Neuer Konzernchef Das steckt hinter dem Daimler-Machtwechsel
Wechsel an der Daimler-Spitze: Nach mehr als 13 Jahren am Steuer des Konzerns tritt Dieter Zetsche ab. Wie tickt sein Nachfolger? Und wie bewerten Analysten den Wechsel?
Zuhören, erklären, nie die Ruhe verlieren: So zeigt sich der designierte neue Daimler-Chef Ola Källenius (49) in der Öffentlichkeit. Die Nominierung des Schweden zum Nachfolger des langjährigen Vorstandschefs Dieter Zetsche galt seit mehr als zwei Jahren als höchstwahrscheinlich. Zur nächsten Hauptversammlung im Mai 2019 soll Källenius aufrücken.
Arndt Ellinghorst von der Beratungsfirma Evercore ISI bewertet den Wechsel
"Daimler wollte für Klarheit sorgen, weil es Druck auf den Vorstand gibt. Durch die Ankündigung soll etwas Ruhe in die Sache gebracht werden. Es ist die Bestätigung des bestehenden Zetsche-Systems, bei dem der Konzernchef gleichzeitig Markenvorstand ist. Es wurde lange diskutiert, ob man zu einem Holdingmodell wechselt, bei dem der Konzernvorstandsvorsitzende über dem Mercedes-Vorstand sitzt. Das wollte Zetsche nie. Er hat sich durchgesetzt."
Erster Ausländer an der Konzernspitze
Dass der deutsche Traditionskonzern damit erstmals einem Ausländer und erstmals keinem Ingenieur das Steuer anvertraut, stört in Stuttgart niemanden. Denn der 49-jährige Ökonom hat schon viele Stationen bei dem Premiumautobauer durchlaufen, seit er 1995 als junger Controller bei Mercedes-Benz in den USA begann. Er sei ein "echter Car Guy", bescheinigte ihm Zetsche.
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Als Leiter des Pkw-Werks in Tuscaloosa in den USA und Chef von Mercedes AMG, der Tochterfirma für hochmotorisierte Luxuswagen, eignete er sich viel technische Expertise an. Aufsichtsratschef Manfred Bischoff sah im fehlenden Ingenieurstudium deshalb kein Hindernis dafür, dass Källenius Anfang 2017 im Konzernvorstand das Ressort Forschung und Entwicklung übernahm. Mit diesem Posten und den vorangegangenen zwei Jahren als Pkw-Vertriebschef im Vorstand lief sich Källenius warm für Zetsches Chefsessel. Der Schwede spricht Deutsch so exzellent wie Englisch. Mit einer Schwäbin verheiratet, ist der Vater dreier Kinder schon länger in Stuttgart heimisch.
Jürgen Pieper, Bankhaus Metzler
"Dieser doch schnelle Abgang (von Zetsche) könnte signalisieren, dass die nächsten Quartale eher ungemütlich werden. Die sehr vielen Themen in der Industrie könnten den Willen gefördert haben, lieber morgen als übermorgen zu gehen. Källenius ist schon länger der Favorit, er könnte einen Aufbruch auch sehr gut verkörpern. Er ist jung, intelligent, hat ein gutes Auftreten und ist schlicht auch ein anderer Typ als viele Topmanager in der Autoindustrie, offener, international. Es wird spannend sein zu sehen wie er als Nicht-Deutscher, Nicht-Ingenieur mit der konservativen Daimler-Welt in einer so exponierten Position zurechtkommt, und die anderen mit ihm. Aber die Chance ist gut, mit ihm die ganzen schmutzigen Dieselthemen hinter sich zu lassen."
Källenius-Entscheidung sorgte für Aufruhr
Der freundlich und locker wirkende, hochgewachsene Mann kann allerdings auch harte Entscheidungen durchziehen. So strukturierte er den Mercedes-Vertrieb um, baute Personal ab und verkaufte Niederlassungen, was unter den Beschäftigten für Aufruhr sorgte. Doch auch der Betriebsrat ist mit dem Schweden völlig einverstanden. "Bisher verlief die Zusammenarbeit zwischen Ola Källenius und den Arbeitnehmervertretern selbst bei kritischen Themen konstruktiv, und wir erwarten deshalb, dass dies auch in neuer Konstellation so bleibt", sagt Betriebsratschef Michael Brecht. Källenius sei mit seiner Erfahrung "bestens" für den Vorstandsvorsitz geeignet.
Christian Ludwig, Bankhaus Lampe
"Das ist eine zeitlich gut gewählte Entscheidung. Man weiß jetzt, auf was man sich einzustellen hat. Zetsches Vertrag läuft Ende nächsten Jahres aus, jetzt geht er ein halbes Jahr früher. Er wird die Reorganisation im Aufsichtsrat, die sicherlich auch auf der nächsten HV entschieden wird, aktiv begleiten können. Es ist Klarheit geschaffen worden, wer sein Nachfolger wird, bevor die Spekulationen zu sehr ins Kraut schießen. Von daher halte ich das für eine extrem elegante Kommunikation. Das hat auch alles Hand und Fuß. Ich glaube nicht, dass KälleniusKällenius
Auch unter Autoanalysten löst die Personalie Beifall aus. Källenius könne einen Aufbruch sehr gut verkörpern, sagt Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Als neuer Konzernlenker ab Mai 2019 muss sich der Manager noch freischwimmen vom Vorgänger Zetsche, der zwei Jahre lang pausieren und 2021 Aufsichtsratsvorsitzender werden will.
Doch Källenius habe sich schon eine gute Position aufgebaut, sagt Christian Ludwig, Autoanalyst vom Bankhaus Lampe. "Ich glaube nicht, dass Källenius nur eine Marionette von Herrn Zetsche sein wird."
- Reuters