Söldnerchef: "Das Sahnehäubchen" Deswegen will Prigoschin angeblich Bachmut einnehmen
In Bachmut wird seit Monaten erbittert gekämpft. Der Chef der dort aktiven Wagner-Söldner erklärte jetzt, warum er die Stadt einnehmen wolle.
Der Gründer der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat den erbitterten Vorstoß zur Einnahme der ukrainischen Kleinstadt Bachmut mit riesigen Tunnelsystemen dort begründet, in denen Truppen und Panzer Unterschlupf finden könnten. "Das Sahnehäubchen obendrauf ist das Minensystem von Soledar und Bachmut, das eigentlich ein Netz unterirdischer Städte ist", erklärte Prigoschin am Samstag über Telegram. "Es kann nicht nur eine große Gruppe von Menschen in einer Tiefe von 80 bis 100 Metern aufnehmen, sondern auch Panzer und Schützenpanzer können sich darin bewegen", so der russische Unternehmer weiter.
Seit dem Ersten Weltkrieg würden in diesen Tunneln Waffen gelagert. Bachmut sei ein wichtiges Logistik-Zentrum mit einzigartigen Verteidigungsstellungen. Die Frage stellt sich allerdings, was genau Prigoschin mit den Tunneln anstellen will. Der Hinweis auf die Verteidigungsanlagen könnte bedeuten, dass er mit einem längeren Kampf um die Stadt und die Region rechnet und seine Truppen in Bachmut schützen will.
Weiter Rätselraten um Prigoschins Motive
Die russische Armee und die Wagner-Gruppe versuchen seit fünf Monaten, Bachmut im Osten der Ukraine einzunehmen. Einige westliche Militärexperten haben sich darüber verwundert gezeigt angesichts schwerer russischer Verluste sowie der Tatsache, dass die ukrainischen Streitkräfte sich bei einem russischen Sieg in nahe gelegene, neue Verteidigungsstellungen zurückziehen könnten.
Demnach würde es sich um einen Pyrrhussieg handeln. Aus US-Kreisen war am Donnerstag verlautet, Prigoschin wolle aus kommerziellen Gründen die Kontrolle über die Salz- und Gipsminen in der Region übernehmen. Das wäre aber erst möglich, wenn Russland die tatsächliche Kontrolle über die Region hat. Außerdem hat es durch die Angriffe erhebliche Zerstörungen in Bachmut gegeben. Unklar ist, ob dabei auch die Bergbauanlagen betroffen wurden.
Zuvor hatte der pensionierte US‑Generalleutnant Ben Hodges, früher als kommandierender US‑General in Europa stationiert, im Gespräch mit "Newsweek" eine andere Vermutung zur russischen Bachmut-Beharrlichkeit geäußert: Prigoschins Glaubwürdigkeit hänge maßgeblich davon ab. Seien seine Kämpfer gezwungen, sich aus Bachmut zurückzuziehen, wäre dies ein "Schlag" für Prigoschins Prestige und würde den Russen insgesamt "psychologisch" schaden.
Prigoschin trat zuletzt immer selbstbewusster und offensiver auf. Fast täglich kommentiert der 61-Jährige das Kriegsgeschehen und äußert dabei auch deutliche Kritik an der russischen Kriegsführung. Experten werten seinen wachsenden Einfluss auch als ein Anzeichen für einen Kontrollverlust Putins.
Bachmut wird von russischer Seite Artjomowsk genannt. Bekannt ist, dass sich in der Region ein Tunnelsystem von Bergwerken über mehr als 160 Kilometern erstreckt. Zu Friedenszeiten wurden in einem großen unterirdischen Saal Konzerte und Fußballspiele abgehalten.
- Nachrichtenagentur rtr