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Ukraine-Krieg: Wie bedrohlich sind Russlands Fortschritte in Soledar?


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Russen auf dem Vormarsch
Warum Soledar der Ukraine das Genick brechen könnte


Aktualisiert am 11.01.2023Lesedauer: 4 Min.
Ukrainische Soldaten unter Druck: Die Lage in ostukrainischen Soledar spitzt sich weiter zu (Quelle: Glomex)
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An Bachmut beißen sich die Russen seit Monaten die Zähne aus, doch in einer Salzmine weiter nördlich droht der Ukraine eine schmerzhafte Niederlage. Wie schlimm ist es, wenn Soledar fällt?

Russische Truppen sind auf dem Vormarsch in der Ostukraine. In Soledar, einer Kleinstadt mit den größten Salzminen der Region, finden derzeit "schwere Kämpfe" statt, warnt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Es gebe dort "fast kein Leben" mehr, "keine intakte Wand", so schlimm sei es in Soledar, so der Präsident. Seit Wochen greifen russische Verbände und die kremltreue Söldnertruppe "Wagner" dort ununterbrochen an, kontrollieren mittlerweile weite Teile der Stadt.

Für die ukrainische Armee wäre ein russischer Sieg in Soledar schmerzhaft. Denn die Kleinstadt mit ihren ehemals 10.000 Einwohnern ist ein entscheidender Hebel, um ein wichtiges operatives Ziel der Russen im Donbass zu erreichen: die Einnahme von Bachmut, wo die russische Armee seit Monaten gegen eine Wand rennt und Tausende Soldaten verliert.

Doch ist Soledar für die Ukraine bereits verloren? Wie wichtig sind die ukrainischen Nachschublinien westlich der Stadt? Und droht bald auch der Fall der strategisch wichtigen Stadt Bachmut? Der Überblick.

Was passiert gerade in Soledar?

In Soledar in der Ostukraine bekämpfen sich russische und ukrainische Truppen derzeit in einem blutigen Häuserkampf. Die russische Armee, unterstützt von "Wagner"-Söldnern, soll bereits den Großteil des Ortes kontrollieren. Das berichteten das britische Verteidigungsministerium und ukrainische Kriegsblogger am Dienstag. Auch Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eingeräumt, dass die Lage in Soledar derzeit "sehr schwierig" sei, und spricht von einem "russischen Großangriff" auf die Kleinstadt.

Russische Truppen sollen mittlerweile auch die Salzmine in der Stadtmitte eingenommen haben. Ein Video im Netz soll zeigen, wie ein ukrainischer Panzer den zentralen Minenschacht in Soledar verteidigt.

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Wie ist die militärische Lage?

Ukrainische Soldaten berichteten auf Telegram, dass russische Generäle oft schlecht ausgebildete Rekruten in die Schlacht schickten, um die ukrainischen Verteidigungslinien zu stürmen. Das führe zu hohen Verlusten auf beiden Seiten. Vor allem die Söldner der berüchtigten "Wagner"-Einheit sollen äußerst brutal vorgehen.

Letztere untersteht dem Putin-Vertrauten Jewgeni Prigoschin, der besonderes Interesse an den Salzvorkommen von Soledar haben soll. Prigoschin behauptet, dass ausschließlich "Wagner"-Söldner in Soledar kämpfen, keine regulären russischen Soldaten. Ob das stimmt, lässt sich kaum verifizieren.

In Soledar sollen die Russen am Montag laut der stellvertretenden ukrainischen Verteidigungsministerin Anna Maljar massiv Artillerie, Mehrfachraketenwerfer und Mörser eingesetzt haben. Auch russische Luftlandestruppen sollen involviert sein.

Um die Kleinstadt zu retten, hat der ukrainische Präsident angekündigt, zusätzliche Einheiten und mehr Material an die Front zu schicken. Doch wie der ukrainische Journalist Yuriy Butusow berichtet, versucht Russland gerade mit aller Macht, die ukrainischen Versorgungslinien westlich von Soledar zu erreichen, um die Verteidiger vom Nachschub abzuschneiden. Sollte das gelingen, wäre das ein bitterer Schlag für die ukrainischen Verbände der Region.

Auch das Wetter spielt eine Rolle – für beide Seiten: Derzeit herrschen Temperaturen von um die minus 18 Grad. Bei dieser Kälte sind sowohl die Angreifer als auch die Verteidiger stark abhängig von ihren Versorgungslinien. Umso wichtiger ist es für die Ukraine, die Nachschubroute bei Soledar zu sichern.

Warum ist Soledar so wichtig?

Soledar liegt nur 15 Kilometer von Bachmut entfernt. Beide Städte sind Bestandteile eines ukrainischen Verteidigungswalls, der den Ballungsraum zwischen Slowjansk und Kramatorsk umschließt. Kramatorsk ist das wichtigste Industriezentrum im Osten des Landes, auch das Hauptquartier der ukrainischen Streitkräfte im Donbass befindet sich dort.

Der russische Vorstoß nach Soledar ist laut britischem Verteidigungsministerium der Versuch, Bachmut von Norden her einzuschließen und den ukrainischen Nachschub zu unterbrechen.

"Wagner"-Chef Prigoschin begründete zudem die Beharrlichkeit, mit der Soledar und Bachmut angegriffen werden, mit dem dortigen "unterirdischen Minensystem". In den tiefen und weitverzweigten Tunneln unter den beiden Städten könnten angeblich auch Panzer fahren – womöglich sogar hinter die Linien der Ukrainer. Mehr dazu lesen Sie hier.

Zentrales russisches Kriegsziel

In Bachmut versuchen russische Kräfte schon seit Monaten, die ukrainischen Verteidigungslinien zu stürmen. Die Kleinstadt, aus der mittlerweile viele der im Jahr 2020 noch knapp 74.000 gezählten Einwohnerinnen und Einwohner geflohen sind, ist ein wichtiges operatives Ziel der russischen Armee: Denn ist Bachmut erst mal eingenommen, haben Putins Truppen es leichter, eines der zentralen Kriegsziele zu erreichen: den Donbass vollständig zu erobern.

Der Donbass ist für die Ukraine wirtschaftlich enorm wichtig, vor allem wegen seiner Rohstoffe und Bergbauindustrie. Etwa 6,5 Millionen Menschen lebten dort vor Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022. Russland hat die beiden Verwaltungseinheiten des Donbass, Donezk und Luhansk, neben Cherson und Saporischschja im vergangenen September völkerrechtswidrig annektiert – und das, obwohl große Teile des Donbass noch ukrainisch kontrolliert sind. Nun versucht es Moskau mit der Brechstange.

Wie wahrscheinlich ist die Einnahme von Bachmut?

Die Kämpfe um Bachmut gehen derweil weiter. Am Sonntag war die Ukraine gezwungen, Pidhorodne aufzugeben, einen kleinen Ort kurz vor Bachmut. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich trotz der russischen Vorstöße zuversichtlich, dass Bachmut nicht fallen werde. Auch das britische Verteidigungsministerium geht nicht von einer baldigen russischen Einnahme aus. Die ukrainischen Streitkräfte hätten stabile Verteidigungsstellungen aufgebaut und kontrollierten weiter kritische Versorgungswege, hieß es in London.

Doch ein ukrainischer Erfolg in der Region wird vor allem davon abhängen, wie viele Waffen die Ukraine einsetzen kann – und zeitnah geliefert bekommt, auch von westlichen Verbündeten.

Verwendete Quellen
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