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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Exklusive Umfrage E-Auto-Nachfrage sinkt – was läuft falsch bei VW und Co.?
Der deutsche Autokonzern Volkswagen setzt auf mehr Nachhaltigkeit. Eine aktuelle Umfrage unter Kunden scheint diese Entscheidung zu unterstützen. Doch die Verkaufszahlen sprechen noch eine andere Sprache.
Der Absatz von E-Autos in Deutschland ist weiterhin auf einem niedrigen Niveau, aber gleichzeitig sieht ein Großteil der Deutschen die Automobilkonzerne beim Thema Nachhaltigkeit in der Pflicht. Dieser Zwiespalt wird in einer neuen repräsentativen Studie des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag von Volkswagen deutlich, die t-online exklusiv vorliegt.
Demnach schreiben 62 Prozent der Umfrageteilnehmer der Automobilindustrie eine besondere Verantwortung zu, nachhaltige Produkte anzubieten. 26 Prozent stimmten der Aussage weniger oder gar nicht zu. Zwölf Prozent der Befragten machten keine Angabe.
Kunden achten beim Kauf auf Nachhaltigkeit – sagen sie
Nach Angabe der Kunden hat der Aspekt der Nachhaltigkeit bei 55 Prozent auch Einfluss auf den eigenen Autokauf. Für 28 Prozent spielt das laut Umfrage keine Rolle. Zehn Prozent der Befragten kaufen keine Autos und sieben Prozent enthielten sich bei der Frage.
Ein weiteres Ergebnis dürfte VW dabei wohl besonders freuen: 59 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Unternehmen, die jetzt auf mehr Nachhaltigkeit setzen, in zehn Jahren erfolgreicher sein werden als Unternehmen, die das nicht tun. 24 Prozent hingegen halten das für unwahrscheinlich. Für die Umfrage wurden zwischen dem 19. und 22. Juli 1.005 Personen über 18 Jahren in Deutschland online befragt.
"Die Volkswagen Group ist davon überzeugt, dass ihr Einsatz für nachhaltige Lösungen heute und morgen neue Geschäftsfelder und Chancen eröffnet", kommentiert das Unternehmen die Daten. Der wichtigste Faktor im Hinblick auf Nachhaltigkeit sind dabei die E-Autos. Die braucht VW vor allem, um die Vorgaben der EU für den CO₂-Ausstoß der Flotte zu erreichen. Hinzu kommen die ambitionierten Ziele der Bundesregierung, bis 2030 insgesamt 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen zu haben.
Nachfrage nach E-Autos sinkt
Doch all die Kundenaussagen in der Umfrage sind zunächst eins: Lippenbekenntnisse. Denn aktuell tun sich viele europäische Konzerne schwer, ihre E-Autos an die Kunden zu bringen.
Im Juli wurden nur noch 30.762 neue E-Autos zugelassen. Wie das Kraftfahrt-Bundesamt meldet, waren das 36,8 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Auch im Vergleich zum Juni ist Zahl deutlich eingebrochen, und zwar um etwa 30 Prozent. Gemessen an der Gesamtzahl der Neuzulassungen machten E-Autos im Juli 2024 12,9 Prozent aus. Auch das ist weniger als im Vorjahreszeitraum. Im Juli 2023 waren noch 20 Prozent der Neuzulassungen E-Autos.
Das spüren auch die deutschen Autobauer. Für VW startete das Jahr nach eigenen Angaben "verhalten". Der Gewinn des Konzerns fiel im zweiten Quartal um vier Prozent auf 3,63 Milliarden Euro.
"Kosten, Kosten und Kosten"
Konzernchef Oliver Blume sagte Anfang des Monats: "Jetzt geht es um Kosten, Kosten und Kosten. Vor allem für die Marke Volkswagen, aber auch bei allen anderen Marken." Zuletzt wurde bekannt, dass sich der Produktionsstart des Elektroautos Trinity verzögert. Das Zukunftsmodell soll frühestens ab 2030 gebaut werden, hieß es aus Konzernkreisen. Ursprünglich sollte das Auto 2026 auf den Markt kommen.
Insbesondere bei den E-Autos schwächelte die Nachfrage. Nach dem Wegfall der staatlichen Kaufprämie Ende 2023 war sie sogar förmlich eingebrochen. Die kurzfristig beendete Förderung hat bei vielen möglichen Kunden noch einmal Skepsis ausgelöst. Hinzu kommt bei vielen die Sorge, dass die Ladeinfrastruktur weiterhin nicht flächendeckend ausgebaut ist.
Doch auch im Ausland herrscht Zurückhaltung – mit deutlichen Konsequenzen für die deutsche Automobilindustrie. Im Schnitt waren die deutschen Werke von Volkswagen, BMW, Mercedes & Co. im vergangenen Jahr nur zu etwas mehr als zwei Dritteln auslastet. Das geht aus einer Auswertung des Datenspezialisten Marklines für die Deutsche Presse-Agentur hervor. 6,2 Millionen Autos könnten alle Standorte zusammen den Angaben zufolge pro Jahr liefern. Annähernd erreicht wurde diese Zahl zuletzt 2011, als fast 5,9 Millionen Autos in Deutschland gebaut wurden. 2023 waren es nur gut 4,1 Millionen. Drei Viertel davon gingen laut Verband der Automobilindustrie (VDA) in den Export.
Volkswagen kann es nicht alleine schaffen
Dirk Voeste, Nachhaltigkeitschef der Volkswagen Group, hatte bereits im Gespräch mit t-online gesagt, dass VW die Transformation dennoch nicht allein stemmen könne. Viel mehr brauche das Unternehmen Partner, die ebenso auf Nachhaltigkeit achten wollten. "Das funktioniert nur, wenn auch andere Unternehmen mitmachen und am selben Strang ziehen und wenn es die richtige Unterstützung aus der Politik gibt. Zudem müssen den Kunden ihre Bedenken in Bezug auf die Elektromobilität genommen werden", so Voeste.
Dass die erklärten Ansprüche von Kunden und ihre tatsächlichen Kaufentscheidungen auseinanderklaffen, ist dabei kein Phänomen, das auf die Automobilindustrie beschränkt ist. Ein ähnliches Verhalten ist auch etwa im Modebereich zu beobachten. In Studien geben viele Kunden an, dass Nachhaltigkeit bei ihrer Kaufentscheidung eine Rolle spiele, in vielen Fällen wohl aber nicht die entscheidende. Denn laut Bundesumweltministerium hat sich die weltweite Kleidungsproduktion seit der Jahrtausendwende mindestens verdoppelt. Hinzu kommt: Jedes fünfte Kleidungsstück wird so gut wie nie getragen.
- Eigene Recherche
- Umfrage von Insa im Auftrag von Volkswagen
- adac.de: Pkw-Neuzulassungen Juli 2024: Weniger E-Autos als im Vorjahr
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters