Bahn, Kitas, Kliniken Wo das Land still steht
Deutschland streikt: Nicht nur die Bahnen fahren dieser Tage nicht, auch in vielen anderen Branchen kämpfen die Mitarbeiter für bessere Arbeitsbedingungen. Ein Überblick.
Wenn Gewerkschaftsboss Claus Weselsky zum Streik aufruft, dann bekommt ganz Deutschland das mit. Das liegt zum einen an seiner markanten Rhetorik, zum anderen daran, dass dann oft tagelang kaum ein Zug fährt. Auch an diesem Mittwoch und Donnerstag stehen die Bahnen still, wenn die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) die Arbeit niederlegt.
Eine ganze Reihe anderer Arbeitskämpfe geraten dabei in den Hintergrund. Doch in dieser Woche wird nicht nur auf der Schiene gestreikt. Auch in Kitas, Schulen, Universitäten, Kliniken und Kultureinrichtungen bleiben Stifte und Skalpelle liegen.
t-online gibt einen Überblick, über die aktuellen Arbeitskämpfe und was das für Sie bedeutet.
Bahn
Die GDL unter Leitung von Claus Weselsky befindet sich aktuell in Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn. Kurz vor der zweiten Verhandlungsrunde am Donnerstag hat die Gewerkschaft nun überraschend einen 20-stündigen Warnstreik ausgerufen.
Der Ausstand soll am Mittwoch um 22.00 Uhr beginnen und bis 18.00 Uhr des Folgetages dauern. Aufgerufen sind laut GDL unter anderen Lokführer, Zugbegleiter, Werkstattbeschäftigte und Fahrdienstleiter.
Die Bahn rechnet mit einem Ausfall von mehr als 80 Prozent aller Fahrten im Fernverkehr. Es sei allerdings gelungen, einen Notfahrplan aufzustellen, sagte Bahnsprecher Achim Stauß. Die digitalen Fahrpläne sollten bis zum Mittag auf dem endgültigen Stand sein. Es würden vor allem lange Züge eingesetzt, um möglichst viele Plätze anbieten zu können.
Regional auch gar kein Zugverkehr möglich
"Erfahrungsgemäß wird es auch im Regionalverkehr massive Einschränkungen geben", sagte Bahnsprecher Stauß. "Wir rechnen auch damit, dass in einzelnen Regionen gar keine Züge mehr fahren können." Auch hier gelte der Appell an die Fahrgäste, sich vor Fahrtantritt online zu informieren. Ebenfalls deutlich betroffen werde der Schienengüterverkehr sein.
Einzelne Züge müssten vor Beginn des Warnstreiks um 22.00 Uhr aus dem Verkehr genommen werden, hieß es. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Züge nach Streikende dort seien, wo sie gebraucht würden.
Universitäten
Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten im öffentlichen Dienst für Mittwoch zum Warnstreik aufgerufen. Betroffen sind den Angaben zufolge zahlreiche Landesdienststellen und Hochschulen.
Hintergrund sind die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Länder. Der Arbeitgeberverband der Länder habe auch in der zweiten Verhandlungsrunde kein Angebot für die Beschäftigten im Landesdienst vorgelegt, hieß es in einer Mitteilung. Mit den Warnstreiks soll nun der Druck vor der dritten Verhandlungsrunde am 7. und 8. Dezember erhöht werden.
Die Gewerkschaft fordert für die Beschäftigten 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Zudem sollen Nachwuchskräfte 200 Euro mehr erhalten und Auszubildende unbefristet übernommen werden.
Kliniken
Dieser erste ganztägige Warnstreik war auch an verschiedenen Unikliniken spürbar. In Jena etwa mussten alle planbaren Eingriffe und Behandlungen abgesagt werden, wie eine Sprecherin der Uniklinik mitteilte. Die Akutversorgung und lebenswichtige Behandlungen seien aber durch eine Notfallvereinbarung abgesichert gewesen. Wie viele Beschäftigte sich an dem Ausstand der Gewerkschaft Verdi beteiligt hatten, teilte sie nicht mit.
Am Donnerstag geht es dann in Mittelfranken weiter: Dann sind Beschäftigte der Uniklinik Erlangen und der Universität Erlangen-Nürnberg zu Warnstreiks aufgerufen.
Sozial- und Erziehungseinrichtungen
Im Tarifkonflikt für die Beschäftigten der Länder außer Hessen hat die Gewerkschaft Verdi für diesen Donnerstag zu einem Warnstreiktag im Sozial- und Erziehungsdienst aufgerufen. Die Schwerpunkte der länderübergreifenden Aktion lägen in Berlin, Bremen und Hamburg, erklärte Verdi am Dienstag in Berlin. In der Hauptstadt sollen demnach unter anderem Beschäftigte der landeseigenen Kitabetriebe sowie Erzieherinnen und Erzieher und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter an den Schulen sowie bei Jugend- und Sozialämtern streiken.
In Berlin sollen nach Angaben des Verdi-Landesbezirks am Donnerstag neben Beschäftigten der landeseigenen Kitabetriebe auch Mitarbeitende von Kitas der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in den Ausstand treten. Die AWO gehört nicht zum öffentlichen Dienst, befindet sich aber gerade in Haustarifgesprächen. Vor dem Abgeordnetenhaus ist eine Versammlung mit 2.000 Streikenden geplant.
Anders als in Berlin soll es in Hamburg bei den großen städtischen Kitabetreibern der Hansestadt demnach aber keine Arbeitsniederlegungen geben, weil diese zum kommunalen öffentlichen Dienst gehören. Es sollten jedoch Beschäftigte einiger freier Kitaträger streiken, die nach Ländertarif bezahlt werden.
In den vergangenen Wochen gab es bereits Warnstreiks- und Protestaktionen im öffentlichen Dienst in verschiedenen Regionen. Die Tarifverhandlungen werden zwischen den Gewerkschaften und den Regierungen von 15 Länder geführt, die der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) angehören. Das Land Hessen ist nicht Mitglied der TdL und verhandelt separat mit den Gewerkschaften für seine Beschäftigten. Diese Verhandlungen sollen im Februar starten.
Schulen
Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes der Länder ruft die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) alle Tarifbeschäftigten an Bremer Schulen zum Warnstreik auf. Im Anschluss an eine Personalversammlung am Mittwoch sei ab 14.00 Uhr eine Aktion unter dem Motto "Profis brauchen mehr!" geplant, wie die GEW am Montag mitteilte. Für Donnerstag ruft die GEW zu einem ganztägigen Warnstreik auf. So will die Gewerkschaft nach eigenen Angaben die Forderungen in der laufenden Tarifverhandlung bekräftigen.
Kultureinrichtungen
Dem Streik fallen auch Kunst und Kultur zum Opfer: In München kann Rossinis "Barbier von Sevilla" in der Staatsoper am Mittwoch nur konzertant aufgeführt werden. Auch Residenz-Theater, Staatstheater am Gärtnerplatz, Prinzregenten-Theater, Theaterakademie und Zentraler Dienst der bayerischen Staatstheater werden bestreikt, wie die Gewerkschaft mitteilte.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters