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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wolfsburgs Admir Mehmedi "Streich ist für mich wie mein Papa im Fußball"
Der Schweizer Nationalspieler tritt mit dem VfL Wolfsburg am Samstag gegen den FC Bayern an. Im Interview mit t-online.de spricht er über sein Verhältnis zu Christian Streich, Pläne nach der Fußballkarriere und seine Lieblingspizza.
Admir Mehmedi hat in seinem Leben bereits viel erlebt. Der gebürtige Nordmazedonier immigrierte als kleiner Junge mit seiner Familie ins Tessin, dem italienischen Teil der Schweiz. Sein Vater arbeitete dort in einer Pizzeria während Mehmedi täglich auf dem Fußballplatz stand und an seinem Traum einer Fußballkarriere arbeitete.
Und sein Traum wurde wahr: Nach Stationen beim FC Zürich und Dynamo Kiew, schaffte er unter Christian Streich beim SC Freiburg endgültig den Durchbruch. Später ging es zu Bayer Leverkusen, seit 2018 spielt er beim VfL Wolfsburg. "Ich könnte mir vorstellen hier auch meine Karriere zu beenden", zeigt sich Mehmedi im Interview mit t-online.de immer noch zufrieden mit dem Schritt, in die Autostadt zu wechseln.
t-online.de: Herr Mehmedi, dank des Berufs Ihres Vaters stand bei Ihnen zu Hause oft Pizza auf dem Tisch. Können Sie das Gericht heutzutage überhaupt noch genießen?
Ja, das kann ich. Für einen Fußballer ist Pizza aber zugegebenermaßen nicht die beste Ernährung. Aber hier in Wolfsburg, muss ich sagen, habe ich noch keine so richtig gute Pizza gegessen. In der Schweiz gibt es viele gute italienische Pizzerien, aber hier in der Autostadt herrscht noch Nachholbedarf.
Welche ist Ihre Lieblingspizza?
Pizza mit Artischocken schmeckt mir sehr gut. Mit Thunfisch finde ich aber auch lecker.
Was war Ihr erstes Fußballtrikot?
Das war damals das Trikot vom AC Mailand.
Ist das nach wie vor Ihr Traumverein?
Ich war während meiner ganzen Jugend Fan vom AC Milan. Jetzt bin ich das natürlich nicht mehr so sehr wie früher. Ich mag den Verein aber immer noch gern.
Bei Dynamo Kiew haben Sie mit einem Ihrer Milan-Idole, Andrey Shevchenko, gespielt. Welche Erinnerungen haben Sie an ihn?
Andrey Shevchenko ist ein sehr umgänglicher Typ und eine große Persönlichkeit. Er hat eine super Karriere hingelegt. Er war damals in den letzten sechs Monaten seiner Karriere: Da hat er nicht mehr ganz so viel Gas gegeben wie zu Beginn.
Als Sie für den VfL Wolfsburg diesen Oktober und November verletzt ausfielen, erzielte die Mannschaft nur ein Tor und war sogar vier Spiele lang sieglos. Wie abhängig ist der VfL von Admir Mehmedi?
Es ist natürlich nicht schön, wenn man zu Hause sitzt, zuschaut und nicht helfen kann. Da fühlt man mit den Kollegen mit. Eine Serie ohne Sieg kann jederzeit passieren, ob mit mir oder ohne mich. Von daher ist diese Beobachtung nur etwas für die Statistiker.
Wie viele Stunden verbringt man als verletzter Spieler täglich in der Reha?
Man ist länger am Trainingsgelände, als wenn man gesund ist. Zwei Mal am Tag ist Therapie, zwei Mal stehen Belastungstest an. So kommt man schon auf sechs bis sieben Stunden, die man auf dem Trainingsgelände verbringt.
Wie kommt man als Spieler aus dem "psychischen Loch" während einer Verletzung wieder raus?
So eine Verletzung ist im ersten Moment natürlich ein Schock. Aber Verletzungen sind Teil unseres Jobs. Danach fängt man sich wieder, setzt sich ein Ziel, nämlich so schnell wie möglich wieder auf den Platz zurückzukommen, und tut alles dafür.
Oliver Glasner ist Ihr insgesamt zwölfter Trainer in Ihrer Karriere. Wie kann sich zwischen Spieler und Trainer ein besonderes Verhältnis entwickeln?
Man muss sich kennenlernen – das ist wie in einer Beziehung. Oliver Glasner und ich haben ein gutes Verhältnis. Er ist ein sehr angenehmer Mensch und Trainer. Der Kennenlernprozess lief über mehrere Wochen. Wir hatten währenddessen immer wieder Gespräche.
Sagte Ihnen der Name Oliver Glasner überhaupt etwas, bevor er diesen Sommer nach Wolfsburg kam?
Er war jetzt vom Namen her nicht so bekannt wie andere. Aber als klar wurde, dass er unser Trainer werden soll, habe ich mich informiert und war beeindruckt, welch gute Arbeit er bei seinen vorigen Stationen geleistet hatte.
In Freiburg haben Sie unter Christian Streich gespielt. Welches Verhältnis haben Sie zu Ihm?
Wir haben nach wie vor ein super Verhältnis. Wir schreiben uns ab und zu und telefonieren, wenn wir Zeit haben. Ich verstehe mich auch außerhalb des Fußballs sehr gut mit ihm. Es ist eine besondere Beziehung.
Schon fast väterlich?
Tatsächlich! Er ist für mich ein bisschen wie mein Papa im Fußball. Meine Anfangsphase in Freiburg war zwar schwierig, aber je länger es dauerte, desto besser sind wir miteinander klargekommen. Er hat mir in der Phase sehr geholfen. Ich werde ihm daher ewig dankbar sein.
Hätten Sie damals schon erwartet, dass er einmal zu einem Bundesliga-Kulttrainer wird?
Das überrascht mich nicht. Er ist so wie er ist und kommt auch so rüber. In der Kabine ist er auch nicht anders als vor der TV-Kamera.
Die Schweiz hat sich für die EM qualifiziert. Sehen Sie sich als einen Teil des Teams im kommenden Sommer?
Definitiv. Seit ich in der A-Nationalmannschaft spiele, durfte ich an jedem Turnier teilnehmen. Außer bei der WM in Russland, da ich mich davor am Fuß verletzt hatte. Ich sehe mich nach wie vor als festen Teil des Teams. Es macht Spaß mit den Jungs.
Sie haben schon mehrere Turniere mitgespielt. Haben Sie bereits ein Karriere-Highlight?
Da gibt es mehrere. Ein Highlight ist sicherlich mein erstes WM-Tor mit der Schweiz 2014. Da köpfte ich gegen Ecuador den Ausgleich und wir gewannen am Ende noch 2:1. Daneben aber auch das ein oder andere Champions-League-Tor.
Ihre alten Kollegen aus Leverkusen spielten in dieser Saison in der Champions League gegen Topteams Europas. Mit Wolfsburg in der Europa League lauteten die Gegner Gent, St. Etienne und Oleksandria. Wie stehen Sie mittlerweile zu Ihrem Wechsel zum VfL?
Es ist alles so eingetreten, wie ich es mir erhofft habe. Ich bin damals in einer schwierigen Situation nach Wolfsburg gewechselt und habe mich leider gleich verletzt. Wir haben aber den Abstieg verhindert und danach ging es in die Tabellenregion, in der wir uns mit dem VfL sehen. Es macht Spaß hier, ich mag das familiäre Arbeitsumfeld. Die Wege in Wolfsburg sind kurz.
Welche Stadt ist schöner? Wolfsburg oder Leverkusen?
Grundsätzlich sind beide Städte schön. Ich bin aber nicht so der Großstadt-Typ. In Wolfsburg fühle ich mich daher gut aufgehoben.
Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie in Ihrer Karriere nochmal in Italien spielen werden?
Momentan fühle ich mich sehr wohl und gut aufgehoben hier in Wolfsburg. Ich könnte mir vorstellen, hier auch meine Karriere zu beenden. Aber man weiß nie: Im Fußball kann alles passieren.
In Italien gäbe es aber die bessere Pizza...
...das stimmt. Vielleicht mache ich aber nach meiner Karriere selber ein Restaurant hier in Wolfsburg auf. Mal schauen, was kommt.