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US-Wirtschaft im Tief: Dahinter könnte ein größerer Plan von Trump stecken


Tagesanbruch
Das kann brenzlig werden

  • David Schafbuch
MeinungVon David Schafbuch

Aktualisiert am 14.03.2025 - 07:34 UhrLesedauer: 7 Min.
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Donald Trump: Steuert die USA auf eine Rezession hin? (Quelle: ap)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

haben Sie bei Ihrem letzten Besuch im Supermarkt ein paar Eier gekauft? Falls ja: Wissen Sie auch noch, wie viel sie für den Karton bezahlt haben? Vermutlich lag der Preis irgendwo zwischen zwei und vier Euro.

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In den USA müssen die Menschen für Eier tiefer in die Tasche greifen. Das liegt mittlerweile auch daran, dass aufgrund der Vogelgrippe ein Engpass herrscht. Allerdings ist der Preis für einen Karton Eier in den vergangenen Monaten der Inflation in den USA zum Sinnbild von explodierenden Preisen geworden. Im Februar zahlten die Amerikaner laut offiziellen Statistiken im Schnitt für zwölf Eier umgerechnet etwa 5,40 Euro.

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Die hohen Preise, nicht nur für Eier, sind ein Merkmal für eine drohende US-Wirtschaftskrise. US-Präsident Donald Trump wirft mit Strafzöllen gegen andere Länder nur so um sich und hat sich dafür schon die ein oder andere Retourkutsche eingefangen. Dadurch verteuern sich Waren in den USA zusätzlich. Auch das Konsumklima geht zurück, die Börsenkurse sind im Sinkflug, die Arbeitslosenquote steigt – und das nicht nur, weil Elon Musk reihenweise Beamte aus den Behörden wirft.

Eine US-Wirtschaftskrise scheint möglich, und sie hat bereits einen Namen: "Trumpcession" – also eine Rezession, die Donald Trump zu verdanken ist.

Die wirtschaftliche Situation der USA kann sich für den vermeintlichen Businessexperten Trump zu einem brenzligen Thema entwickeln. Die US-Regierung könnte sich schon an einer entscheidenden Weggabelung befinden: Es kommt jetzt darauf an, für welche Richtung sich Trump entscheidet. Denn die Lage der Wirtschaft prägt maßgeblich, wie die Amtszeit eines Präsidenten bewertet wird.

Trumps Wahlkampf war im vergangenen Jahr von zwei Versprechen geprägt: sichere Grenzen und eine brummende Wirtschaft. Statistiken zeigen, dass sich viele Wähler aus wirtschaftlichen Gründen für den Republikaner entschieden hatten: Trump sollte für sie Inflation, Energiepreise oder Steuern drücken. Der 78-Jährige und seine Gefolgsleute versprachen auch mantraartig, genau das zu tun und das Land in ein "goldenes Zeitalter" zu führen.

Davon ist noch nichts zu sehen, im Gegenteil: Trumps eigene Politik hat die Schieflage mit angefacht, allen voran seine erratische Zollpolitik. Dabei waren die Vorzeichen noch vor wenigen Monaten alles andere als schlecht: Unter Trumps Vorgänger Joe Biden war die Inflation gesunken, der Arbeitsmarkt entwickelte sich nach den schweren Coronajahren positiv, eine Wirtschaftskrise galt bei den Finanzanalysten als unwahrscheinlich.

Entscheidend wird nun sein, wie Trump auf die drohende Wirtschaftskrise reagiert. Drei Optionen zeichnen sich ab.

Option eins wäre, dass er wirtschaftspolitisch abrüstet. Deals anzubieten, statt sie anderen aufzuzwingen; berechenbarer zu sein, statt ständig mit Zöllen zu drohen oder sie plötzlich auch wieder zurückzunehmen: Das würden sich nicht nur seine (einstigen) westlichen Verbündeten wünschen, sondern auch die Analysten an den Börsen und damit viele Unternehmen.

Wahrscheinlich ist das allerdings nicht. Trumps jüngste Äußerungen lassen vermuten, dass er den entgegengesetzten Weg einschlagen wird: Auf die jüngsten Gegenzölle, die die EU-Kommission verkündet hat, will Trump jetzt mit weiteren Zöllen reagieren. Weil künftig 50 Prozent Zusatzzölle für Whisky aus den USA in den EU-Staaten gelten sollen, drohte Trump gestern mit 200-Prozent-Aufschlägen auf europäischen Wein oder Champagner.

Option zwei: Er schlägt einen noch radikaleren Weg ein. Wer Trump verstehen will, sollte Howard Lutnick zuhören. Der US-Handelsminister träumt von einem Land, das ohne Einkommensteuer funktioniert, größtenteils auf einheimische Produkte setzt und sich ansonsten über Zölle finanziert, schreibt unser US-Korrespondent Bastian Brauns.

Man muss nicht Volkswirtschaft studiert haben, um zu wissen, dass Lutnicks Ideen mit der wirtschaftlichen Realität kaum etwas zu tun haben. Die Trump-Regierung wird die Globalisierung nicht mehr zurückdrehen können. Niemand kann heute Produkte wie Autos oder Computer ausschließlich in und mit Rohstoffen aus dem eigenen Land produzieren, auch nicht die USA. Wer sich aber mit den radikalen Ansichten von Lutnick beschäftigt, versteht besser, warum sich Trump möglicherweise so sehr für Grönland interessiert, unter dessen Eis noch viele Rohstoffe vermutet werden.

Der "größere Plan", den die Trump-Regierung also wirtschaftlich verfolgen könnte, ist mehr als gewagt. Sollte diese Radikalkur nicht wirken und die Wirtschaft weiter abrutschen, wird auch Trump auf Dauer nicht die Augen vor der Realität verschließen können. Der Zeitpunkt dürfte spätestens dann gekommen sein, wenn der Unmut innerhalb seiner eigenen Wählerschaft steigt.

Option drei wäre daher ein Zwischenweg. Wie dieser aussieht, konnte man schon in Trumps erster Amtszeit erkennen. Läuft es nicht, sucht sich Trump gerne einen Schuldigen in seinem Stab und setzt ihn kurzerhand vor die Tür. Die Liste der Entlassenen ist lang: Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Namen von Beratern wie Steve Bannon und John Bolton oder den ehemaligen Außenminister Rex Tillerson.

Lutnick wäre in gewisser Weise das perfekte Bauernopfer. Als Handelsminister ist er wichtig genug, um zu zeigen, dass Trump auf die äußeren Umstände reagiert. Gleichzeitig gilt er als äußerst loyal und würde wohl selbst bei einer Entlassung kein böses Wort über Trump verlieren. An den inhaltlichen Zielen dürfte sich freilich nichts ändern: Schließlich duldet Trump in seinem inneren Zirkel nur absolute Loyalität und Gehorsamkeit. Oder anders gesagt: Im Umfeld des Präsidenten kann jeder das machen, was Trump will.

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Dementsprechend wäre eine Entlassung von Lutnick wohl nichts weiter als ein Strohfeuer. Für mehr Aufsehen würde da sicher die Trennung von einer anderen Personalie sorgen. "Die letzte Option ist es für Trump, Elon Musk zu feuern", sagte mir in dieser Woche der US-Analyst Julius van de Laar. Musks radikale Kürzungen im Haushalt und den Behörden gelten ebenfalls als eine Triebfeder der schlingernden US-Wirtschaft.

Vielleicht käme Musk der Rauswurf sogar gelegen. Denn auch sein Autokonzern Tesla hat nach einem zwischenzeitlichen Allzeithoch mit Problemen zu kämpfen – und Musk räumte mittlerweile ein, dass die Doppelbelastung als Firmenboss und Trump-Berater ihm Schwierigkeiten bereite.

Ob Trump aber, nachdem er ein mögliches Bauernopfer abserviert hat, auch seine Wirtschaftspolitik ändert, das wird die alles entscheidende Frage sein.


Der Weg bleibt lang, die Zeit wird knapp

Union und SPD wollen zusammen regieren und vorher noch das Grundgesetz mithilfe der Grünen ändern. Diese Versuchsanordnung ist gewagt, das wurde auch gestern wieder im Bundestag deutlich.

Union und SPD machten im Plenum dafür ein Angebot. Mehr Spielraum beim Aussetzen der Schuldenbremse, das Sondervermögen soll auch für den Klimaschutz genutzt werden und die Grünen sollen dabei auch mitreden können, selbst wenn sie später nicht in der Regierung sitzen. "Was wollen Sie eigentlich in so kurzer Zeit noch mehr?", fragte etwa CDU-Chef Friedrich Merz im Plenarsaal in Richtung der Grünen-Fraktion.

Die Angebote scheinen in Teilen der Partei Anklang zu finden, in anderen dagegen nicht. "Ich kann das gar nicht ernst nehmen", sagte etwa Grünen-Politiker Sven-Christian Kindler meinem Kollegen Johannes Bebermeier. Bis zur kommenden Woche hat Schwarz-Rot noch Zeit, die Charmeoffensive fortzusetzen. Das ist nicht mehr viel Zeit, um die Grünen zu überzeugen – vor allem angesichts der monatelangen verbalen Prügel, die viele Unions-Politiker gegen sie ausgeteilt haben. Gelingt es ihnen nicht, könnten auch die Koalitionsverhandlungen, die gestern offiziell begonnen haben, schlimmstenfalls nichts mehr wert sein.


Er hat nichts gegen Frieden, aber...

Wladimir Putin trägt neuerdings Militärkluft. Was Donald Trump zu der Garderobe des russischen Präsidenten sagt, wissen wir (noch) nicht, anders als beim ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Allerdings wissen wir, was Donald Trump von der ersten Reaktion aus Moskau auf den Friedensplan der USA und der Ukraine hält: "Gute Signale" bekomme man von dort, sagte Trump gestern beim Besuch von Nato-Generalsekretär Mark Rutte in Washington.

Putin strahlte vorher bei einer Pressekonferenz folgende Signale aus: Frieden sei schon gut, doch statt einer Feuerpause müsse er "langfristig" sein und man müsse die "ursprünglichen Ursachen" des Krieges aus dem Weg räumen. Eine Feuerpause, wie sie die USA und die Ukraine vorschlagen, sieht er dagegen skeptisch. Auch westliche Soldaten zur Friedenssicherung hatte Putins Außenministerium gestern erneut kategorisch ausgeschlossen.

Die ursprünglichen Ursachen des Kriegs könnte Putin eigentlich schnell beenden. Russland zieht seine Soldaten aus der Ukraine ab und der Krieg ist vorbei. Doch für Putin sind mit "ursprünglichen Ursachen" andere Dinge gemeint: Die Ukraine soll abrüsten, niemals der Nato beitreten, die bisher verlorenen Gebiete abtreten und somit weitgehend wehrlos werden.

Zusammengefasst will Putin weiterhin von keinem seiner Kriegsziele abweichen. Gute Signale klingen anders. Sollte Trump es ernst mit seinen Friedensforderungen meinen, wäre langsam der Zeitpunkt gekommen, den Druck auf Russland zu erhöhen.


Ohrenschmaus

Der Streamingdienst meines Vertrauens schlug mir gestern dieses Lied auf dem Weg zur Arbeit vor: Vielleicht gefällt es Ihnen ja genauso gut wie mir.


Was steht an?

Entwicklung bei Treibhausgasen: Wie viele Treibhausgase wurden im vergangenen Jahr in die Luft geblasen und wie könnte sich das bis 2030 entwickeln? Darüber informiert Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck.


G7-Gipfel endet: Am Freitag endet das Treffen der Außenminister in Kanada und damit die vermutlich letzte große Auslandsreise von Annalena Baerbock als Ministerin. Unser Kollege Patrick Diekmann berichtet von dort.


Was von Corona bleibt: Was hat die Pandemie in der Gesellschaft ausgelöst? Darüber diskutiert Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Vertretern aus Medizin, Wirtschaft, Schulen und Kultur.


Nächste Runde bei Tarifverhandlungen: In Potsdam sprechen Vertreter des öffentlichen Dienstes erneut mit Bund und Kommunen. Parallel dazu streiken viele Beschäftigte in Brandenburg.


Lesetipps

Europa befindet sich in Gefahr: Die USA wenden sich ab, Russland ist aggressiv. Der Politologe Herfried Münkler hat meinem Kollegen Marc von Lüpke erklärt, was jetzt getan werden muss.


Nach Beginn der Koalitionsverhandlungen stellt sich immer mehr die Frage, wer die künftigen Bundesminister sein könnten. Meine Kollegin Sara Sievert hat sich umgehört, wer für die Posten in Frage kommen könnte.


Papst Franziskus befindet sich nach offiziellen Angaben auf dem Weg der Besserung. Meine Kollegin Ellen Ivits hat mit dem Vatikan-Kenner Marco Politi darüber gesprochen, in welchem Zustand sich die katholische Kirche nach 12 Jahren unter Franziskus befindet.


Joshua Kimmich hat sich mit seiner Vertragsverlängerung beim FC Bayern München lange Zeit gelassen. Die Posse lässt nur Verlierer zurück, meint unser Bayern-Reporter Julian Buhl.


Und noch eine Empfehlung in eigener Sache: Seit dem 10. März 2025 gibt es eine neue Möglichkeit, den perfekten Job oder den idealen Mitarbeiter zu finden. t-online startet eine eigene Jobbörse unter t-online.jobs. Schauen Sie doch mal rein.


Zum Schluss

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Freitag und einen guten Start in das Wochenende. Am Samstag begrüßt meine Kollegin Lisa Raphael im Tagesanbruch-Podcast den CDU-Politiker Roderich Kiesewetter und meinen Kollegen Patrick Diekmann.

Herzliche Grüße

Ihr

David Schafbuch
Stellvertretender Ressortleiter Politik & Wirtschaft
Bluesky: @Schubfach.bsky.social

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Mit Material von dpa.

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