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Taurus gegen Storm Shadow: Ein Waffen-Ringtausch wäre heikel


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Tagesanbruch
Taurus: Löst ein Trick das Problem?

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 14.03.2024Lesedauer: 6 Min.
Taurus-Marschflugkörper im Anflug.Vergrößern des Bildes
Taurus-Marschflugkörper im Anflug. (Quelle: IMAGO/Westlight)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

seit Monaten tobt hierzulande ein nervenzehrender Streit über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Für den Fall, dass irgendjemand in der Republik von der Diskussion noch nicht die Nase voll haben sollte, geht es heute im Bundestag in die nächste Runde: Auf Antrag von CDU und CSU soll das Parlament den Kanzler auffordern, Taurus-Exemplare an die Ukraine zu liefern. Man darf markige Sprüche und das übliche Dauerfeuer verkürzter Argumente erwarten, die wir alle schon x-mal gehört haben. In der Sache dürfte sich durch die Abstimmung aber nicht viel ändern, denn die Entscheidung liegt bei Olaf Scholz, nicht bei den Abgeordneten.

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Dass der Kanzler seine Festlegung über den Haufen wirft und den überschaubaren Rest seiner Autorität gleich mit, ist nicht zu erwarten. Anders als in der Vergangenheit – bei Schützenpanzern oder Leoparden, die nach langem Hin und Her schließlich doch geliefert wurden –, wartet Scholz diesmal nicht darauf, dass andere Nationen mitziehen. Sein Nein beim Taurus hat mit den besonderen Risiken des Marschflugkörpers zu tun und scheint nicht zögerlicher Salamitaktik, sondern einer Grundsatzentscheidung zu entspringen. Wie regelmäßige Leser des Tagesanbruchs wissen, halten auch wir in der Redaktionsleitung von t-online diese Entscheidung für richtig. Falls Sie noch nicht überzeugt sein sollten, hat mein Kollege Christoph Schwennicke weitere Argumente im Köcher: voilà.

Wer allerdings glaubt, im Anschluss an die Bundestagsdebatte würden wir die Endlosdiskussion endlich hinter uns lassen, den muss ich enttäuschen. Das neue Debattenschlagwort lautet Ringtausch. Wenn der Taurus schon nicht zu den Ukrainern darf, warum sollen nicht wenigstens unsere verbündeten Briten ihn bekommen? Die könnten dann im nächsten Schritt eigene, andere Marschflugkörper an die Ukraine weiterreichen. Ein Ringtausch also. Problem gelöst, machen wir. Oder?

Bevor an dieser Stelle der Debatte wieder das "Ganz klar!"- oder "Völlig falsch!"-Gezeter losgeht, möchte ich Ihnen ein Geständnis machen: Ich habe keine Ahnung, ob der Ringtausch eine gute Idee ist oder nicht. Und ich möchte Ihnen das erklären.

Die Briten liefern ihren eigenen Marschflugkörper Storm Shadow schon seit dem vergangenen Sommer an die Ukraine. Um den Einsatz zu ermöglichen, sind inoffiziell britische Soldaten vor Ort. Eigentlich ist das geheim, wenn auch mittlerweile nur noch auf dem Papier. Ein Nebeneffekt der militärischen Mini-Präsenz ist: Die Soldaten ihrer Majestät schauen den Ukrainern beim Verschießen der gefährlichen Waffen auf die Finger. Die Bundeswehr jedoch kann so nicht vorgehen, denn der Bundestag müsste einem solchen Einsatz zustimmen. Statt einer geheimen Mission, deren Existenz man nach Bedarf abstreiten oder wenigstens unkommentiert lassen könnte wie die Briten, hätte man hierzulande einen hochoffiziellen Vorgang am Hals. Aktenkundig. Öffentlich. Das geht nicht.

Die Briten müssen sich jedoch mit einem anderen Problem herumschlagen, früher oder später jedenfalls: Ihre Bestände des Storm Shadow sind endlich. Irgendwann ist deshalb Ende Gelände für die Lieferungen an die Ukraine. Wäre es also nicht eine gute Lösung, dass die Bundeswehr einen Teil ihrer Taurus-Bestände an die Briten weitergibt? Die könnten dann aufatmen und der Ukraine problemlos weitere Storm-Shadow-Flugkörper überlassen.

Der Haken an der Sache ist, dass der aktuelle Bestand des Storm Shadow der Geheimhaltung unterliegt. Stapeln sich in den Munitionslagern nur noch so wenige Exemplare, dass es kritisch ist? Könnte die Royal Air Force ab der nächsten oder übernächsten Lieferung ihre Verpflichtungen in der Nato nicht mehr erfüllen? Ja, dann öffnet der Ringtausch neue Türen zur Unterstützung der Ukraine. Aber eben nur dann.

Schmelzen die britischen Bestände jedoch einfach nur ab, ohne dass sich die Lager vollständig leeren, bekommen die Insulaner den Storm-Shadow-Transfer auch allein hin. Verteidigungsminister Grant Shapps dürfte sich trotzdem herzlich für eine deutsche Taurus-Schenkung bedanken. Bei ihm ist nämlich Ebbe in der Kasse. Der Brexit, Sie wissen schon. Die Hilfe für die Ukraine geht auch ins Geld. Wenn man das gespendete Material nicht teuer nachkaufen müsste, weil die lieben Germans zu Hause ein paar political problems haben und bei denen das Taurus-Thema vom Tisch muss – wie wäre dann ein Ringtausch? Fabulous! Let's do it!

Ob der Ringtausch also dringend benötigte Hilfe für die Ukraine freisetzt oder bloß dem Schatzmeister seiner Majestät die Ukraine-Hilfe subventioniert, lässt sich ohne Zugang zu geheimen Informationen nicht sagen. Wir Normalo-Zivilisten sind darauf angewiesen, dass Spitzenpolitiker in der Bundesregierung und der Opposition beim Ringtausch nicht mit Halbwahrheiten, tendenziösen Verkürzungen und Pseudo-Argumenten herumwedeln, wie es in der Taurus-Debatte bisher leider der Fall ist. Denn die entscheidenden Fakten lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Was es deshalb braucht, ist vor allem eines: eine verantwortlich geführte Debatte, ohne Augenwischerei und Jagd nach billigen politischen Punkten.


Stoppschild für die Präsidentin

Die EU-Kommissionspräsidentin weilt heute auf den Färöer Inseln. Dort will Ursula von der Leyen mit Ministerpräsident Aksel Vilhelmsson Johannesen die Zusammenarbeit in Sachen Nachhaltigkeit und Klimawandel vertiefen. Derweil braut sich auf dem Kontinent Ungemach für die frisch gekürte EVP-Spitzenkandidatin bei der Europawahl zusammen: Nachdem sich der Rechtsausschuss des EU-Parlaments mit großer Mehrheit für eine Klage gegen die EU-Kommission ausgesprochen hat, unterrichtet heute Parlamentspräsidentin Roberta Metsola die Fraktionsvorsitzenden über das Votum. Stimmen sie zu (womit zu rechnen ist), kann die Klage vor den Europäischen Gerichtshof gebracht werden.

Es geht um Fördermittel in Höhe von zehn Milliarden Euro an Ungarn. Die hat die Kommission unmittelbar vor dem EU-Gipfel im Dezember freigegeben und die großzügige Geste mit angeblichen Reformfortschritten von Viktor Orbáns Regierung begründet. Die Parlamentarier bezweifeln jedoch, dass der Autokrat den Rechtsstaat wirklich achtet. Sie vermuten, dass das Geld ihn lediglich dazu bringen sollte, den Weg für Beitrittsgespräche mit der Ukraine freizumachen – was bekanntlich auch geschah.

Zwar gelten die Erfolgsaussichten der Klage als gering. Dennoch sendet das Verfahren ein klares Warnzeichen an die Brüsseler Behörde: Ihr könnt nicht machen, was ihr wollt – und Vorsicht bei den noch zurückgehaltenen restlichen 20 Milliarden Euro für Budapest!

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Wer darf mitkicken?

Wer kommt hinzu, wer bleibt, wer fällt raus? Seit Tagen zerbrechen sich Fußball-Bescheidwisser über diese Fragen den Kopf, heute um 14 Uhr gibt es Klarheit: Exakt drei Monate vor dem Eröffnungsspiel der deutschen Fußball-Nationalelf bei der Heim-Europameisterschaft verkündet Bundestrainer Julian Nagelsmann den ersten Länderspielkader des Jahres. Die Aufgaben für die Nominierten sind happig: Die Testspiele gegen Frankreich (23. März) und drei Tage später gegen die Niederlande werden schwer.


Wunsch statt Wahrheit

Es wäre wünschenswert, dass Putin stärker unter Druck gerät und seinen brutalen Angriffskrieg beenden muss. Leider ist das bisher nicht der Fall. Auch wenn die Ukrainer nun dazu übergegangen sind, russische Dörfer und Städte mit Drohnen und einer Spezialeinheit zu attackieren. Wie viele andere Medien haben auch wir bei t-online darüber berichtet und erläutert, warum diese Angriffe bisher nur Nadelstiche gegen Putins Regime sind. So sollte vertrauenswürdiger Journalismus aussehen: wahrheitsgetreu berichten, präzise erklären.

Etwas anderes macht Springers "Bild": Dort gewichtet man offenkundig Wunschdenken höher als Tatsachen. Weil die Redaktion es so gerne hätte, dass Putin endlich fällt und die Ukrainer obsiegen, schafft sie kurzerhand alternative Fakten, zumindest in der Präsentation ihrer Berichte auf der Startseite des Portals. Das Ergebnis ist erstaunlich: Wer Bild.de aufruft, was vorkommen mag, bekam dort in den vergangenen 48 Stunden den Eindruck, Putins Regime stehe kurz vor dem Fall. Nur ist das halt nicht der Fall, siehe oben. Aber Sie wissen das bestimmt. Sie informieren sich ja in einem seriösen Medium.


Ohrenschmaus

Schwung am Morgen gefällig? Bitte schön!


Lesetipps


Im Drohnenkrieg gegen Russland droht die Ukraine ins Hintertreffen zu geraten. Doch Kiew hat eine Strategie, schreibt mein Kollege Simon Cleven.



Das geschönte Foto von Prinzessin Kate sollte die Öffentlichkeit beruhigen, hat aber das Gegenteil erreicht. Was daraus folgt, beschreibt mein Kollege Steven Sowa.


Zum Schluss

Die Ampelregierung hat nach siebenmonatiger Planung ein Gesetz zum Bürokratieabbau beschlossen: Die Aufbewahrungsfrist für Rechnungskopien, Kontoauszüge und Lohnlisten soll von zehn auf acht Jahre verkürzt werden.

Ich wünsche Ihnen einen bürokratiefreien Tag. Also: wirklich frei.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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