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Klimakatastrophe: Ein großer Wurf wäre nicht schlecht


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Da hätte etwas entstehen können

  • David Schafbuch
MeinungVon David Schafbuch

Aktualisiert am 30.11.2023Lesedauer: 7 Min.
Olaf Scholz und Angela Merkel (Archivbild): 2019 verkündeten der damalige Finanzminister und die Bundeskanzlerin eine Einigung auf ein Klimaschutzpaket.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz und Angela Merkel (Archivbild): 2019 verkündeten der damalige Finanzminister und die Bundeskanzlerin eine Einigung auf ein Klimaschutzpaket. (Quelle: M. Popow/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

starten wir den heutigen Tag mit einer kleinen Zeitreise. "Was wir da vorgelegt haben, ist ein großer Wurf", sagte vor rund vier Jahren ein gewisser Olaf Scholz. Damals war Scholz noch Finanzminister und Vizekanzler in der Großen Koalition von Angela Merkel. Und mit diesem großen Wurf, von dem der heutige Bundeskanzler da sprach, war das sogenannte Klimaschutzpaket gemeint, auf das sich die Bundesregierung zuvor geeinigt hatte.

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Bis es dazu kam, stand die GroKo einige Monate gehörig unter Druck. Der kam nicht nur aus der Opposition, sondern auch von der Straße: Im August 2018 hatte eine Schwedin namens Greta Thunberg begonnen, für mehr Klimaschutz vor dem Reichstag in Stockholm zu demonstrieren, anstatt zur Schule zu gehen. Ihren Streik hielt sie bis zur Parlamentswahl am 9. September durch. Danach demonstrierte sie nur noch jeden Freitag. Es war der Startschuss für die Klimabewegung "Fridays for Future".

Die Streikbewegung schwappte 2019 auch zu uns. Im März rief die Gruppe ihren ersten globalen Klimastreik aus, allein in Deutschland gingen 300.000 Menschen auf die Straße. Im darauffolgenden November stimmte der Bundestag dann für die neuen Klimaschutzmaßnahmen.

All diese Ereignisse liegen "nur" vier Jahre hinter uns. Doch vielleicht geht es Ihnen auch so: Diese Zeit scheint unglaublich weit entfernt zu sein. Diese wenigen Monate, sie waren ein kurzes Zeitfenster, in dem der Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe endlich die Aufmerksamkeit erhielt, die er verdient. Unabhängig davon, dass die damals getroffenen Maßnahmen der Bundesregierung nicht dem Ausmaß des Problems entsprochen haben: Für einen Moment hatte man den Eindruck, als würde sich ein größerer Prozess in Gang setzen.

Doch der Schutz des Klimas ist wieder zu einem Randthema zusammengeschrumpft. Daran wird wohl auch die große UN-Weltklimakonferenz nichts ändern, die heute in Dubai beginnt: Bis zum 12. Dezember werden dort 70.000 Teilnehmer über neue weltweite Maßnahmen für mehr Klimaschutz brüten. Wobei "Klimaschutz" in diesem Zusammenhang als Begriff mittlerweile fast zu schwach ist: Es geht darum, einen Plan zu entwickeln, der sicherstellt, dass unser Planet auch für kommende Generationen bewohnbar bleibt. Und er muss so tragfähig und umsetzbar sein, sodass alle ihren Beitrag leisten können, wo immer es möglich ist.

Es ist nicht so, dass die deutsche oder andere Regierungen in den vergangenen Jahren untätig waren. Aber unsere Entscheider hetzen mittlerweile ganz anderen Krisen hinterher. Anfang 2020 schwappte das Coronavirus über die Welt, seit Februar 2022 beschäftigen uns der Ukraine-Krieg und seine vielen Folgen. Seit Oktober schaut die Welt nach den abscheulichen Terroranschlägen der Hamas gebannt Richtung Israel, während der Antisemitismus vor unserer Haustür unerträgliche Ausmaße angenommen hat.

Auch die Fassade vieler Klimaaktivisten hat Risse bekommen. Die Klimastreiks von "Fridays for Future" gibt es immer noch. Große Teile der Bewegung inklusive Greta Thunberg sind allerdings dabei, sich aufgrund ihrer Haltung zum Nahostkonflikt selbst zu zerlegen. Die Anhänger der "Letzten Generation" sorgen mit ihren Blockaden zwar für Aufmerksamkeit, bringen aber viele Menschen durch ihre Aktionen eher zur Weißglut, anstatt sie für Klimaschutz zu begeistern.

Dem Klima sind solche Diskussionen natürlich völlig egal. Während wir um uns selbst kreisen, tickt die Klimakatastrophenuhr erbarmungslos weiter. Wie schlimm das Ausmaß schon ist und noch werden kann, möchten Sie wissen? Hier einige Beispiele:

Der Weltklimarat warnt davor, dass sich ohne weitere Maßnahmen die Erderwärmung bereits zwischen 2030 und 2035 um 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit erhöht haben wird. Dabei galt das lange als die Obergrenze, die die globale Temperatur auf keinen Fall überschreiten soll. Doch selbst eine solche Erhöhung bleibt nicht ohne Folgen: Es ist wahrscheinlich, dass es dann zu noch mehr Extremwetter kommen wird. Die Vorboten erleben wir in diesen Jahren. Weltweit dürften rund 50 Millionen Menschen von Dürre und Wasserknappheit betroffen sein – und es wird dann nur noch halb so viele Gletscher auf der Welt geben.

Das ist Ihnen zu abstrakt? Wie wäre es dann damit: Das International Rescue Committee und das World Rescue Institute haben untersucht, welche Länder am stärksten vom Klimawandel betroffen sein könnten oder es schon sind: Dazu zählen etwa der Kongo, Äthiopien oder Nigeria. Unicef warnte in diesem Jahr, dass 25 Millionen Nigerianer auch wegen des Klimawandels in Hungersnot geraten könnten. Und das Problem wird nicht kleiner. Denn die nigerianische Bevölkerung wächst rasant – und wo werden diese Menschen hingehen, wenn ihre Heimat unbewohnbar wird?

Immer noch zu wenig greifbar? Vielleicht freuen Sie sich beim Anblick der ersten Schneeflocken in diesem Winter gerade auf einen kommenden Urlaub in den Bergen. Auch das könnte in Zukunft schwieriger werden: Sollte sich die Erde künftig nicht auf 1,5 Grad, sondern auf zwei Grad aufheizen, wären die Hälfte aller europäischen Skigebiete in Gefahr, hieß es in einer französischen Studie aus dem August. Steigt der Wert auf vier Grad, sind nahezu alle Gebiete bedroht.

Ob die Weltklimakonferenz eine Antwort auf diese Probleme findet? Vermutlich nicht. Sich mit Vertretern aus 197 Ländern auf eine Linie zu einigen, ist schließlich alles andere als leicht. "Wir müssen Angst vor der Zukunft haben, aber wir sind nicht wehrlos. Es braucht Optimismus, dann können wir das Schlimmste vermeiden", sagte etwa der Historiker Peter Frankopan jüngst meinem Kollegen Marc von Lüpke.

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Das ändert nichts daran, dass in allen Bereichen mehr Tempo nötig wäre. Für die kommenden Tage besteht zumindest die Möglichkeit, dass der Klimaschutz etwas mehr Aufmerksamkeit bekommt. Doch das allein wird uns nicht weiterbringen. Was wir wirklich brauchen, ist ein "großer Wurf".


Er wurde geliebt und gehasst

Er wurde 100 Jahre alt. Nun ist der in Deutschland geborene ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger tot. Kissinger sei am Mittwoch in seinem Haus im US-Bundesstaat Connecticut gestorben, erklärte seine Beratungsfirma Kissinger Associates. Unser Kolumnist Gerhard Spörl kannte die umstrittene Diplomatie-Legende persönlich: "Wenn ich ihn in seinem New Yorker Büro aufsuchte, redeten wir immer erst einmal über Fußball", schreibt er in seinem Nachruf. "Für die Presse, die er großzügig bediente, war er das seltsame Phänomen, das sie ausdauernd umkreisten."


Die Angst vor dem Terror

Deutlicher als Thomas Haldenwang konnte man nicht werden: "Die Gefahr ist real und so hoch wie seit Langem nicht mehr", sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz am Dienstag zur aktuellen Bedrohungslage durch Terrorismus in Deutschland.

Beruhigend klingt das natürlich nicht. Angesichts der Anschläge der Terrorgruppe Hamas in Israel und den folgenden Eskalationen in Deutschland dürfen Haldenwangs Worte allerdings niemanden überraschen. Parallel dazu nahm die Polizei am Dienstag zwei Jugendliche wegen mutmaßlicher Anschlagspläne fest.

Unter dem Eindruck des Hamas-Terrors sei es für andere Islamisten wie al-Qaida oder dem "Islamischen Staat" einfacher geworden, auch junge Menschen in Deutschland wieder anzustacheln, warnt der Verfassungsschutz. Vielleicht wäre es dann auch angebracht, genauer hinzuschauen, welche Fahnen auf manchen Demonstrationen bei uns geschwenkt werden – oder dafür zu sorgen, dass Taliban-Vertreter nicht mehr in deutschen Moscheen predigen können.


Ohrenschmaus

Suchen Sie noch ein Lied, zu dem Sie entspannt im Warmen dem Schneetreiben zuschauen können? Dann ist dieses Lied vielleicht was für Sie.


Was steht an?

Was plant die Innenministerin: Mit dem sogenannten Rückführungsverbesserungsgesetz plant Nancy Faeser (SPD), Haftmöglichkeiten für Abschiebepflichtige zu verlängern und der Polizei mehr Kompetenzen bei Durchsuchungen zu geben. Heute wird über das Vorhaben im Bundestag debattiert.


Seit Wochen steckt die Signa Holding des Immobilienmoguls René Benko in der Krise. Nach mehreren Tochterfirmen hat nun auch der Mutterkonzern Insolvenz angemeldet, zu dem zahlreiche Geschäftsimmobilien in Deutschland und Österreich gehören. Die Zukunft der Galeria-Kette sowie Dutzender Immobilienprojekte ist somit gefährdet. "Mögliche Auswirkungen müssen jetzt erst einmal geprüft werden", sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. Heute wird die Bekanntgabe eines Insolvenzverwalters erwartet.


Wie wird die Skisaison? Für die Zukunft könnte der Schnee, wenn es so weitergeht, eher knapp werden – aber wie sieht es in dieser Saison in den süddeutschen Bergen aus? Darüber informiert heute der Verband Deutscher Seilbahnen.


Auf zum Weihnachtsrekord: Wie viele Weihnachtsbäume passen in ein Haus? Das will ein Ehepaar im niedersächsischen Ort Rinteln herausfinden. 555 Bäume wollen die beiden heute aufstellen und schmücken. Sie haben damit Erfahrung: Denn sie halten bereits den Weltrekord – allerdings waren es bei ihrem letzten geglückten Versuch "nur" 444 Bäume.


Lesetipps

Mit dem Krieg in Nahost bricht sich der Antisemitismus auch an Universitäten Bahn. Hanna Veiler von der Jüdischen Studierendenunion in Deutschland fordert im Interview mit Marianne Max Konsequenzen.


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Verschleierte Geschäftsanbahnungen mit Gazprom bringen die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern in Bedrängnis. Nun tritt Schwesigs Staatskanzlei den Vorwürfen entgegen, berichtet Jonas Mueller-Töwe.


Das selbststilisierte Opfer als geständiger Täter: Der Fall Gil Ofarim lehrt auch viel über die Wirkungsmechanismen des Netzes und der sozialen Medien, schreibt unsere Kolumnistin Nicole Diekmann.


Christian Wück und seine deutsche U17 kämpfen um den WM-Titel. Ganz Deutschland fiebert mit, auch wenn nicht alle bekennende Fans des Trainers sind, schreibt Kim Steinke.


Zum Schluss

Auch auf Pleiten sollte man vorbereitet sein.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Donnerstag. Am Freitag kommt der Tagesanbruch wieder von Florian Harms.

Herzliche Grüße

Ihr

David Schafbuch
Stellvertretender Ressortleiter Politik, Wirtschaft & Gesellschaft
X/Twitter: @Schufbach
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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