrlässig. Es geht nicht nur an den Interessen sehr vieler Wählerinnen und Wähler vorbei, sondern kostet auch wertvolle Zeit und gefährdet damit den Standort Deutschland.
Es ist geradezu symbolisch: Wirtschaftsminister Robert Habeck stellt am Mittwochmittag den Jahreswirtschaftsbericht 2025 vor. Doch nur eine Stunde später geht es im Bundestag dann um die Anträge der Union zum Umgang mit Migration. Im Fokus steht dabei vor allem auch das Abstimmungsverhalten der anderen Parteien. Mehr dazu lesen Sie hier.
Magere Aussichten für 2025
Unwahrscheinlich also, dass die wirtschaftliche Prognose viel Aufmerksamkeit bekommt. Dabei wäre das in der aktuellen Situation umso wichtiger: Denn die Aussichten für die deutsche Wirtschaft haben sich abermals verschlechtert. Ging die Bundesregierung zuletzt noch von einem Wachstum von 1,1 Prozent für das nun laufende Jahr aus, korrigiert sie diese Prognose nun nach t-online-Informationen deutlich nach unten – auf gerade einmal 0,3 Prozent Wachstum. Es sieht also alles nach einem weiteren sehr schwachen Jahr mit kaum wirtschaftlichen Entlastungen aus. Und das nach bereits zwei Jahren schrumpfender Wirtschaftsleistung.
Die Verzweiflung in vielen Branchen ist mittlerweile so groß, dass Dutzende Arbeitgeberverbände für Mittwoch zu einem "Wirtschaftswarntag" aufgerufen haben. In mehreren deutschen Städten soll mit Demonstrationen auf die angespannte Wirtschaftslage hingewiesen werden. Sie beklagen vor allem überbordende Bürokratie und vergleichsweise hohe Unternehmenssteuern und Strompreise.
Wähler fordern andere Themen
Aber auch Wählerinnen und Wähler wünschen sich offenbar eine andere Themengewichtung im Wahlkampf. Laut RTL/n-tv-Trendbarometer glauben lediglich 20 Prozent der Befragten, dass die Parteien sich auf Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik konzentrieren sollten. 79 Prozent sehen ähnlich wichtige oder sogar wichtigere Probleme.
Eine zukunftsorientierte Politik muss sich im Wahlkampf die Diskussion über mehrere Themen zutrauen. Sich in dieser Situation allein auf die Migrationsfrage zu versteifen, ist ein großer Fehler, denn die Probleme in Deutschland gehen viel weiter. Die Klagen über die wirtschaftliche Verfassung sind längst keine Einzelaussagen von Firmenchefs mehr; die Standortprobleme sind mittlerweile auch in der Mitte der Gesellschaft spürbar. Viele Bürgerinnen und Bürger fürchten um ihre Arbeitsplätze und den deutschen Wohlstand.
Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung noch mit positiven Impulsen aus ihrer Wachstumsinitiative gerechnet, die durch das Ampel-Aus nicht mehr umfassend umgesetzt wurde. Statt Schuldzuweisungen wäre ein Wettstreit um die besten Ideen in der Öffentlichkeit wünschenswert, der mit der gleichen Vehemenz geführt wird wie der um die Migrationspolitik.
- Eigene Überlegungen
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa