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2. Bundesliga: FC Schalke 04 in der Krise – ein Klub am Abgrund


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Chaos pur
Ein Traditionsverein am Abgrund


Aktualisiert am 30.03.2024Lesedauer: 6 Min.
Assan Ouedraogo am Boden: Damit steht der Jungstar sinnbildlich für seinen stolzen Klub, der um das Überleben kämpft.Vergrößern des Bildes
Assan Ouédraogo am Boden: Damit steht der Jungstar sinnbildlich für seinen stolzen Klub, der um das Überleben kämpft. (Quelle: Tim Rehbein/RHR-FOTO/imago-images-bilder)
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Nach dem Bundesliga-Abstieg wollte Schalke 04 eigentlich den direkten Wiederaufstieg. Eine Saison voller Chaos hat den Klub hingegen an den Rand des Abgrunds geführt.

Eine Vereinslegende, die mit dem Klub in 25 Jahren große Erfolge feierte, schreitet einsam und verlassen davon – und Spieler, die einen der größten Fußballvereine Deutschlands bis in den Tabellenkeller der 2. Bundesliga spielten, machen sich über ihn auch noch lustig. Es ist eine Szene, die sich laut einem Bericht der "Sport Bild" genau so beim FC Schalke 04 zugetragen haben soll.

Als die Mannschaft im Februar zum Auswärtsspiel nach Kiel flog, sei im Flugzeug ein Platz zu wenig gebucht worden. Gerald Asamoah, der als Spieler und Funktionär mit dreijähriger Unterbrechung seit 1999 im Verein tätig ist, habe sich bereit erklärt, auf den Flug zu verzichten und auf eigene Faust nachzureisen. Während der zweimalige DFB-Pokalsieger und Ex-Nationalspieler also über das Rollfeld zurück zum Terminal ging, habe ein Spieler aus dem Flieger ein Foto von ihm gemacht, es in den Mannschaftschat geladen und mit dem Emoji einer winkenden Hand kommentiert. Die Reaktion der Mannschaft: Gelächter.

Für Asamoah sollte es aber einige Monate später noch schlimmer kommen: In der vergangenen Woche teilte der Klub mit, dass der bisherige Leiter der Lizenzspielerabteilung den Verein im Sommer verlassen muss. Das Aus für den 45-Jährigen ist nur eines von vielen in der laufenden Saison, vier davon allein im März. Bei Schalke ist mit der Angst vor dem Abstieg aus der 2. Bundesliga – mal wieder – das Chaos ausgebrochen. Der Klub steht am Abgrund.

Das Ziel war der Wiederaufstieg

Ein Blick zurück: Trotz des zweiten Bundesliga-Abstiegs innerhalb von drei Jahren startete der FC Schalke im vergangenen Sommer einigermaßen hoffnungsfroh in die Zweitliga-Saison. Trainer Thomas Reis hatte in der Vorsaison – in aussichtsloser Position gestartet – eine bemerkenswerte Bundesliga-Rückrunde hingelegt und den Klassenerhalt nur knapp verpasst. Zudem hatte der Revierklub trotz einiger Abgänge mit einem der größten Etats der Liga einen der auf dem Papier stärksten Kader zusammengestellt. Der Grundstein für die Mission Wiederaufstieg schien gelegt. "Wir werden aufsteigen! Das ist mein Anspruch", sagte Reis selbstbewusst im Podcast "Phrasenmäher".

Pl.MannschaftSp.SUNToreDiff.Pkt.Form
1
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St. Pauli
34209562:36+2669
2
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Kiel
34215865:39+2668
4
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HSV
341771064:44+2058
10
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Schalke
341271553:60-743
13
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K´lautern
341161759:64-539
15
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Braunschweig
341151837:53-1638
16
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Wiesbaden
34881836:50-1432
17
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Rostock
34942130:57-2731
18
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Osnabrück
346101831:69-3828

Doch schnell verdüsterten dunkle Wolken den (königs)blauen Himmel über Gelsenkirchen. Die Hauptsponsoren-Suche für die Zweitligasaison gestaltete sich schwierig. Einige mögliche Partner sprangen ab. Am Ende erklärte sich zwar die große Biermarke, die auch der Schalker Arena schon jahrelang ihren Namen gibt, bereit, das Sponsoring zu übernehmen. Das aber nur für eine Summe, die klar unter dem lag, was sich der Verein ursprünglich vorgestellt hatte.

Der erste Kopf musste rollen: Schalkes Vorstandsvorsitzender Bernd Schröder musste Ende Juli gehen, sein Nachfolger Matthias Tillmann übernahm aber erst mit Jahresbeginn 2024.

Abstiegskampf statt Wiederaufstieg

Auch sportlich ging der Saisonstart in die Hose. In den ersten sieben Spielen gab es nur zwei Siege, ein Remis und ganze vier Niederlagen. Die Folge: Der nur wenige Monate zuvor noch gefeierte Trainer Reis musste schon im September seinen Posten räumen. Ersetzt wurde er durch den Belgier Karel Geraerts, der die Mannschaft jedoch nur unwesentlich stabilisieren konnte. Sieben Siege, zwei Remis und acht Niederlagen lesen sich seither in seiner Bilanz. Nach dem 26. Spieltag steht Schalke mit 30 Punkten auf Tabellenplatz 14, nur drei Punkte vor einem direkten Abstiegsplatz. Statt Wiederaufstieg heißt die Realität auf Schalke Abstiegsangst.

Im Verein reifte die Erkenntnis: Der hochgejubelte Kader ist unausgewogen zusammengestellt und nicht so gut wie sein Ruf. Entsprechend mussten auch die dafür Verantwortlichen nach und nach ihren Hut nehmen. Zunächst wurde Sportvorstand Peter Knäbel effektiv entmachtet, sodass er zum Jahreswechsel selbst ging. Sportdirektor André Hechelmann, der erst im Juni 2023 vom Chefscout in die Position aufgestiegen war, wurde auf den Posten des Technischen Direktors abgeschoben. Mit Marc Wilmots wurde ein neuer Sportdirektor installiert, der zwar als Spieler mit Schalke den Uefa-Cup gewonnen hatte, jedoch für seine neue Position keinerlei Erfahrung mitbrachte.

Der Absturz in die Regionalliga droht

Bei anderen Klubs wären das genug Personalrochaden für mehrere Jahre. Nicht jedoch beim FC Schalke 04. Im März nahmen die Entwicklungen nun erst richtig Fahrt auf. Angesichts der sportlich immer noch prekären Lage und der nach wie vor hohen Verschuldung droht Schalke ein Horrorszenario: Sollte der Klub in die 3. Liga absteigen, muss er um seine Profilizenz zittern. Im schlimmsten Fall droht also der Zwangsabstieg in die Regionalliga.

Es wäre ein nahezu beispielloser Absturz. Zur Erinnerung: Vor gerade einmal sechs Jahren beendete Schalke die Saison 2017/2018 noch als deutscher Vizemeister und spielte anschließend in der Champions League.

Innerhalb weniger Jahre von der Champions League in die Regionalliga? Das darf keine Realität werden, dachten sich wohl auch die neuen Schalke-Bosse um den Vorstandsvorsitzenden Tillmann. Deshalb versuchen sie aktuell mit Hochdruck, die Strukturen im Verein zu verschlanken und Geld zu sparen, wo es nur geht. Erstes Opfer wurde dabei André Hechelmann. Anfang des Jahres noch zum Technischen Direktor degradiert, wurde sein Vertrag Anfang März schließlich ganz aufgelöst. Einen Nachfolger gibt es noch nicht.

Asamoah als "Frühstücks-Direktor"

Dasselbe Schicksal ereilte dann in der vergangenen Woche auch Klub-Urgestein Asamoah. Er darf immerhin noch bis Saisonende bleiben, dann entfällt auch sein Posten "Leiter Lizenz". Dabei wollte Asamoah offenbar schon seit Längerem im Verein mehr Verantwortung übernehmen, hoffte wohl schon im vergangenen Sommer auf den Posten des Sportdirektors.

Doch die Führungsriege traute ihm das Berichten zufolge nicht zu und besetzte den Posten (mittlerweile zweimal) anderweitig. Die Tätigkeitsfelder Asamoahs wurden hingegen immer weiter zurechtgestutzt. Angeblich soll er zuletzt angesichts der mangelnden Aufgabenfelder intern sogar als "Frühstücks-Direktor" verspottet worden sein. Für einen solchen ist auf Schalke aber kein Geld mehr da. Also geht es auch der Vereinslegende an den Kragen. Matthias Schober zeigte der Verein als Direktor der Knappenschmiede und des Bereichs Entwicklung dann am Donnerstag die Tür. Sein Posten? Klar, gestrichen.

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Gefeierter Transfer provoziert Ärger

In der Mannschaft sieht es derweil auch nicht besser aus. Innenverteidiger Timo Baumgartl, dessen Transfer vor der Saison von vielen noch als Coup gefeiert wurde, muss auf Geheiß von Trainer Geraerts bis zum Saisonende den Gang in die U23 antreten. Die offizielle Begründung: Der Trainer habe nicht den Eindruck erlangt, Baumgartl könne dem Klub noch helfen.

Inoffiziell soll aber auch unprofessionelles Verhalten eine Rolle gespielt haben. Der Spieler dementierte das öffentlich. Aber es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass Baumgartl negativ auffällt. Schon während des schwierigen Saisonstarts kritisierte er den damaligen Trainer Thomas Reis live im Fernsehen – und musste als Strafe vorübergehend den Gang in die zweite Mannschaft antreten. Jetzt also die dauerhafte Verbannung.

Wer plant den neuen Kader?

Generell gilt der Schalke-Kader als schwierig. Zwischen den Spielern und Trainer Geraerts soll es wie schon unter Reis bereits wieder Differenzen geben. Was die Spieler der "Sport Bild" zufolge noch bei Stange halten soll: die Befürchtung, Sportdirektor Wilmots könne im Falle einer Entlassung als Interimstrainer übernehmen.

Schon jetzt steht aber fest: Der schwierige Kader muss im Sommer ausgetauscht werden. Eigentlich sollten die Planungen dafür jetzt bereits auf Hochtouren laufen. Das Problem: Neben dem unerfahrenen Wilmots ist kaum noch jemand da, der die Planungen übernehmen könnte.

Der Klub bemühte sich zuletzt um die Dienste von Ben Manga als neuem Kaderplaner, der zuletzt beim englischen Zweitligisten FC Watford als Technischer Direktor fungierte. Einige Medien berichteten schon, eine Einigung sei nur noch Formsache, da machte Manga wohl doch nochmal einen Rückzieher. Manga möchte wohl ausreichend Entscheidungsgewalt zugesichert bekommen, Wilmots auf der anderen Seite aber keine Macht abgeben, heißt es. Zudem bezieht Manga bei Watford noch ein gutes Gehalt, das er nicht für einen Klub aufgeben möchte, der schon bald in der Regionalliga enden könnte.

Neustart droht zu scheitern

Die Hängepartie lässt die Planungen für die nächste Transferphase im Sommer stocken – und der Schalker Neustart droht abzusaufen, bevor er überhaupt angefangen hat. Zumal auch Trainer Geraerts noch abspringen könnte: Aus Belgien heißt es, der FC Brügge wolle ihn für die kommende Saison abwerben. Für den Klub war der Belgier bereits als Spieler aktiv.

Den Fans, die trotz der Misere Woche für Woche das Stadion und die Auswärtsblöcke der 2. Liga füllen, droht eine nicht enden wollende Leidensgeschichte. Eine Zeile eines ihrer Kurvengesänge singen sie dabei wohl zurzeit besonders laut: "Wir sind die Fans, die auch zu dir stehen, wenn du verlierst."

Es gibt noch Hoffnung

Ein wenig Hoffnung dürfen sie jedoch haben: Immerhin kündigte der Vorstandsvorsitzende Tillmann an, dass der Etat für die kommende Saison im Falle eines Klassenerhalts ähnlich hoch bleiben soll wie in der aktuellen Spielzeit. Dabei soll es sich um rund 20 Millionen Euro handeln, womit Schalke zur Top drei der Liga zählen würde.

Zudem besteht immer noch die Möglichkeit, dass dieses Geld doch noch von Ben Manga ausgeben wird – der frühere Chefscout von Eintracht Frankfurt wird mit einer Anstellung bei den Königsblauen in Verbindung gebracht. Denn im Zuge der Schober-Entlassung verkündete Schalke auch, dass sich künftig Raffael Tonello als "Sportlicher Leiter NLZ und Top-Talente-Scout" um den Klub-Nachwuchs kümmern soll.

Tonello arbeitete bis Oktober wiederum als Chefscout vom FC Watford in England mit Manga zusammen. Damit könnte ein Engagement bei Schalke für Manga doch nochmal attraktiver geworden sein. Punkte in den nächsten Spielen dürften dabei auch helfen. Am besten schon am Sonntag gegen den Karlsruher SC (ab 13:30 Uhr im Liveticker bei t-online).

Verwendete Quellen
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