Diesel-Krise ohne Ende Diese Hersteller sind in den Skandal verwickelt
Audi zahlt ein sattes Bußgeld und will den Dieselskandal abschließen. Auch VW wurde schon zu einer Zahlung verdonnert. Beteiligt sind aber noch andere Hersteller. Die Rollen der Autobauer in der Dieselaffäre im Überblick.
Audi zahlt in der Dieselaffäre ein Bußgeld in Höhe von 800 Millionen Euro. Das Verfahren der Staatsanwaltschaft München gegen die VW-Tochter wird damit eingestellt. Bei Audi-Autos waren laut Staatsanwaltschaft von 2004 bis 2008 illegale Abschalteinrichtungen eingesetzt worden.
Die Ermittler betonen: Trotz des Bußgeldbescheids gehen die Ermittlungen gegen die Strippenzieher in der Dieselaffäre weiter. Seit Juni sitzt etwa der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler in Untersuchungshaft. Er soll versucht haben, Zeugen oder Beschuldigte zu beeinflussen.
Auch für Volkswagen hatte der Skandal bereits ein teures Nachspiel: Neben Milliardenzahlungen in den USA muss der Konzern auch in Deutschland ein Bußgeld in Höhe von einer Milliarde Euro bezahlen. Welche Autobauer sind noch beteiligt? Was ist der aktuelle Stand im Dieselskandal? Das erfahren Sie hier im Überblick.
Audi
Audis Verstrickung in den Dieselskandal: Das 800-Millionen-Bußgeld ist nur der jüngste Meilenstein. Im Juni leitete die Münchner Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen den damaligen Audi-Chef Rupert Stadler ein und durchsuchte seine Wohnung. Sie legt ihm und einem namentlich nicht genannten Audi-Vorstand "Betrug sowie mittelbare Falschbeurkundung" zur Last. Die beiden hätten Dieselautos mit manipulierter Abgasreinigung in Europa in den Verkehr gebracht.
Seit dem 18. Juni ist Stadler wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft. Am 2. Oktober verlor er seinen Posten als Audi-Chef. Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 20 Audi-Mitarbeiter.
Bei Audi hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bisher für 216.000 Dieselautos quer durch die Modellpalette einen Rückruf angeordnet, zuletzt ging es Anfang Juni um rund 60.000 Exemplare der Oberklasse-Typen A6 und A7.
VW
Im Juni 2018 verhängte die Staatsanwaltschaft Braunschweig ein Bußgeld gegen Volkswagen über eine Milliarde Euro – das ist etwa der Konzerngewinn eines Monats. Für den millionenfachen Einsatz illegaler Software. Aber auch für millionenfache Täuschung von Kunden, Verstoß gegen Gesetze und Luftverschmutzung in unerlaubtem Ausmaß.
Mit der Zahlung bekennt sich VW zu seiner "Verantwortung" – und ausdrücklich nicht zu einer Schuld – für die Dieselkrise, teilte der Konzern mit. Überstanden ist die Krise für Volkswagen in Wolfsburg – wo sie auch ausgelöst wurde – damit noch lange nicht.
Im September 2015 hatte VW eingeräumt, bei Millionen Dieselautos Abgastests manipuliert zu haben, und stürzte daraufhin in eine schwere Krise. Etwa 1,5 Millionen Autos der Marke VW mit Manipulationssoftware musste der Konzern in Deutschland zurückrufen. Die anderen Konzernmarken hinzugerechnet, waren es ursprünglich fast 2,5 Millionen Fahrzeuge in Deutschland und weltweit knapp elf Millionen.
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Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen fast 50 mutmaßlich Beteiligte. Anklagen gibt es bisher nicht. Gegen Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn laufen – wie auch gegen den neuen VW-Chef Herbert Diess und Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch – Untersuchungen wegen möglicher Marktmanipulation. Sie sollen Anleger zu spät über die drohenden Konsequenzen des Dieselskandals informiert haben.
Gegen Winterkorn wird zusätzlich wegen Betrugs ermittelt. Zudem will ihn die US-Justiz wegen Betrugs in der Abgasaffäre zur Rechenschaft ziehen und hat bereits einen Haftbefehl gegen ihn erwirkt. Ferner werfen ihm die Ankläger Verschwörung zum Verstoß gegen Umweltgesetze und zur Täuschung der Behörden vor.
Auch Volkswagen hat die US-Justiz bereits in die Mangel genommen. Und sie behält sich vor, noch einmal zuzuschlagen. Dann aber mit einer Härte, die den Konzern ernsthaft ins Taumeln bringen könnte. Ob es dazu kommt, hängt vom Urteil eines Aufsehers ab, der den Neuanfang bei VW beobachtet und bewertet. In seinem Bericht von August übt er Kritik an den Entwicklungen in Wolfsburg.
Porsche
Seit mehr als einem Jahr ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft auch bei der VW-Tochter Porsche. Es geht um den Verdacht des Betrugs und der strafbaren Werbung im Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Manipulation der Abgasnachbehandlung.
Zunächst richteten sich die Ermittlungen gegen unbekannte Mitarbeiter. Später gerieten Entwicklungsvorstand Michael Steiner, ein leitender Mitarbeiter und ein früherer Porsche-Beschäftigter ins Visier. Ermittler durchsuchten die Konzernzentrale im Stuttgarter Stadtteil Zuffenhausen sowie weitere Standorte und nahmen den unbekannten leitenden Mitarbeiter wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft.
Bislang entdeckte das KBA etwa 60.000 Porsche-Autos der Modelle Cayenne und Macan mit verdächtiger Software und ordnete Rückrufe an. Ein weiterer Rückruf steht bevor. Er betrifft 13.000 verdächtige Porsche Cayenne. Die VW-Tochter hat vor Kurzem angekündigt, künftig keine Autos mehr mit Dieselmotoren anzubieten.
Daimler
Schon seit Längerem hatten Justiz und Behörden Daimler im Visier. Von nur 5.000 Exemplaren des Kleintransporters Vito war zunächst die Rede – dann kam für Daimler das dicke Ende. Seit dem August 2018 steht fest: Rund 690.000 Diesel-Mercedes muss Daimler europaweit zurückrufen. Der Konzern kündigte Widerspruch an. Er hält die betreffenden Funktionen nicht für unzulässig und will diese Frage notfalls vor Gericht klären lassen.
Schon im Jahr 2017 begann die Staatsanwaltschaft Stuttgart, wegen Betrugsverdachts und Verdachts der strafbaren Werbung gegen Daimler-Mitarbeiter zu ermitteln. Im Mai 2017 durchsuchten Ermittler diverse Standorte des Autobauers und stellten Unterlagen sicher.
Im September 2018 kündigte Daimler einen Wechsel an der Konzernspitze an: Nach mehr als 13 Jahren tritt Dieter Zetsche ab. Sein designierter Nachfolger ist der Schwede Ola Källenius (49). Zur nächsten Hauptversammlung im Mai 2019 soll Källenius aufrücken.
BMW
BMW wird von der Münchner Staatsanwaltschaft seit dem März 2018 verdächtigt, in rund 11.000 Dieselautos eine falsche Abgassoftware eingebaut zu haben. Der Anfangsverdacht lautet Betrug mit einer "prüfstandsbezogenen Abschalteinrichtung." Vorstandschef Harald Krüger hatte auf der Hauptversammlung erklärt, bei 11.700 Autos der 5er- und 7er-Baureihen sei irrtümlich die Software einer anderen Baureihe aufgespielt worden.
Mit gezielter Manipulation von Motorsteuerung und Abgasreinigung habe das nichts zu tun – die Abgaswerte auf dem Prüfstand und auf der Straße seien gleich gewesen. Die betroffenen Autos müssen zurückgerufen werden. Auch die BMW-Zentrale wurde durchsucht und Ermittlungen wegen Betrugsverdachts bei der Abgasreinigung eingeleitet.
Opel
Mit Opel steht ein weiterer deutsche Autobauer unter konkretem Verdacht, die Abgase von Dieselfahrzeugen mit umstrittenen Software-Funktionen manipuliert zu haben. Mitte Oktober 2018 durchsuchten Ermittler mehrere Stunden lang wegen möglichen Betrugs Geschäftsräume in Rüsselsheim und Kaiserslautern.
Das KBA will einen Rückruf von rund 100.000 Diesel-Autos anordnen. Nach Auffinden einer Abschalteinrichtung der Abgasreinigung, die das KBA als unzulässig eingestuft hat, stehe der amtliche Rückruf kurz bevor. Die Durchführung dieser Servicemaßnahme wurde von Opel lange verschleppt, heißt es beim Bundesverkehrsministerium. Wie die anderen Hersteller lehnt Opel Hardware-Nachrüstungen mit der Begründung ab, dass sie nicht praktikabel seien.
Und in den USA?
Dort steckt die deutsche Autoindustrie schon länger im Abgassumpf. Es begann mit dem Geständnis des Volkswagen-Konzerns im September 2015. Inzwischen wurden zahlreiche Klagen in Nordamerika mit teuren Vergleichen abgeschlossen: Rund 27 Milliarden Euro an Rechtskosten wegen der Manipulationen hat VW verbucht.
Weiter bangen müssen der Zulieferer Bosch, dem US-Anwälte eine Schlüsselrolle im "Dieselgate"-Skandal zuschreiben, sowie Daimler und BMW, gegen die ebenfalls Sammelklagen wegen angeblicher Abgasmanipulationen laufen. Beschuldigt werden aber nicht nur deutsche Unternehmen: Die US-Branchengrößen General Motors, Ford und Fiat Chrysler müssen sich vor US-Gerichten mit ähnlichen Vorwürfen auseinandersetzen.
- dpa
- Eigene Recherche