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Nicht nur Lügde: Kinderpornografie im Netz – Das Problem ist noch viel größer


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Verbreitung nimmt dramatisch zu
Warum Kinderporno-Fälle oft unaufgeklärt bleiben

Von Dietmar Seher

Aktualisiert am 01.02.2019Lesedauer: 3 Min.
Absperrband vor einer Parzelle auf dem Campingplatz "Eichwald": Die Missbrauchsfälle von Lügde sind kein Einzelfall. Oft sind die Ermittler machtlos.Vergrößern des Bildes
Absperrband vor einer Parzelle auf dem Campingplatz "Eichwald": Die Missbrauchsfälle von Lügde sind kein Einzelfall. Oft sind die Ermittler machtlos. (Quelle: dpa-bilder)
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Die Behörden erreichen immer mehr Hinweise auf Kinderpornografie im Netz. Weil sie nicht an die "Fingerabdrücke" der Computer kommen, müssen Ermittler oft aufgeben.

Der mutmaßliche massenhafte Missbrauch an 4- bis 13-jährigen Kindern auf einem Campingplatz im ostwestfälischen Lügde und die Verwendung der dabei entstandenen Aufnahmen im Internet stellen keinen Einzelfall dar. Das zeigt eine dramatische Steigerung der Verbreitung pornografischer Darstellungen von Kindern im Netz innerhalb nur eines Jahres.

Nach Informationen von t-online.de hat sich im Jahr 2018 die Zahl der eingehenden Hinweise beim Bundeskriminalamt (BKA) nicht nur deutlich erhöht. Es zeichnet sich sogar eine Verdoppelung ab. Schon für 2017 hatte das BKA von 35.000 Fällen möglicher strafbarer Handlungen gesprochen. Die genauen Zahlen sollen bis zum Frühsommer ausgewertet und dann veröffentlicht werden.

Computerdaten der Täter werden in Deutschland nicht erhoben

Allerdings bleiben viele Tausend dieser Fälle seit Jahren ungeklärt – und Opfer und Täter unbekannt, weil in Deutschland die Möglichkeiten zur Verfolgung der Urheber fehlen. "Uns sind die Hände gebunden", beklagen Ermittler.

Der Hintergrund: Die meisten Verdachtshinweise erreichen das BKA aus den Vereinigten Staaten. Dort übermitteln Internetanbieter sowie soziale Netzwerke dem "National Centre for Missing and Exploited Children" (NCMEC) die IP-Daten zu Missbrauchsdarstellungen, nachdem sie diese herausgefiltert haben. IP-Daten sind eine Art Fingerabdruck des Computers, auf den die Datei heruntergeladen wurde. Das NCMEC, eine vom US-Kongress gegründete Organisation, leitet die Informationen an die zuständigen zentralen Polizeistellen der Länder weiter, in denen die Straftat stattgefunden hat.

In Deutschland ist das die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZTI) unter Oberstaatsanwalt Georg Ungefuk, die eng mit dem BKA zusammenarbeitet. Doch in vielen Fällen könnten die mitgelieferten IP-Adressen mangels Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung "keinem konkreten Anschluss in Deutschland mehr zugeordnet werden", heißt es im Bundeskriminalamt. Die deutschen Anbieter haben die zur Identifizierung nötigen Angaben gar nicht erhoben oder meist bereits gelöscht. Ermittlungen würden in diesen Fällen eingestellt.

Der Fall in Lügde wurde analog bekannt

Nur durch einen Zufall hat es sich im Fall der Straftaten in Lügde anders verhalten. Sie wurden konventionell aufgeklärt. Die Fahnder kamen ihnen über den Hinweis einer Sechsjährigen auf die Spur, die eine Freundin des Pflegekindes des Hauptverdächtigen war. Das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt konnte die Dateien direkt auf dem Campingplatz "Eichwald" und bei Wohnungsdurchsuchungen sicherstellen.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, setzt sich für eine Meldepflicht für Netzanbieter ein, die kinderpornografische Darstellungen auf ihren Seiten entdecken. Und weil die IP-Adresse oft die einzige Spur zu Tätern sei, fordert er eine neue gesellschaftliche Debatte über den Datenschutz. Denn: "Datenschutz darf nicht über Kinderschutz stehen", sagte Rörig.

Aushebung der Kinderpornoplattform "Elysium" war großer Erfolg

Trotz der Hürden gilt das ZTI gerade in der letzten Zeit als erfolgreich. Seine Experten hoben Ende 2016 die größte deutsche Internetplattform für Kinderpornografie im abgeschotteten Darknet aus. Sie nannte sich "Elysium". Und erst vor wenigen Tagen kam es zur Festnahme eines Vaters aus dem Main-Kinzig-Kreis, der 2018 seine neunjährige Tochter mehrfach schwer sexuell missbraucht und die Aufnahmen davon auf eine amerikanische Plattform gestellt hatte.


Auf seine Fährte hatte eine sogenannte "Schulfahndung" geführt. Weil es Hinweise auf einen Tatort in Hessen gab, erhielten landesweit Lehrkräfte an Grundschulen Lichtbilder des Opfers zugestellt, aus denen die sexuellen Szenen herausgeschnitten waren. Sie wurden gleichzeitig gefragt, ob das Kind an ihrer Schule sei. Ein Lehrer erkannte das Mädchen. Der Vater konnte überführt werden. Die Methode wird nur selten angewendet und unterliegt einem Richterbeschluss.

Verwendete Quellen
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