"Gekaufte Demonstranten" CDU-Politiker empören sich über CDU-Tweet
Am Samstag demonstrierten zehntausende Menschen gegen die geplante Urheberrechtsreform. CDU-Politiker Daniel Caspary bezeichnete Teilnehmer als "gekaufte Demonstranten". Parteikollegen zeigen sich entsetzt.
Der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary hat den Verdacht geäußert, dass US-Internetkonzerne mit "gekauften Demonstranten" die Reform des EU-Urheberrechts verhindern wollten – und damit Empörung auch in den eigenen Reihen ausgelöst. "Nun wird offensichtlich versucht, auch mit gekauften Demonstranten die Verabschiedung des Urheberrechts zu verhindern", sagte der Vorsitzende der deutschen CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament "Bild". "Bis zu 450 Euro werden von einer sogenannten NGO für die Demoteilnahme geboten"."
Die CDU/CSU-Fraktion im Europaparlament verbreitete das Zitat am Samstagvormittag über ihren Twitteraccount – kurz bevor in vielen deutschen Städten Zehntausende gegen die EU-Urheberrechtsreform demonstrierten, die am Dienstag im Europaparlament verabschiedet werden soll.
Entsetzen von Parteikollegen
Parteifreunde in Deutschland reagierten entsetzt. "Ich finde für diesen Irrsinn keine Worte mehr. Egal welcher Meinung man ist, man muss immer Respekt vor der Meinung Andersdenkender haben", twitterte der CDU-Digitalexperte Thomas Jarzombek. Der Bundestagsabgeordnete Sebastian Steineke schrieb auf Twitter, die Kommunikation der CDU/CSU im Europaparlament sei katastrophal: "Man kann mit guten Argumenten anderer Meinung sein, aber den Protest gegen den Artikel 13 so herabzuwürdigen darf niemals unser Stil sein."
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Der CDU-Abgeordnete Tino Sorge twitterte: "Langsam wird es echt skurril. Ich würde anregen, etwas Sonntagsruhe in Brüssel zu nutzen, nochmal über Respekt vor anderen Meinungen nachzudenken." Und sein CDU-Kollege Matthias Hauer kritisierte: "Das schadet CDU und CSU massiv."
NGO zahlte angeblich bis zu 450 an Demonstranten
Caspary warf Internetkonzernen in den USA in dem Interview vor, den Kampf gegen die Urheberrechtsreform mit allen Mitteln zu führen. Bis zu 450 Euro habe eine Nichtregierungsorganisation für die Teilnahme an den Demonstrationen geboten, sagte er. "Das Geld scheint zumindest teilweise von großen amerikanischen Internetkonzernen zu stammen."
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Am Sonntag ruderte Caspary dann zurück: "Vor den vielen Menschen, die für ihre Meinung auf die Straße gehen, habe ich großen Respekt. Immer werde ich mich für Freiheit, Demokratie und das Recht auf Demonstration einsetzen. Ich bedauere, wenn ein anderer Eindruck entstanden sein sollte."
Gab es gekaufte Demonstranten?
In einem Faktencheck klärt Nachrichtensender "n-tv" auf, ob es tatsächlich gekaufte Demonstranten gab. So scheine sich Caspary laut "n-tv" auf eine Aktion der Digital-NGO "Edri" zu beziehen. Diese vergab Reisestipendien an 20 ausgewählte Aktivsten aus ganz Europa. Die Aktivisten sollten in Brüssel und Straßburg mit Parlamentariern über die geplante Reform sprechen. Dafür sollten sie vorher an Workshops teilnehmen. Insgesamt belaufe sich das Reisestipendium auf 450 Euro. An Demonstrationen sollten die Aktivisten aber nicht teilnehmen.
Verschiedene Konzerne, darunter Microsoft und Twitter, haben laut "n-tv" zudem "Edri" mehrere tausend Euro gespendet. Das Geld landete aber nicht bei den Demonstranten gegen die Urheberrechtsreform.
- Nachrichtenagentur dpa
- n-tv.de: "Kleiner Faktencheck: Wurden Artikel-13-Demonstranten gekauft?"