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Das sind die zwei wichtigsten Regeln in der Corona-Pandemie


Was heute wichtig ist
Die zwei wichtigsten Regeln in der Corona-Pandemie

MeinungVon Anna Aridzanjan

Aktualisiert am 15.01.2021Lesedauer: 8 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Nach dem Regen spiegelt sich das Brandenburger Tor in einer Pfütze: Bei einem möglichen "echten" Lockdown werden hier noch nicht mal mehr Touristen zu sehen sein.Vergrößern des Bildes
Nach dem Regen spiegelt sich das Brandenburger Tor in einer Pfütze: Bei einem möglichen "echten" Lockdown werden hier noch nicht mal mehr Touristen zu sehen sein. (Quelle: Christian Spicker/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

heute vertrete ich Florian Harms und freue mich, wieder für Sie die Themen des Tages kommentieren zu dürfen. Lassen Sie uns also gemeinsam in den Tag starten:

WAS WAR?

Rumms. Kanzlerin Merkel will offenbar einen längeren und auch härteren Lockdown, will die "Bild" herausgefunden haben. Bereits kommende Woche wird sie demnach mit den Länderchefs auf einem Krisengipfel über mögliche Maßnahmen beraten. Der Grund für die möglichen Verschärfungen soll auch die hochansteckende neue Coronavirus-Mutation B.1.1.7 sein. Dabei berufen sich Reporter der Zeitung auf Regierungskreise.

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Schauen wir uns einige der möglichen Maßnahmen an, die laut dem Medienbericht diskutiert werden (nicht vergessen, noch ist nichts beschlossen!):

  • Der öffentliche Fern- und Nahverkehr könnte landesweit stillgelegt werden.
  • Bund und Länder könnten eine echte Ausgangssperre verhängen, mit wenigen Ausnahmen, etwa für Arztbesuche oder Einkäufe.
  • Bayerns FFP2-Maskenpflicht könnte auf ganz Deutschland ausgeweitet werden.
  • Einzelne Bundesländer drängen auf eine Homeoffice-Pflicht.

Würden all diese Punkte tatsächlich beschlossen und umgesetzt, wären dies die drastischsten Einschränkungen, die Deutschland seit Ausbruch des Coronavirus gesehen hat. Die "Bild" nennt es den "Megalockdown", aber lassen Sie uns doch ehrlich sein: Im internationalen Vergleich sind wir damit nicht nur schwach unterwegs, wir wären auch noch sehr späte Nachzügler. So hatte Frankreich etwa ab März vergangenen Jahres bereits einen "echten Lockdown" inklusive Ausgangssperren und Passierscheinen durchgeführt.

Fragt man die Deutschen nach ihrer Meinung zu einer möglichen Verlängerung der aktuellen Maßnahmen, so hätte eine knappe Mehrheit der Bundesbürger Verständnis dafür. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für unser Nachrichtenportal. 55 Prozent der Befragten hielten eine Verlängerung der Einschränkungen für nachvollziehbar, knapp 40 Prozent fänden dies nicht. 5 Prozent sind unentschieden.

Doch innerhalb der Altersgruppen zeigen sich deutliche Unterschiede: Während die über 65-Jährigen das größte Verständnis für eine Verlängerung hätten, gibt es unter den 18- bis 29-Jährigen die größte Ablehnung.

Und insgesamt empfindet ein sehr großer Teil der Befragten die aktuellen Lockdown-Regeln als Belastung. In der Gruppe derjenigen, die Kinder haben, ist dieser Wert am höchsten (und ich stimme da völlig zu, schöne Grüße aus dem Homeoffice von mir und meinem dreijährigen Kind: "Mamaaa, was schreibst du daaa?").

Fassen wir zusammen: Wir können diese Situation, die unerträgliche Pandemie, die damit verbundenen Einschränkungen und all die schlechten Nachrichten als extrem belastend empfinden – und doch härtere und längere Beschränkungen in Kauf nehmen. Klingt paradox, ist es aber nicht.

Denn wir Menschen sind eben keine eindimensionalen Wesen. Statt platt nur eine Meinung, ein Empfinden und eine Sichtweise zu haben, sind wir fähig, Komplexes zu begreifen, Verständnis für teilweise unterschiedliche Perspektiven zu haben und Widerspruch, solange er nicht menschenfeindlich ist, auszuhalten. Nun gut, sagen wir: die meisten von uns.

Und das ist die erste der zwei wichtigsten Regeln dieser Corona-Pandemie: Mehr Ambiguitätstoleranz wagen. Ambi- ... was? Vielleicht kennen einige von Ihnen diesen Begriff schon, ich habe ihn tatsächlich erst im Zuge der Pandemie gelernt:

Ambiguitätstoleranz ist die Fähigkeit, mehrdeutige Situationen und widersprüchliche Handlungsweisen zu ertragen. "Ambiguitätstolerante Personen sind in der Lage, Ambiguitäten, also Widersprüchlichkeiten, kulturell bedingte Unterschiede oder mehrdeutige Informationen, die schwer verständlich oder sogar inakzeptabel erscheinen, wahrzunehmen, ohne darauf aggressiv zu reagieren oder diese einseitig negativ oder vorbehaltlos positiv zu bewerten", schreibt die allwissende Wikipedia. Passt.

Wir können uns nach Lockerungen sehnen, nach Kino und Konzertbesuchen, nach Reisen und Volksfesten. Wir können all jene verstehen, denen Gesellschaft und Zerstreuung fehlt – und trotzdem finden, dass Distanz und Abschottung wichtig sind. Weil wir eben auch mitfühlen und uns um jene sorgen, die gerade wirklich gefährdet sind und sich noch extremer einschränken müssen als wir. Sehen wir uns nur die angespannte Lage auf den Intensivstationen in Deutschland an, wird dies nur zu deutlich. Diese Animation meiner Kollegen Philip Friedrichs und Arno Wölk ist da sehr aussagekräftig.

Wir können verstehen, warum einige Menschen auf die Öffnung der Schulen pochen. Und auch verstehen, warum dies aktuell keine gute Idee wäre. Wir können Maßnahmen, Kommunikationschaos und schlechtes Krisenmanagement von Bund und Ländern kritisieren. Und uns trotzdem weiterhin vernünftig verhalten und an die Regeln halten. Das ist Ambiguitätstoleranz.

Und die zweite Regel? Keine Pläne machen! Das fällt dem einen vielleicht leichter als der anderen. Trotzdem: Wenn wir eine Sache gelernt haben, dann dass sich einfach alles jederzeit ändern kann. Und dass dem Virus das sture Festhalten an Plänen und Terminen völlig egal ist. Wir müssen wohl oder übel flexibel bleiben. Diese Erkenntnis hatten Sie während der vergangenen zehn Monate sicher öfter. Reisen und Ausflüge mussten Sie verschieben, geschäftliche oder private Treffen absagen oder umplanen, der längst überfällige Haarschnitt muss jetzt ebenso warten wie vielleicht sogar eine wichtige, aber nicht lebensnotwendige Operation.

Ich etwa hatte mich lange darauf gefreut, an den Weihnachtsfeiertagen endlich meine Eltern wiederzusehen. Es war alles geplant: Mein Mann und ich würden zwei Wochen vor Weihnachten ausschließlich von zu Hause aus arbeiten, und auch mein Kind sollte in dieser Zeit nicht in die Kita. Freiwillige Quarantäne also, sicher ist sicher. Und doch mussten wir in beinahe letzter Sekunde alle Pläne umschmeißen. Diverse Gründe zwangen uns dazu. Es war schmerzhaft, durchaus. Aber wir alle dürfen zurzeit eben keine Pläne machen. Seien es Privatpersonen – oder Bund und Länder.

Nehmen wir nur die Landtagswahl in Thüringen: Die hätte am 25. April stattfinden sollen. Und zack, preschte gestern die Eilmeldung in unsere Redaktion: Sie wird verschoben auf den 26. September und parallel zur Bundestagswahl stattfinden. Voraussichtlich, wenn die überhaupt wie geplant stattfinden kann. Denn wie gesagt: Das Virus hält sich nicht an Terminkalender. Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber mein häufigster Halbsatz zur Zeit ist "mal gucken".


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WAS STEHT AN?

Heute beginnt der 33. Parteitag der CDU, und zwar erstmals voll digital. Am Ende des zweitägigen Events steht die Neuwahl des CDU-Bundesvorstands mit einem neuen Parteivorsitzenden. Doch wer wird denn nun neuer CDU-Chef, lässt sich das erahnen? Dass sich niemand eine Prognose zutraut, hat auch damit zu tun, dass die Partei gerade so orientierungslos wirkt wie lange nicht. Insider sprechen bereits vom Ausnahmezustand, berichtet mein Kollege Tim Kummert, und ich finde die Überschrift seines Artikels ganz wunderbar: CDU, das D steht für "Durcheinander".


Die Dschungelshow startet heute um 22.15 Uhr! Wie, hieß die nicht "Dschungelcamp"? Tja, auch das Dschungelcamp ist der Corona-Krise zum Opfer gefallen. Ob das für den Zuschauer gut oder schlecht ausfällt, scheint nicht einmal RTL zu wissen. Mit einem losen Konzept schmeißt der Sender die Zugpferde Sonja Zietlow und Daniel Hartwich in eine abgespeckte Form des Formats. Unter dem Titel "Ich bin ein Star – Die große Dschungelshow" soll sich einer von zwölf Kandidaten für das echte Dschungelcamp 2022 qualifizieren.

Eines vorweg: Die Show wird mit einem echten Urwald wenig zu tun haben, kann aber mitunter genauso wild werden. Und seien Sie unbesorgt: Meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Unterhaltungs-Ressort werden Sie bestens mit allen Infos versorgen: Freuen Sie sich auf eine Kolumne zu den Highlights, einen täglichen Blick auf die Episoden, Interviews mit den Kandidaten und Hintergrundinformationen zur Sendung. Hier finden Sie bereits alle Sendetermine. Denn können wir nicht alle ein bisschen leichte Zerstreuung gebrauchen in diesen Zeiten?


In München wird der Prozess gegen einen Großvater wegen hundertfachen (!) sexuellen Missbrauchs fortgeführt. Heute ist voraussichtlich letzter Verhandlungstag und das Urteil wird erwartet. Die Staatsanwaltschaft hat zwölf Jahre Haft für den Mann gefordert, der den Missbrauch an den Kindern vor Gericht eingeräumt hatte. Neben seinen eigenen Stiefenkeln soll er sich auch an deren Freunden vergangen haben.

Und als wäre das alles nicht schon schrecklich genug, hatte der Prozess auch heftige Vorwürfe gegen ein früheres Erziehungsheim bei München ans Tageslicht gebracht: Denn der angeklagte Großvater gibt an, selbst als Kind und Jugendlicher massiv missbraucht worden zu sein. Er sprach von Sexpartys und Prostitution in dem ehemaligen katholischen Piusheim in Baiern bei München. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Vorermittlungen ein. Inzwischen haben sich noch zehn weitere mutmaßliche Opfer gemeldet.


WAS LESEN?

Die deutsche Wirtschaft ist aufgrund der Corona-Krise 2020 so stark geschrumpft wie zuletzt während der globalen Finanzkrise 2009. Was das heißt, wann es wieder bergauf geht und ob jetzt die große Pleitewelle kommt, erklären Ihnen meine Kollegin Nele Behrens und mein Kollege Mauritius Kloft hier. Außerdem hat mein Kollege Florian Schmidt mit dem Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, gesprochen. Wie er und andere Ökonomen diese Zahlen bewerten, können Sie hier nachlesen.


Der Tod erscheint weit weg, bis er unerträglich nahe kommt. Auch zu uns: Susanne Wächter war Lokalreporterin und hat seit 2020 aus Köln für t-online geschrieben. Sie ist nun völlig überraschend verstorben. Johanna Tüntsch (ebenfalls freie t-online-Autorin) schreibt in diesem bewegenden Nachruf über die Lücke, die sie hinterlässt.


Nutzen Sie noch WhatsApp oder sehen Sie sich nach den aufsehenerregenden neuen Nutzungsbedingungen des Messengerdienstes nach Alternativen um? Meine Kollegen aus dem Digitalressort haben Ihnen mal einige andere Apps aufgelistet.


Die Kolleginnen der Zeit haben ihre Leserinnen und Leser gefragt, warum sie eigentlich ins Büro müssen, obwohl sie ihre Arbeit auch im Homeoffice erledigen könnten. Beim Lesen des Artikels kam ich aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus.


WAS AMÜSIERT MICH?

Lieben Sie Wortspiele eigentlich auch so sehr wie ich? Dann werden Sie über die Mitbewohner dieser Zwölfjährigen auch schmunzeln: Sagen Sie Hallo zu Gerd Platte, Kühl Frank, Dunstabzugs Hauke und weiteren Freunden.

Übrigens, nach meiner ersten Tagesanbruch-Ausgabe im Dezember wollten einige von Ihnen gerne wissen, was eigentlich meine Berufsbezeichnung "Senior Redakteurin Audience Development" bedeutet und was ich dabei eigentlich den ganzen Tag mache. Eine gute Frage! Hier ein Erklärungsversuch:

Als Team Audience Development sind wir so etwas wie die "Entwicklungshelfer" der Redaktion. Wir analysieren zunächst Zahlen und Daten, die wir zu unseren Artikeln, Videos und Podcasts sowie zu unseren Zielgruppen erheben können: Welche Artikel werden wie oft wie lange gelesen? Woher kommen die Leser? Und wohin gehen sie? Diese und weitere Fragen lassen sich schon so beantworten.

Im nächsten Schritt schauen wir, was davon noch Verbesserungspotenzial hat und wie wir etwa unsere Leserschaft festigen, erweitern oder unsere Inhalte für Sie noch attraktiver machen können. Unser Ziel ist es, allen Leserinnen und Lesern ein hervorragendes Angebot zu machen, so dass niemand mehr an t-online vorbeikommt, völlig egal, welche Kanäle sie für den Medienkonsum nutzen, welche Interessen sie haben oder wie alt sie sind. Ich hoffe, ich konnte Ihnen meinen Job so gut wie möglich erklären. Falls Sie mehr dazu wissen wollen, schreiben Sie uns jederzeit an!

Ich wünsche Ihnen einen ruhigen und sorgenfreien Freitag. Morgen lesen und hören Sie wieder wie gewohnt die Wochenendausgabe des Tagesanbruchs von Florian Harms und Marc Krüger.

Alles Gute!

Ihre

Anna Aridzanjan
Senior Redakteurin Audience Development

Was denken Sie über die wichtigsten Themen des Tages? Schreiben Sie es uns per Mail.

Mit Material von dpa.

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