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FC Bayern – Stefan Effenberg: "Glaube Thomas Müller nicht"


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Transfersommer des FC Bayern
Ich glaube Thomas Müller nicht

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 08.09.2023Lesedauer: 6 Min.
Bayern-Trainer Thomas Tuchel (r.) gibt Mathys Tel Anweisungen: Der Franzose galt lange als Leihkandidat.Vergrößern des Bildes
Bayern-Trainer Thomas Tuchel (r.) gibt Mathys Tel Anweisungen: Der Franzose galt lange als Leihkandidat. (Quelle: IMAGO/Laci Perenyi)
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Der Kader bleibt bestimmendes Thema beim FC Bayern. Der Rekordmeister geht ein großes Risiko ein – und muss sich einer Realität bewusst werden. Bei einem Rivalen droht eine Gefahr.

Uli Hoeneß hat es schon vor über zehn Jahren gesagt, und dieser Satz ist heute so aktuell wie damals: Der FC Bayern ist kein Ausbildungsklub. Und das werden die Bayern auch nie werden.

Deshalb glaube ich den Worten nicht, die Thomas Müller am Samstag nach dem Sieg bei Borussia Mönchengladbach sprach. "Wir wollen ja auch immer ein bisschen Durchlässigkeit von unten, und die gibt es nur, wenn du oben eineinhalb Spots auch mal frei hast", sagte er über die Talente aus der eigenen Jugend – und nahm sie in die Pflicht: "Da müssen die Jungs dann, wenn sie gebraucht werden, auch performen."

Die Wahrheit ist eine andere: Ich glaube, junge Spieler sind gewarnt. Sie haben über die Jahre mitbekommen, dass es für Talente beim FC Bayern ganz, ganz schwer wird, weil der Verein natürlich auch hohe Ansprüche hat. Möglichkeiten bieten sich dir bei anderen Klubs.

Bei Borussia Mönchengladbach beispielsweise, die gerade ein wenig ihre eigene Philosophie umschreiben. Da bestehen sowohl die Möglichkeiten als auch der Bedarf des Vereins, etwas zu entwickeln. Diese Voraussetzungen sehe ich mit Abstrichen noch bei Borussia Dortmund, aber weder bei den Bayern noch bei RB Leipzig oder Bayer Leverkusen. Bei Topklubs, die unter Erfolgsdruck stehen, kann das nicht funktionieren. Ein Mathys Tel – den die Bayern zum Glück gehalten haben – braucht Spielzeit, um sich zu einem internationalen Topstürmer zu entwickeln.

Tuchel wird seine Kritik nicht ohne Hintergedanken äußern

Es tun sich bei den Bayern tatsächlich noch viele Fragen zu dieser letzten Transferperiode auf: Warum wird ein Ryan Gravenberch nicht gehalten, der für 18,5 Millionen Euro geholt wurde und als großes Talent gilt? Stattdessen darf er zum FC Liverpool wechseln, wo ihn Jürgen Klopp schon in den höchsten Tönen lobt. Der Junge ist 21 Jahre alt – und damit einer genau dieser Spieler, die Müller doch eigentlich gemeint hat. Das ist ein großer Widerspruch. Es ist keine Lösung, einen Spieler auf der Bank zu parken und zu sagen: Wir schauen jetzt mal – dazu ist der sportliche Druck bei einem Klub wie Bayern München einfach zu hoch.

Dieser Widerspruch zeigt sich übrigens auch besonders bei Josip Stanišić, der für mehr Spielzeit an Leverkusen verliehen wurde. Das A und O im Umgang mit jungen Spielern ist Vertrauen, das sie dann zurückzahlen können. Wenn ein Gravenberch oder ein Stanišić das aber nicht spürt, dann kann das nur heißen, den Verein zu wechseln. Die größte Geschichte wäre, wenn jetzt Stanišić als Leistungsträger bei Bayer Leverkusen mit den Bayern um die deutsche Meisterschaft kämpft.

Deshalb bin ich auch ein Stück weit bei Bayern-Trainer Thomas Tuchel, der den knappen Kader öffentlich beklagt hat. Allerdings darf man auch nicht vergessen: Er wird seine Kritik nicht ohne Hintergedanken äußern. Sollte es tatsächlich nicht laufen bei den Bayern, kann Tuchel dann hingehen und sagen: "Ich habe es euch ja gesagt."

Spiele

23 Spieler umfasst der Kader des FC Bayern aktuell. Das ist in der Tat zu dünn. Du hast drei Wettbewerbe, du hast hochintensive Monate bis zur Winterpause mit elf englischen Wochen, dazu noch die Abstellungen in den Länderspielpausen, die bei den Bayern traditionell besonders zahlreich sind. Das ist eine extrem hohe Belastung, nicht nur durch die Spiele, sondern auch bereits durch die Reisen. Und: Es besteht immer die große Gefahr, dass Spieler angeschlagen oder sogar verletzt von der Nationalmannschaft zurückkehren. Da ist ein derart knapp bemessener Kader ein Risiko.

Bayerns Vorstandschef Jan-Christian Dreesen hat Tuchel in diesem Zusammenhang dazu angehalten, er müsse nun eben "kreativ" sein. Kreativ hat er schon am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach sein müssen, und Konrad Laimer für eine Halbzeit auf die Rechtsverteidigerposition gestellt. Auch wenn das diesmal funktioniert hat: Auf lange Sicht kann das einfach nicht gut gehen.

Die Chance ist so groß wie seit 20 Jahren nicht mehr

Die Konkurrenz wird das natürlich freuen: RB Leipzig zum Beispiel, das sehr gut eingekauft hat, obwohl viel Substanz im Sommer verloren ging mit den Abgängen von Laimer, Christopher Nkunku, Dominik Szoboszlai und Joško Gvardiol. Auch Leverkusen mit Victor Boniface, mit Granit Xhaka, mit Jonas Hofmann, Alejandro Grimaldo, einem wiedererstarkten Jonathan Tah und natürlich Florian Wirtz, der hoffentlich endlich verletzungsfrei bleibt. Dann hat er das Potenzial zu unserem nächsten Topstar, auch in der Nationalmannschaft. Dazu kommt hoffentlich auch Patrik Schick, von dem ich sehr viel halte, bald wieder zurück. Bayer hat sich da einen Kader mit extrem hoher Qualität zusammengebaut, das hat man an den ersten Spieltagen eindrucksvoll gesehen.

Was ich besonders gut finde: Sie sagen auch öffentlich, dass sie den Anspruch haben, Titel zu gewinnen. Sowohl Hofmann als auch Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes äußerten sich dazu. Ich sage: Wenn sie ihre Form langfristig halten können, dann ist die Chance so groß wie seit 20 Jahren nicht mehr. Dieser aktuelle Kader ist der stärkste, den sie in den letzten zwei Jahrzehnten hatten.

Einen großen Trumpf haben sie dazu: Trainer Xabi Alonso. Der weiß, wie man Fußball spielt, der weiß auch, wie man unter Druck Fußball spielt, der weiß dank seiner riesigen Erfahrung auch, wie man Spieler führt. Er hat über Jahrzehnte auf höchstem Niveau gespielt. Dabei spreche ich nicht nur von den unzähligen Titeln, die er gewonnen hat – er ist auch mal durch schwierige Phasen gegangen. Er weiß immer, wovon er spricht. Jetzt gilt es für Leverkusen, die Früchte zu ernten, die man schon im vergangenen Jahr gesät hat. Sie sind für mich ein Titelfavorit.

Genau wie RB Leipzig, das sich erst am Sonntag eindrucksvoll bei Union Berlin bewiesen hat – in der Alten Försterei musst du erst mal gewinnen. Ich bin ja ein Fußball-Liebhaber. Die Teams, die mir guten Fußball anbieten, schaue ich mir auch gerne an. Eintracht Frankfurt zuletzt in der Europa League, phasenweise auch mal Dortmund – oder eben jetzt Leverkusen und Leipzig. Unter Trainer Marco Rose verstehen es die Leipziger, wie sie Fußball spielen sollen, und sie setzen es mit unglaublicher Spielfreude um.

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Terzić muss jetzt liefern

Die hohe Kunst ist es, das auf Strecke zu zeigen, und da ist Dortmund in der Vergangenheit oft gescheitert.

Auch jetzt sieht man es am Saisonstart des BVB. Du willst Titelkandidat sein und hast dazu ein Auftaktprogramm mit Köln, Bochum und Heidenheim – da musst du einfach neun Punkte holen. Edin Terzić hat es nach dem 2:2 gegen Heidenheim richtig gesagt: "Einer Spitzenmannschaft passiert das nicht" – genauso ist es. Es fehlt ihnen diese letzte Entschlossenheit, auch dieses etwas Schmutzige in den entscheidenden Phasen. Und dann stehen sie nach Schlusspfiff da und müssen sich erklären. Was mich besonders stört, ist, dass dann die immer gleichen Antworten kommen. Als Verantwortlicher beim BVB würde mich das tierisch ärgern.

Der Druck ist jetzt schon unnötig hoch, und eine Gefahr gibt es zusätzlich: Die Situation um Marco Reus, der zuletzt zweimal nicht zum Einsatz gekommen ist, und Mats Hummels, der mittlerweile gefühlt auch mehr Backup ist, kann noch mehr Unruhe hineinbringen. Da droht die nächste Baustelle. Das ist ein ganz wackliges Gebilde in Dortmund.

Terzić muss jetzt liefern. Er hat die Borussen in einer schwierigen Zeit übernommen und sie zum Pokalsieg geführt. Trotzdem wird er jetzt am Erfolg des Klubs gemessen. Je nach Entwicklung kann es schon sein, dass irgendwann der Name Julian Nagelsmann in Dortmund lauter ausgesprochen wird. Zwar hat BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke Terzić eine Jobgarantie gegeben, aber die existiert nicht wirklich. Eine Jobgarantie hat es noch nie gegeben – schon gar nicht in Dortmund. Diese Worte von Watzke nehme ich nicht für voll. Nicht im Fußball, nicht in diesem Job, nicht in unserer Zeit.

Streikende Profis? Man kann da nur den Spieler anprangern

Eine weitere Erscheinung unserer Zeit sind Spieler, die sich zu einem anderen Verein zu streiken versuchen. Randal Kolo Muani hat es geschafft und spielt statt bei Eintracht Frankfurt nun bei Paris Saint-Germain. Ich habe damit ein Riesenproblem. Man kann da nur den Spieler anprangern und muss seinen Charakter hinterfragen. Dahinter steht natürlich noch der Berater, der das Ganze mitspielt und anschiebt, und der Verein ist machtlos.

In erster Linie wirft das überhaupt kein gutes Licht auf so einen Spieler. Das kann ihm egal sein – ist aber ein Problem, das im Fußball schwelt. Spieler stellen sich quer, und du hast überhaupt keine Möglichkeit, so einen dann zu halten und einfach auf die Tribüne zu setzen – und das wissen sie und ihre Berater natürlich und bauen Druck auf. Aber in solchen Situationen zeigt sich der wahre Charakter. Im Endeffekt kann Frankfurt froh sein, dass so einer jetzt weg ist – auch wenn Kolo Muanis Abgang eine enorme Lücke reißt.

Für mich würde auch heute noch ein Handschlag zählen – aber diese Zeiten sind leider Gottes vorbei. Das finde ich schade und traurig. Die Erkenntnis: Dankbarkeit gibt es im Fußball nicht mehr. Immerhin aber: Frankfurt hat da einen Mega-Deal über die Bühne gebracht und noch das Maximum herausgeholt. 95 Millionen Euro Ablöse. Ich hoffe, die Eintracht macht jetzt das Beste daraus.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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