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Ukraine-Krieg | Neue Raketen: So könnten sie den Kriegsverlauf beeinflussen


ATACMS für die Ukraine
Plötzlich ist jedes Ziel in Reichweite

Von t-online, das

23.09.2023Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230915-99-208351Vergrößern des Bildes
ATACMS des US-Militärs: Liefern die USA nun doch die Kurzstreckenraketen an die Ukraine? (Archivfoto) (Quelle: South Korea's Joint Chiefs of Staff/YNA/dpa)
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Die Ukraine wünscht sich schon lange von den USA die Lieferung der Kurzstreckenraketen ATACMS. Doch wie könnten die Raketen den Kriegsverlauf ändern?

"Ich habe nichts anzukündigen", sagte Karine Jean-Pierre am Freitag. Es ging mal wieder um die Frage, ob die USA der Ukraine die ballistische Kurzstreckenrakete ATACMS (Kurzform für „Army Tactical Missile System“) zur Verfügung stellen wird. Die Sprecherin des Weißen Hauses in der US-Hauptstadt Washington schob allerdings nach, dass die Lieferung nicht vom Tisch sei, obwohl es keinen neuen Stand gebe.

Entgegen den Worten aus dem Weißen Haus hatten US-Medien zuvor berichtet, dass die USA der Ukraine wohl doch eine geringe Zahl der Kurzstreckenraketen in Aussicht gestellt hatten. Die Raketen hatte die Ukraine bereits seit Monaten gefordert: Doch wie genau würde das Land sie einsetzen und was unterscheidet sie von den bisherigen Waffensystemen?

Russen verlegen wichtige Posten

Entscheidend bei den Raketen des Herstellers Lockheed Martin ist ihre Reichweite von bis zu 300 Kilometern. Neuere Modelle sind lenkfähig, ältere nicht. Hilfreich wären die Raketen, um beispielsweise russische Flugabwehrsysteme ins Visier zu nehmen. Die Kurzstreckenraketen wurden dafür etwa von den USA im Zweiten Golfkrieg und im Irakkrieg eingesetzt. Weitere Ziele könnten Kommandoposten oder die Krimbrücke sein, hieß es kürzlich in einer Analyse des US-Thinktanks "Foundation for Defending Democracy."

Der Vorteil gegenüber der Marschflugkörper Scalp, Storm Shadow aus Frankreich und Großbritannien oder auch den deutschen Taurus: Bei den US-Raketen handelt es sich um eine Boden-Boden-Rakete, die etwa mit den Mehrfachraketenwerfern Himars, MLRS oder Mars abgefeuert werden kann. Die Marschflugkörper sind dagegen Luft-Boden-Systeme, die von Flugzeugen abgefeuert werden.

Mit den Raketenwerfern ist das ukrainische Militär bereits sehr vertraut – allerdings mit abnehmenden Erfolgen: Denn auch das russische Militär hat dazugelernt und viele wichtige Strukturen so weit hinter die Front verlegt, dass die Raketenwerfer sie ohne die ATACMS nicht mehr erreichen können.

Raketenwerfer wie Himars nutzt die Ukraine bereits seit Monaten. Eine lange Ausbildung wie etwa an Leopard-Panzern oder neueren Kampfjets sind also nicht notwendig. Anders als mit den Marschflugkörpern würde Kiew auch keinen Abschuss eines ihrer Flugzeuge riskieren. Denn jeder ukrainische Flieger bleibt weiter ein teures Gut: Bisher wurden keine Kampfflugzeuge westlicher Bauart geliefert und nur eine überschaubare Zahl aus früherer sowjetischer Produktion wie den Kampfjet MiG-29 aus Polen und der Slowakei. Zudem ist weiter unklar, wie viele SCALP und Storm Shadow-Marschflugkörper die Ukraine überhaupt zur Verfügung hat.

Gleichzeitig haben die ATACMS den Vorteil, dass sie deutlich schneller ihr Ziel treffen können: Der Sicherheitsanalyst Colby Badhwar schrieb auf X (ehemals Twitter), dass es grob zwei Stunden dauere, bis einer der europäischen Marschflugkörper auf ein Ziel trifft: Zunächst müsse er programmiert werden, anschließend müsse ein Kampfjet aufsteigen und sich in Stellung bringen, bis das Ziel in Reichweite ist, ehe man ihn abschießen könne. Die US-Kurzstreckenraketen lassen sich dagegen mit den Himars-Systemen laut Badhwar innerhalb von Minuten abfeuern.

Anzahl der ATACMS ist geheim

Ein Knackpunkt in den Plänen der USA könnte bisher auch gewesen sein, dass das Militär möglicherweise gar nicht über eine besonders hohe Zahl der Kurzstreckenraketen verfügt. Der Hersteller Lockheed Martin soll in den vergangenen Jahrzehnten etwa 4.000 der Raketen in verschiedenen Ausführungen produziert haben, 600 davon sollen die US-Streitkräfte allein im Golfkrieg und im Irak verbraucht haben. Weitere Raketen wurden an das Ausland verkauft.

Wie viele die USA heute genau besitzen, ist geheim. Angesichts der möglicherweise geringen Vorräte dürfte es aber nicht verwundern, dass das Weiße Haus laut Medienberichten aktuell wohl nur eine kleine Zahl der Raketen liefern könnte. Möglicherweise hängt die Zahl der Lieferungen auch damit zusammen, wie viel und schnell die USA selbst mit dem Nachfolgesystem, der Precision Strike Missile (PrSM), ausgerüstet werden kann. Ein US-Beamter deutete zuletzt gegenüber dem US-Portal "The Drive" an, dass die USA mehr ATACMS an die Ukraine liefern könnten, sobald sich der Bestand der PrSMs vergrößere.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa und AFP
  • thedrive.com: "Decision To Give ATACMS To Ukraine Is About To Become Easier" (englisch)
  • kyivpost.com: "ATACMS – What They Are and Why Ukraine Wants Them So Badly" (englisch)
  • fdd.org: "Ukraine Might Finally Get ATACMS. Here’s What That Means" (englisch)
  • twitter.com: "Tweet von @ColbyBadhwar"
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