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Ukraine-Krieg | Berichte von Kastrationen und Folter: "Szenen aus der Hölle"


Psychologin berichtet
Dann erzählen sie, dass die Russen sie mit einem Messer kastrierten

Von t-online, cc

Aktualisiert am 19.06.2023Lesedauer: 4 Min.
Ein ukrainischer Soldat bei einer Übung im Mai 2023.Vergrößern des Bildes
Ein ukrainischer Soldat bei einer Übung im Mai 2023. (Quelle: REUTERS/Gleb Garanich)
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Eine Psychologin erzählt von den Qualen der Folter, die ukrainische Soldaten in russischer Gefangenschaft erlitten hätten. Die Schilderungen sind extrem grausam.

Warnung: In diesem Artikel geht es unter anderem um die Erfahrung schwerer körperlicher Gewaltanwendung und Folter. Falls Sie sensible Thematiken (z. B. Gewalt, Depression, Suizid, Trauma) besonders belasten, lesen Sie den Artikel bitte nicht weiter.

Erst vor wenigen Tagen erneuerten die Vereinten Nationen (UN) ihre Foltervorwürfe gegen das russische Militär. Demnach soll es in den von Russland besetzten Gebieten zu weitverbreitetem, also systematischem Einsatz von Elektroschocks und Scheinhinrichtungen an ukrainischen Soldaten, aber auch Zivilisten durch die Besatzungstruppen kommen. Die Anschuldigungen teilten die UN-Experten in Genf der russischen Regierung sogar schriftlich mit und verwiesen darauf, dass die grausamen Gewaltpraktiken vom russischen Staat mindestens geduldet, wenn nicht angeordnet würden.

Der Kreml weist solche Vorwürfe in der Regel umgehend zurück. Dass es im Ukraine-Krieg immer wieder zu schwersten Gewaltverbrechen mutmaßlich durch russische Militärangehörige kommt, ist nicht erst seit den Massenmorden an Zivilisten in Butscha, Irpin, Hostomel oder Borodjanka belegt. Auch tauchen immer wieder Berichte von ukrainischen Soldaten auf, die von ihrer Zeit als russische Kriegsgefangene schier Unglaubliches erzählen.

Antschelika Jatsenko arbeitet als Psychologin in der zentralukrainischen Stadt Poltawa. Die 41-Jährige hat im Laufe ihres Berufslebens schon einiges erlebt, wie sie nun der britischen "The Sunday Times" berichtete. Doch was ihr zwei ehemalige ukrainische Soldaten erzählt hätten, habe selbst ihr Vorstellungsvermögen überstiegen. "Ich hatte noch nie etwas so Schreckliches gehört. Ich musste ins Bad gehen und habe geweint."

"Sie werden nie sexuell aktiv sein"

Im Behandlungszimmer der Psychologin hätten zwei ukrainische Soldaten gesessen, der eine 25, der andere 28 Jahre alt. Sie erzählten laut Jatsenko davon, wie sie von russischen Soldaten gefangen genommen worden seien und einen beziehungsweise drei Monate in Haft bleiben mussten. Während dieser Zeit seien sie fürchterlich verprügelt worden. Dann hätten sie berichtet, dass die Russen sie mit einem Messer kastrierten.

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"Einer der beiden sagte zu mir: 'Ich weiß gar nicht, wieso ich noch am Leben bin. Da war so viel Blut, ich dachte, ich sterbe an einer Blutvergiftung.'" Beide Männer seien suizidgefährdet, sagt Poltawa der "Times". Der Jüngere habe bereits einen Suizidversuch unternommen.

Die Psychologin betont, dass die Opfer der schweren Folter nicht nur mit den körperlichen Folgen leben müssten. Auch die psychischen Auswirkungen seien enorm. "Stellen Sie sich vor, das sind junge Männer, die ihr Sexualleben noch vor sich haben. Und dann ist es innerhalb von einer Sekunde vorbei. Sie fühlen immer noch etwas, auch die Hormone sind ja noch da, aber können nichts tun. Sie werden nie sexuell aktiv sein. Für einen Mann ist es das Schlimmste, das passieren kann."

Dann holt einer der Soldaten ein Teppichmesser hervor

Immer wieder tauchen Bilder auf, die von der Grausamkeit des russischen Militärs und russischer Söldnertruppen zeugen. So publizierten russische Telegramkanäle im Juli 2022 ein Video, auf dem die Folter und Ermordung eines ukrainischen Kriegsgefangenen zu sehen ist. Die renommierte politische Fachzeitschrift "Foreign Policy" beschrieb die Bilder als "Szenen aus der Hölle".

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Der Gefangene aus dem Video wird zunächst von offenbar betrunkenen russischen Soldaten geknebelt und ausgezogen, seine Hände sind auf dem Rücken gefesselt. Dann holt einer der Soldaten ein Teppichmesser hervor und trennt dem Mann die Genitalien ab. In einem zweiten Video ist zu sehen, wie der Gefangene erschossen zu einem Grab geschleift wird. Die Soldaten, die das Verbrechen begehen, stehen neben einem Wagen mit dem "Z"-Symbol, einem Zeichen für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

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Die ukrainische Regierung, aber auch die unabhängige Investigativplattform Bellingcat schätzten das Video als "wahrscheinlich echt" ein. Ukrainische Twitter-Accounts wollten den Mann, der die Kastration durchführte, als Söldner entweder der Gruppe "Wagner" oder als Mitglied der tschetschenischen "Achmat"-Brigade erkannt haben. Beide Milizen rühmen sich ihrer besonderen Grausamkeit. So veröffentlichte die "Wagner"-Gruppe etwa ein Video, in dem einem Deserteur mit einem Vorschlaghammer der Schädel zertrümmert wird.

UN sprechen von Praktiken der Bestrafung

Solche Gewaltexzesse dienen zum einen den sadistischen Umtrieben einzelner Soldaten, zum anderen der Abschreckung, wie Psychologin Jatsenko sagt. Gerade durch die Demütigung der Kastration sei die "Würde der Männer so schwer verletzt worden, dass sie (dieses Trauma) vermutlich nie verarbeiten können. Die Russen sagten ihnen. 'Wir tun euch das an, damit ihr nie Kinder haben könnt.'" Der Akt der Kastration wird so zu einem Symbol der Auslöschung der ukrainischen Nation und ihrer Menschen. Einer Nation, der der russische Machthaber Putin das Existenzrecht abspricht.

Die UN gehen bei anderen Folterpraktiken hingegen davon aus, dass damit Geständnisse erzwungen und angebliche Unterstützung der ukrainischen Truppen geahndet werden sollen. Während zuvor gegen die ukrainische Seite ebenfalls Vorwürfe der Folter erhoben worden waren, nehmen die UN-Experten beim russischen Militär an, dass die Gewalt vom russischen Staat mindestens geduldet oder auch angeordnet wird.

Hinweis: Falls Sie viel über den eigenen Tod nachdenken oder sich um einen Mitmenschen sorgen, finden Sie hier sofort und anonym Hilfe.

Verwendete Quellen
  • washingtonpost.com: "‘Horrific’ video apparently showing castration of Ukrainian fighter condemned" (Englisch)
  • cbc.ca. "Among the ruins of Borodyanka, prosecutors are investigating 400 war crime accusations" (Englisch)
  • foreignpolicy.com: "Analysis. Scenes From Hell" (Englisch)
  • tagblatt.ch: "War Butscha nur der Anfang? In Borodjanka könnte es zum schlimmsten Massaker an Zivilisten gekommen sein"
  • tagesschau.de: "Krieg gegen die Ukraine: UN-Experten werfen Russlands Militär Folter vor"
  • thetimes.co.uk: "She thought she was unshockable, then two castrated Ukrainian soldiers arrived" (Englisch)
  • news.com: "‘Sickening’ video shows gagged Ukrainian POW being castrated" (Englisch)
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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