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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ex-Nationalspieler Weltmeister Höwedes: "Geld kann Menschen verändern"
Weltmeister Benedikt Höwedes spricht bei t-online.de über Probleme eines jungen Fußballers, die aktuelle deutsche Nationalmannschaft – und erklärt, welchen Stellenwert der Faktor Geld in seinem Leben spielt.
Er ist etwas anders als viele seiner Kollegen: Benedikt Höwedes, der einst Schalke-Kapitän in der Bundesliga war und inzwischen für Lok Moskau spielt, hört politische Podcasts, kaufte sich ein Auto, welches ihm schnell peinlich war, bezeichnet sich selbst als "kniepig" im Umgang mit dem eigenen Geld – dabei hat er als Profi so viel verdient, dass er sich wohl niemals mehr Sorgen um seinen Finanzen machen muss. Die Gedanken eines unserer WM-Helden von 2014.
t-online.de: Herr Höwedes, Sie spielen aktuell im Ausland Fußball. Wie halten Sie sich über Ihr Heimatland Deutschland auf dem Laufenden?
Benedikt Höwedes (30): Ich höre sehr gerne den Podcast "Lage der Nation". Wöchentlich werden dort Themen aus Deutschland diskutiert, analysiert und kommentiert. Das finde ich sehr erfrischend. Zuletzt ging es um die durch die SPD entfachte Diskussion bezüglich der Mindestrente.
Dabei müssen Sie sich als Fußballprofi um Themen wie die Mindestrente doch gar keinen Kopf machen. Wie wichtig ist der Faktor Geld wirklich im Leben?
Ich wäre als Mensch nicht anders, wenn ich kein Fußballprofi geworden wäre und weniger verdienen würde – da bin ich mir ziemlich sicher. Ich weiß allerdings auch, dass Geld Menschen verändern kann. Doch ich gehe mit meinem Geld gut um und bin teilweise sogar "kniepig".
Was meinen Sie genau mit "kniepig"?
Ich würde niemals um Geld pokern. Denn ich kann es nicht leiden, wenn man es zum Fenster hinauswirft. Das war auch immer meine Devise als Fußballprofi, auch wenn ich mich früher sicher an ein, zwei materiellen Dingen ausprobiert habe.
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Woran haben Sie sich denn ausprobiert?
Als junger Schalke-Profi gab es diesen einen Moment, den ich rückblickend als Wendepunkt in meinem Umgang mit Geld empfinde. Damals hatte ich mir von meinen ersten Gehältern einen Audi S5 gekauft und das Auto dann noch extra umbauen lassen. Doch nach einer Woche war mir der Wagen so peinlich, dass ich ihn nicht mehr gefahren bin. Ich dachte: Das bin einfach nicht ich. Was soll das? Warum musst du dir solch ein Auto kaufen? Du brauchst das doch nicht, das ist unnütz.
Was haben Sie daraus gelernt?
Mit Geld kann man viel machen, vor allem aber kann man damit auch viel Quatsch anstellen. Es erleichtert viele Dinge, doch Geld macht definitiv nicht glücklich. Natürlich lässt sich das immer einfach sagen, wenn man ein bisschen mehr auf dem Konto liegen hat. Viele Menschen müssen jeden Cent umdrehen und machen sich große Sorgen darum, wie es finanziell weitergeht. Und genau deshalb weiß ich absolut zu schätzen, in was für einer privilegierten Situation ich bin.
Mal ganz ehrlich: Was glauben Sie, weshalb Sie sich damals unbedingt ein schickes Auto kaufen wollten?
Ich habe mich beschnacken lassen. Ich war jung und habe gesehen, was sonst so los war in der Bundesliga: Alle tragen teure Uhren und fahren schicke Autos. Da wollte ich als Jungspund nicht als totaler Außenseiter dastehen. Ich habe mich verleiten lassen. Zum Glück habe ich schnell gemerkt, dass das nicht meine Welt ist. Ich habe mir nie eine teure Uhr gekauft. Mir sind materielle Dinge nicht wichtig. Denn Menschen sind nicht besser, nur weil sie teure Autos fahren und glitzernde Uhren tragen.
Zum Start Ihrer Profikarriere haben Sie nebenbei noch Ihr Abitur gemacht. Weshalb war Ihnen diese zweite Schiene so wichtig?
Mein Vater hat es mir geraten. Eine Fußballkarriere kann durch eine Verletzung auch schnell vorbei sein, sagte er immer. Es war Stress pur damals. Training bei den Profis und dazu die Schule.
Können Sie sich noch an den härtesten Moment in dieser Zeit der Doppelbelastung erinnern?
Der Höhepunkt war, als ich als 18-Jähriger mit Schalke zum Champions-League-Achtelfinale nach Barcelona fliegen sollte. Am nächsten Tag stand eine Mathe-LK-Klausur an. Ich bin zu meinem damaligen Trainer Mirko Slomka gegangen und habe ihm gesagt, dass ich nicht mit nach Barcelona kommen kann.
Kann man sich solch ein Erlebnis entgehen lassen?
Eigentlich nicht. Slomka wollte unbedingt, dass ich mitkomme. Also kam ich auch mit. Doch noch in der Nacht nach dem Spiel bin ich mit dem Privatjet von Clemens Tönnies von Barcelona zurück nach Deutschland geflogen worden und habe am Morgen die Mathe-Klausur geschrieben. Da prallten zwei Welten aufeinander. Am Abend stehst du noch neben Ronaldinho, Henry und Messi im Nou Camp, am Morgen darauf sitzt du im Klassenzimmer und hoffst, die Mathe-Klausur zu packen.
Sie wurden 2014 mit der Nationalmannschaft Weltmeister und spätestens mit diesem Titel zum A-Promi in Deutschland. Was macht es mit einem Menschen, wenn man ständig beobachtet wird?
Das kann Leute verändern. Und es ist ein merkwürdiges Gefühl. Je berühmter man wird, desto mehr schauen dir die Menschen auf die Finger. Was macht er? Was isst er? Mit wem hängt er ab? Durch die sozialen Medien nimmt das immer mehr zu. Es kann alles fotografiert und gefilmt werden.
Was hat das für Auswirkungen?
Spieler versuchen, sich immer mehr abzukapseln. Früher sind die Jungs einfach in die Kneipe gegangen, haben sich an die Theke gestellt und ein Bier getrunken und Zigarette geraucht. Das war kein Problem. Die Fans kamen einfach an die Bar und haben angestoßen. Das ist heute nicht mehr möglich. Fußballprofis kapseln sich immer mehr ab und haben nichts mehr mit der normalen Welt zu tun.
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Wie leben Fußballstars heute?
Sie bleiben unter sich. Da haben sie am meisten Ruhe, da wird man nicht beäugt. Ich finde das allerdings recht gefährlich, weil irgendwann die Zeit kommt, in der man wieder am normalen Leben teilnehmen muss. Spätestens mit dem Karriereende.
Vor allem für junge Spieler ist es sicher schwer, unter ständiger Beobachtung zu stehen.
Jeder Fauxpas wird zu einem Skandal. Und genau das möchte man natürlich vermeiden. Gerade zu Beginn der Karriere. Deshalb gibt es heute auch nur noch Nullachtfünfzehn-Interviews, deshalb ist kein Spieler mit Ecken und Kanten wie früher mehr dabei. Kein Profi will negativ auffallen.
Verfolgen Sie auch noch die Spiele des DFB-Teams?
Klar.
Ihr Eindruck von der aktuellen Mannschaft?
Die Nationalmannschaft ist weiter gut aufgestellt. Doch ich habe schon etwas Bedenken, wenn es um die Zukunft geht. Die Talente in Deutschland hinken im internationalen Vergleich hinterher. Nach Süle, Sané und Goretzka haben wir ein kleines Loch, Havertz ist die Ausnahme. Die darauffolgenden Jahrgänge haben individuell großen Nachholbedarf. Aber: Trotz der misslungenen WM kommt die Nationalmannschaft wieder in die Erfolgsspur. Davon bin ich überzeugt.