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"Tatort"-Aus von Meret Becker: "Hätte meinen Abschied gerne anders erzählt"


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Meret Becker über "Tatort"-Aus
"Ich hätte meinen Abschied gerne anders erzählt"

  • Steven Sowa
InterviewVon Steven Sowa

Aktualisiert am 23.05.2022Lesedauer: 6 Min.
"Tatort: Das Mädchen, das allein nach Haus' geht": Schluss mit Nina Rubin im Berliner ARD-Krimi, Hauptdarstellerin Meret Becker zieht von dannen.Vergrößern des Bildes
"Tatort: Das Mädchen, das allein nach Haus' geht": Schluss mit Nina Rubin im Berliner ARD-Krimi, Hauptdarstellerin Meret Becker zieht von dannen. (Quelle: rbb/ARD/Hans Joachim Pfeiffer)
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Bereits seit drei Jahren ist bekannt, dass Meret Becker den Berliner "Tatort" verlässt. Sie selbst hätte sich das anders gewünscht, wie sie jetzt im Interview mit t-online verrät.

Seit 2015 spielt Meret Becker die Kriminalhauptkommissarin Nina Rubin an der Seite ihres Kollegen Robert Karow (Mark Waschke). Doch nach insgesamt 15 Episoden für das Berliner "Tatort"-Team ist nun Schluss. "Das Mädchen, das allein nach Haus' geht" ist Meret Beckers letzter Film. Waschke macht künftig mit Corinna Harfouch als Ermittlerduo in der Hauptstadt weiter.

Bei t-online spricht Meret Becker über ihren Abschied, warum dabei nicht alles so abgelaufen ist, wie sie es sich gewünscht hatte und wie der "Tatort" sie blockierte, aber auch bereicherte.

t-online: Sieben Jahre "Tatort": Hätten Sie sich so eine lange Zeit beim Sonntagskrimi zu Beginn Ihres Engagements vorstellen können?

Meret Becker: Anfangs nicht, nein. Es gab zu Beginn einen Punkt, an dem dachte ich: "Okay das habe ich jetzt ausprobiert, jetzt gehe ich wieder". Und dann reifte in mir doch irgendwann die Erkenntnis, dass das ein Langzeitformat ist. Ich habe begriffen, dass ich das in ganzer Konsequenz ausfüllen muss. Das habe ich gemacht und hätte mir jetzt sogar neun Jahre statt sieben Jahre vorstellen können.

Warum gehen Sie dann?

Ich habe einfach gespürt, dass ich all meine Projekte und Leidenschaften nicht mehr unter einen Hut kriege. Es steckt doch sehr viel Herzblut in diesen 90-minütigen Krimis und dafür muss man immer wieder eine Menge Arbeit investieren. Das war sieben Jahre lang okay, aber wenn die Maschine immer kurz nach Beendigung eines Films wieder losrattert, bleibt wenig Zeit für anderes. "Tatort"-Hauptdarstellerin zu sein, bedeutet nicht, zweimal sechs Wochen im Jahr daran zu arbeiten. Ich persönlich war viel länger damit beschäftigt, vor allem gedanklich.

Weil Sie Ihre Figurenentwicklung auch persönlich vorangetrieben haben?

Das spielt eine wesentliche Rolle, ja. Aber auch der normale Ablauf war für mich ein Problem. So ein Drehbuch kommt irgendwann in der ersten Fassung bei mir an. Dann lese ich es und schon kommt die nächste Fassung. Ich brauche lange zum Lesen, denn ich habe eine Leseschwäche. Für mich war das wie ein permanentes Rauschen, das bei mir im Hinterkopf Kapazitäten blockierte. Wenn man an Sachen schreibt, so wie ich, dann ist das schwierig, weil man nie den Kopf frei hat.

In Ihrer Abschiedserklärung sagten Sie als Begründung für Ihren Abschied: "Ich bin ein Streuner." Und in einem Interview meinten Sie einige Zeit später, man werde beim "Tatort" auch "an die Leine genommen". Bei all den Metaphern drängt sich die Frage auf: Führen Sie ein Hundeleben?

Nein, Quatsch. Das sind Wörter, die haut man so raus und dann hängen sie einem nach. "Streuner" fiel mir einfach ein, so etwas sprudelt spontan ohne Hintergedanken aus mir heraus.

Wie würden Sie sich denn selbst charakterisieren?

In mir wohnt auf jeden Fall ein Nomade, dieses Rastlose ist mein Naturell. Dennoch brauche ich ein Nest, ich bin ein Sammler und habe lauter Blödsinn zu Hause. Aber bis auf den Krempel hält mich wenig. Ich könnte jederzeit meinen Koffer packen und durch die Welt reisen.

Also passt so etwas wie die "Leine", um darauf zurückzukommen, nicht zu Ihnen? Sie wollen ungebunden sein und deshalb ist der "Tatort" nun nichts mehr für Sie?

Wenn man es positiv besetzen will, kann man auch sagen: Der Tatort ist ein Anker – und er bringt Sicherheiten. Aber natürlich ist er für mich persönlich auch eine Fußfessel oder Leine, wie auch immer man es nennen will. Es hält einen immer davon zurück, im Fluss weiterzufließen.

Bereuen Sie den Schritt in den "Tatort"-Kosmos rückblickend?

Nein, ich habe wahnsinnig viel gelernt in dieser Zeit. Außerdem gehört der "Tatort" ja in Deutschland auch irgendwie zum Kulturgut. Ich habe es gemacht, um es gemacht zu haben und es tatsächlich kennenzulernen. Aber es war nicht immer leicht.

Was genau war denn noch schwer bis auf die von Ihnen beschriebenen Drehbuch-Querelen?

"Tatort" bedeutet, sich mit ganz vielen Leuten auseinanderzusetzen. Wir hatten immer wechselnde Teams und Mark (Anm. d. Red.: Mark Waschke) und ich waren neben der Redaktion des rbb die einzigen Konstanten. Jedes Mal aufs Neue seinen Standpunkt klarzumachen, seine Rolle zu erklären, das ist eine Vertrauenserklärung an einen, aber auch eine Aufgabe, die manchmal schwer wiegt. Aber es gehört eben dazu.

Gab es Dinge, bei denen Sie sich nie durchsetzen konnten? Geschichten, die Sie nie erzählen durften?

Es gibt bestimmte Dinge, die hätte ich gerne erzählt, klar. Es gibt einfach ein paar Bilder oder bestimmte Situationen, die hätte ich mir gewünscht, um diese Rolle zu erzählen oder klarer zu definieren. Aber darauf zu warten ist müßig. Zur Wahrheit gehört auch: An vielen kleinen Stellen ist es gelungen, die Figur Nina Rubin interessant zu gestalten. Ich bin ja nicht der Bestimmer. Das ist auch eines der Dinge, die man bei dieser Arbeit lernt, sich auf Kompromisse zu einigen.

Sie haben in Ihrer Schauspielkarriere schon zig unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Nehmen wir nur mal Ihren Auftritt als Diva Esther Kasabian in der dritten Staffel "Babylon Berlin". Ist die Arbeit an einer solchen High-End-Serie komplett anders als beim "Tatort"?

Ja, der "Babylon Berlin"-Dreh ist ein gutes Beispiel. Da stand ich am Set und hatte die Idee: Wäre doch cool, wenn ich jetzt in die Luft schießen würde. Und dann hat Tom Tykwer, der sowohl als Regisseur als auch Produzent verantwortlich ist, zu mir gesagt: "So ein Schuss kostet aber, warte mal …". Also wollte ich sofort einen Kompromiss vorschlagen und meinte, ich könnte ja auch nur die Waffe ziehen. Aber nichts da. "Nein, das ist doch geil, in die Luft zu schießen, das machen wir", hieß es plötzlich. Tom (Anm. d. Red.: Tom Tykwer) war Feuer und Flamme. Das ist zum Beispiel ein klarer Unterschied. Tom ist halt ein ganz anderer Typ Filmemacher. Mit ihm drehst du an einem Tag so viel, wie du normalerweise in zwei Wochen drehst und er freut sich über jeden Moment wie ein Kind.

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Klingt allerdings auch sehr anstrengend.

Mag sein, aber nach so einem Wahnsinnstag steht Tom da und sagt: "Ist das nicht schön, dass wir das machen dürfen?". Das ist halt sensationell. So etwas habe ich mit Mark, aber das habe ich zwangsläufig nicht mit den Leuten vom "Tatort".

Auch nicht bei Ihrem letzten "Tatort"-Dreh?

Nein. Es gab zwar schon den ein oder anderen Moment, aber es war ein viel rationalerer Vorgang.

Kommen wir auf die Emotionalität zu sprechen. Hat Sie etwas an Ihrem letzten Drehtag sehr bewegt?

Der Umstand, dass es danach vorbei ist.

Mehr nicht?

Natürlich kommt auch die Situation dazu. Das war auf einem kalten Flugfeld morgens nach vielen Überstunden. Ich stand da im nassen Sommerkostüm weit unter null Grad mehrere Stunden, das hinterlässt alles Spuren. Und dann mischen sich Emotionalität und Physis zu einem überwältigenden Gefühl.

Dabei wussten Sie schon sehr lange, dass Sie aufhören werden. Ihr Abschied wurde bereits 2019 verkündet.

Der Sender hat argumentiert, dass es sonst zu schnell durchsickere und sie müssten ja casten und überlegen, wer in meine Fußstapfen tritt.

Zuletzt ist es bei Anna Schudt im Dortmunder "Tatort" gelungen, den Abschied geheim zu halten. Sender, Produktion, Presse: Alle haben dichtgehalten aus Respekt vor der Entscheidung und um nicht zu spoilern.

Ja, das überrascht mich. Ich hätte meinen Abschied auch gerne im Film erzählt, weil ich das spannender finde. Aber so ist das halt. Ich bin ein Spieler, aber der Sender und die Produktionen müssen die Verantwortung tragen.

Sind Sie dennoch zufrieden mit dem Ende, das nun für Ihren "Tatort"-Abschied geschrieben wurde?

Ich hatte mir ein Ende gewünscht, das ich einem Roman entlehnen wollte, eine Szene, die ich ganz, ganz toll fand, weil sie so überraschend war. Aber in diesem Fall ist es anders geschrieben worden und ich fand, das hatte so etwas Leises. Das gefiel mir, also habe ich eingewilligt.

Was werden Sie am "Tatort" vermissen?

Mark ist das, was ich vermissen werde. Ich habe ein Hashtag erfunden, der heißt: "Ichmagmark".

Verwendete Quellen
  • Interview mit Meret Becker in Berlin
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