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Tagesanbruch: Donald Trump im Ruch des Paten – ein US-Präsident als Mafiaboss


Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Was heute wichtig ist
Im Ruch des Paten

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 27.09.2019Lesedauer: 6 Min.
Präsident links, Pate rechts (oder ist es andersherum?)Vergrößern des Bildes
Präsident links, Pate rechts (oder ist es andersherum?) (Quelle: REUTERS/imago images)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Er zieht die Strippen. Er setzt Menschen so lange unter Druck, bis sie sich ihm unterwerfen. Seine Kumpane hofiert er, seine Gegner vernichtet er. Und meistens genügen dafür schon wenige Worte oder ein kurzes Telefonat. "Ehrliche Leute leben gefährlich“, nuschelt Marlon Brando als “Der Pate“ in Francis Fords Coppolas gleichnamigem Mafia-Film und: "Geld ist eine Waffe. Politik ist zu wissen, wann man abdrückt."

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47 Jahre nach der Erstausstrahlung des Kassenschlagers bekommt das Weltpublikum wieder einen Paten vorgeführt. Er zieht die Strippen. Er setzt Menschen so lange unter Druck, bis sie sich ihm unterwerfen. Seine Kumpane hofiert er, seine Gegner versucht er zu vernichten – wenn nötig auch mit Gesetzesbrüchen. Das jedenfalls ist das Bild, das ein Whistleblower von Donald Trump zeichnet. Was er aus dem Weißen Haus zu berichten hat, ist haarsträubend.

"Ich habe Informationen von mehreren Offiziellen der US-Regierung erhalten, dass der Präsident die Macht seines Amtes dazu nutzt, um andere Staaten darum zu bitten, in die US-Wahlen 2020 einzugreifen."

"Dieses Eingreifen umfasst, neben anderen Dingen, einen anderen Staat dazu zu drängen, eine Untersuchung gegen einen der größten politischen Rivalen des Präsidenten einzuleiten."

"Der persönliche Anwalt des Präsidenten, Rudolph Giuliani, ist eine zentrale Figur in diesem Bestreben. Der Generalstaatsanwalt Barr scheint auch involviert zu sein."

"Innerhalb der vergangenen vier Monate haben mich mehr als ein halbes Dutzend US-Offizielle über verschiedene Fakten dieses Bestrebens informiert."

Noch handelt es sich um Anschuldigungen. Der glasklare Beweis fehlt, aber die Belege häufen sich. Das Maß ist voll“, kommentiert deshalb unser Amerika-Korrespondent Fabian Reinbold. Zugleich passen die Berichte des verdeckten Zeugen in das Bild, das immer mehr Menschen aus Donald Trumps Umfeld von diesem Präsidenten zeichnen: das Bild eines Egomanen, der nur seine eigene Wahrheit kennt, keinen Widerspruch duldet – und seinen Willen im Zweifel auch mit illegalen Methoden durchsetzt. Skrupellos, verschlagen, bedrohlich. Das Bild eines Paten.


WAS STEHT AN?

Eine spiegelblanke Oberfläche ist schön anzusehen. Sie blitzt, sie funkelt, sie reflektiert das Licht – und lässt es nicht hindurch. So könnte man die Strahlkraft des Sebastian Kurz beschreiben, der die charismatische Erlösergestalt ebenso souverän geben kann wie den sympathischen Schwiegersohn. Kurz war seine Kanzlerschaft bei unseren Nachbarn in Österreich, aber nun ist Herr Kurz wieder da. Am Sonntag wird gewählt, seine Partei liegt in den Umfragen weit vorn, und die Popularitätswerte des Turboaufsteigers, der sich mit 33 Jahren schon Ex-Innenminister, Ex-Kanzler und noch einige Ex- mehr nennen kann, wird von keinem seiner Konkurrenten auch nur annähernd erreicht.

Das ist erstaunlich. Seine Regierungszeit war von Skandalen und haarsträubenden politischen Manövern geprägt, und so ist sie auch geendet. Gewiss, es war vor allem sein Koalitionspartner, die Rechtsaußen-Partei FPÖ, auf deren Konto die schlimmsten Grenzüberschreitungen gingen. Darauf regelrecht abonniert war Innenminister Herbert Kickl, ein Mann fürs Grobe, doch mit Herz (unter anderem für Neonazis), der es sogar fertigbrachte, seine Polizei auf den österreichischen Verfassungsschutz loszulassen, von kalter Aussperrung kritischer Medien ganz zu schweigen. Und natürlich der damalige Parteichef Heinz-Christian Strache, der sein Land bei einem lockeren Abend auf Ibiza an eine vermeintliche russische Oligarchin verkaufen wollte, wenn nur der Preis stimmte. Daraufhin hat Kanzler Kurz die FPÖ aus der Regierung gekickt, es blieb ihm auch nichts anderes übrig. Doch dass er diese korrupte Mischpoke überhaupt erst ins Boot geholt hat, gleitet an seinem jugendlichen Image ab wie das zerdepperte Ei an der Teflon-Pfanne.

Bevor Sie jetzt meinen, es könne vielleicht Reue über die Skandale sein, die ihm die Herzen der Menschen wieder geöffnet hat: nichts da. Sebastian Kurz zeigt sich für alle Koalitionen offen und wäre einer Zweitauflage mit den Rechtsauslegern von der FPÖ nicht im Geringsten abgeneigt. Aber egal, die Leute verzeihen ihm auch die in die Zukunft gerichteten Sünden. Warum? Vielleicht geben seine Besuche in Deutschland Aufschluss. Denn auch in der CDU und der CSU hat er viele Fans, er wird hierzulande mitunter wie ein Rockstar gefeiert. Als Kurz den Sprung ins Kanzleramt schaffte, war es ihm gelungen, der FPÖ den Aufstieg zur populärsten Partei in Österreich zu vermiesen. Erst hatte er sich ihre kompromisslose Ablehnung der Migration zu eigen gemacht, dann ihre Wähler. Wer in der CDU mit Merkel hadert und beim Blick auf die AfD kalte Füße bekommt, kann in Kurz nicht nur einen Verbündeten im Nachbarland erkennen, sondern auch ein fleischgewordenes Erfolgsrezept.

Der alte und wahrscheinlich neue Kanzler betont in seinem Wahlkampf gern die jüdisch-christliche Prägung Österreichs. Die Vergebung der Sünden dürfte ihm ein besonderes Anliegen sein. Nur ohne Beichte, sein Charisma wird's schon richten. Viele in Österreich fühlen sich von ihm verstanden, auch wenn er inhaltlich nicht viel sagt. Es ist ein erhabenes Gefühl, das sich einstellt, wenn man über eine blitzsaubere, spiegelnde Oberfläche streicht. Dass darunter dringend einmal saubergemacht werden müsste, scheint die wenigsten zu stören.


TERMINE IN KÜRZE:

In Ägypten demonstrieren immer mehr Jugendliche für Demokratie, Meinungsfreiheit und gegen den korrupten Apparat von Präsident Sisi. Während des Arabischen Frühlings gingen diese jungen Menschen noch zur Schule. Jetzt gehen sie auf die Straße. Nach dem Freitagsgebet werden Massenproteste erwartet, das Regime hat vorsorglich mehr als 2.000 Personen festnehmen lassen.

Die Afghanen wählen morgen ihren Präsidenten. Amtsinhaber Aschraf Ghani tritt noch einmal an, ist aber heftig umstritten. Der Friedensprozess gerät aus der Spur,

Vielerorts demonstrieren heute wieder Menschen für mehr Klimaschutz. Proteste gibt es unter anderem in Kanada, Spanien, Indien, Italien, Schweden, Argentinien, Chile, Dänemark, Finnland, Neuseeland, Portugal – und Deutschland. Eine repräsentative Umfrage von t-online.de zeigt jetzt, was die Mehrheit der befragten Deutschen vom Klimapäckchen der Bundesregierung hält: das nämlich.

Erstmals tagt die Arbeitsgruppe der großen Koalition zur Grundrente. Sie soll die offenen Streitpunkte zwischen SPD und Union lösen. Da es ziemlich viele sind, ist heute kein Durchbruch zu erwarten.

In Pforzheim gibt es das internationale Treffen der Heißluftballon-Fahrer. Rund 50 bunte Bälle steigen in den Himmel. Erstmals wird dabei auch die Deutsche Meisterschaft ausgetragen. Schön anzusehen.

In Neustadt an der Weinstraße wird heute Abend, hicks, die deutsche Weinkönigin 2019 gekürt.


DIE GUTE NACHRICHT

Bei der Stahlproduktion werden bis zu sieben Prozent der weltweiten CO2-Emission ausgestoßen. In Hamburg geht ein Unternehmen nun einen neuen Weg: Dort soll ein Stahlwerk entstehen, das fast kein Kohlendioxid verursacht. Die Kollegen des NDR erzählen uns, wie das geht.

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WAS LESEN?

Jacques Chirac begegnete ich am Rande des EU-Gipfels 2001 in Freiburg. Ein hochgewachsener Mann, tadellos gekleidet, aufmerksam, höflich, für jeden ein freundliches Wort. Hierzulande ist sein Name trotzdem in Verruf geraten. Die Atombombentests, die Verurteilung, die Großspurigkeit. Dabei hat Chirac Wichtiges geleistet. “Er machte Frankreich größer, als es war“, urteilt unser Kolumnist Gerhard Spörl in seinem Nachruf. Dazu gehörte ein historisches Schuldeingeständnis.


Grünen-Chef Robert Habeck patzte im ARD-Interview: Ausgerechnet bei der Pendlerpauschale offenbarte er eine Wissenslücke. Nun muss er zu Recht viel Kritik einstecken. Dabei bleibt es aber nicht, er wird mit Häme überschüttet. Die Reaktionen zeigen die ganze Malaise der politischen Debatten-Unkultur“, kommentiert unsere Kolumnistin Lamya Kaddor.


WAS ERFREUT MICH?

Eine Quetschkommode kann so wunderbar sehnsuchtsvoll klingen. Das gefällt nicht nur den Seemännern, sondern auch den See… ach, schauen und hören Sie doch selbst (Ton unten rechts auf dem Bild anklicken)!

Ich wünsche Ihnen einen frohen Freitag und dann ein schönes Wochenende. Tagesanbruch-Abonnenten erhalten morgen früh die Wochenendausgabe per E-Mail. Mein Kollege Marc Krüger und ich diskutieren darin über… na, lassen Sie sich überraschen.

Herzliche Grüße,

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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