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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Rätsel um Horst Jan Winter Böttcher will Million zurück – AfD-Spender bekam Summe geschenkt
Die Geschichte um die rätselhafte Spende an die AfD wird noch verrückter: Der Spender soll einen noch höheren Betrag als Geschenk erhalten haben – und jetzt eine Million zurückgeben.
Irre Wende bei der Spende von knapp einer Million an die AfD: Spender Horst Jan Winter, Aufsichtsrat des Bürobedarf-Online-Handels Böttcher, war zuvor vom Firmengründer Udo Böttcher reich beschenkt worden. Jetzt aber soll Winter die geschenkte Million zurückgeben, die er an die AfD gespendet hat.
Das Unternehmen und sein Vorstandschef Udo Böttcher veröffentlichten am Mittwoch eine Erklärung, die sehr deutlich wird: Aufsichtsrat Winter sei mit sofortiger Wirkung abberufen, weil er dem Unternehmen mit der Spende schweren Schaden zugefügt habe. Am Freitag war bekannt geworden, dass Winter 999.990 Euro an die AfD gespendet hat. Winters Verbindung zu dem Onlinehändler wurde schnell öffentlich. In sozialen Medien gab es seither Boykottaufrufe.
"Menschlich und kollegial schwer enttäuscht"
Böttcher stellt nun klar: "Die Spenden wurden weder von uns veranlasst, noch hatten wir vorab auch nur Kenntnis davon." Er selbst sei "sowohl menschlich als auch kollegial schwer enttäuscht". Er spricht von einem "Vertrauensbruch". t-online hatte der Unternehmer bereits am Montag mitgeteilt, er wolle Winter "zur Rede stellen". Stand am Mittwochabend: "Er hat sich noch nicht gemeldet."
Was er da noch nicht gesagt hatte: Der Firmenchef will dem AfD-Spender aus seinem privaten Vermögen zwei Millionen Euro geschenkt haben. Winter habe "mutmaßlich ganz oder teilweise" aus dieser Summe die Spende an die AfD geleistet, so Böttcher.
Dabei, so heißt es in der Erklärung, hätte Winter erahnen müssen, "dass ich jedenfalls mit einer solchen Parteispende keinesfalls einverstanden gewesen wäre". Winter hätte auch klar sein müssen, dass das dem Unternehmen schadet. Böttcher verweist dabei auf die Kritik, die es ausgelöst hatte, als Böttcher im vergangenen Jahr veröffentlichte, dass mehr als 30 Prozent der Mitarbeiter AfD wählen würden. Der Firmenchef selbst hat auch AfD-freundliche Beiträge gepostet, die inzwischen nicht mehr verfügbar sind.
Doch wieso verschenkte er das Geld? Böttcher sagt, er geht freigiebig mit seinem Geld um: Schenkungen über elf Millionen Euro für soziale und karitative Zwecke habe er in den vergangenen zwei Jahren aus seinem privaten Vermögen vorgenommen. Seine weitere Darstellung ist, dass er auch dem Weggefährten Winter aus Dankbarkeit für Unterstützung in schwerster Zeit mehrfach Geld geschenkt habe – zuletzt zwei Millionen Euro. Wann das war, lässt er offen.
Geld an Winter für Therapien und schönen Lebensabend
Der Beweggrund sei gewesen, dass der Bekannten ihm "vor einiger Zeit" von einer schweren Erkrankung erzählt habe. Er habe ihm Therapien der Alternativmedizin und einen schönen Lebensabend ermöglichen wollen. Vorgaben habe er nicht gemacht – "da ich das für unangemessen gehalten hätte".
Jetzt will er diese eine Million zurück: Wegen "groben Undanks" habe er die Schenkung widerrufen, erklärt Böttcher. "Nicht im Entferntesten" habe er damit gerechnet, was mutmaßlich mit einem Teil des Geldes passierte. Wenn das Geld nicht binnen einer Woche eingehe, werde er zur Rückzahlung auch vor Gericht ziehen. Der Bundesgerichtshof urteilte 2019, dass für einen Widerruf wegen groben Undanks der Beschenkte eine Verfehlung von gewisser Schwere begangen haben muss. Diese müsse auch Ausdruck einer Gesinnung sein, die in erheblicher Weise die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten könne.
Die AfD dürfte die neue Entwicklung zunächst nicht betreffen. Denkbar ist nach Ansicht eines von t-online befragten Juristen, dass alles so bleibt, wie es ist. Das Szenario: Winter kann das Geld selbst nicht zurückzahlen, wenn er überhaupt dazu verpflichtet werden kann – und die AfD muss die Summe mutmaßlich nicht dem Spender zurückgeben.
Und Winter? Sein Anwalt sagte der Berliner-Zeitung zunächst: "Unser Mandant wird derzeit keine Stellungnahme abgeben." Dann meldete er sich dort doch: Auf die Schilderungen von Böttcher geht er nicht ein, erklärt aber: Sein Hauptanliegen sei, "dass der Krieg in der Ukraine und das sinnlose Sterben von Millionen junger Menschen endlich ein Ende nimmt" [sic]. In der AfD sehe er den besten Hebel. Eine ganze Reihe von Ansichten und Richtungen der AfD teile er nicht und wolle Extremismus nicht unterstützen: An die Landesverbände Thüringen und Sachsen dürfe kein Geld weitergeleitet werden, habe er der AfD mitgeteilt.
- LinkdIn: Erklärung Udo Böttcher
- berliner-zeitung.de: Böttcher AG fordert Millionen-Spende an die AfD von Aufsichtsrat zurück
- bundesgerichtshof.de: Urteil vom 22.10.2019 - X ZR 48/17
- berliner-zeitung.de: Jetzt spricht der AfD-Großspender Horst Jan Winter: Ich will Frieden in der Ukraine