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Schiedsgericht: Altkanzler Gerhard Schröder darf in der SPD bleiben


Schiedsgericht entscheidet
Gerhard Schröder – doch kein Rauswurf aus der SPD

Von t-online, dpa
Aktualisiert am 09.08.2022Lesedauer: 4 Min.
Altkanzler Gerhard Schröder steht massiv in der Kritik.Vergrößern des Bildes
Altkanzler Gerhard Schröder steht massiv in der Kritik. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa./dpa)

Für seine Putin-Nähe steht der Altkanzler in der Kritik. Doch gegen die Parteiordnung habe Schröder damit nicht verstoßen, so die Schiedskommission.

Der wegen seines Engagements für russische Staatskonzerne heftig in die Kritik geratene Altkanzler Gerhard Schröder darf vorerst SPD-Mitglied bleiben. Ein Verstoß gegen die Parteiordnung könne Schröder nicht nachgewiesen werden, entschied die zuständige Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover am Montag in erster Instanz.

Die Kommission sieht damit keine Grundlage für eine Rüge oder gar einen Parteiausschluss. Gegen die Entscheidung kann binnen zwei Wochen Berufung eingelegt werden. Öffentlich bezog Schröder am Montag zunächst keine Stellung zu der Entscheidung.

Noch zwei Instanzen möglich

Gleich 17 SPD-Gliederungen hatten das Parteiordnungsverfahren gegen Schröder beantragt, hinzu kamen weitere Anträge, die den formalen Vorgaben nicht entsprachen. Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover ist für das Verfahren zuständig, weil Schröder Mitglied des dazu gehörenden SPD-Ortsvereins Oststadt-Zoo ist. Es sind jedoch noch bis zu zwei weitere Instanzen möglich: beim SPD-Bezirk Hannover sowie bei der SPD-Bundesschiedskommission.

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Zu Beginn der Erklärung der Schiedskommission wird auf die zahlreichen hochrangigen Ämter in Schröders politischer Karriere verwiesen: Bundestagsabgeordneter, Ministerpräsident Niedersachsens oder Bundeskanzler. Es liest sich wie eine beeindruckende Vita. Direkt danach folgen jedoch Ämter, derentwegen Schröder in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik stand – etwa seine mittlerweile eingestellte Tätigkeit für das russische Mineralölunternehmen Rosneft.

"Schröder agiert nicht als Ex-Kanzler"

Weiter heißt es, Schröder, der laut Schiedskommission seit 1963 Mitglied der SPD ist, habe sich zur Frage des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine geäußert. Beim Netzwerk Linkedin habe er etwa geschrieben, der Krieg müsse schnellstmöglich beendet werden.

Doch Schröder sorgte immer wieder für Kritik mit seiner Nähe zu Russland, er gilt als enger Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin.

Esken hatte Schröder für seine jüngsten Äußerungen über eine angebliche Verhandlungsbereitschaft von Russlands Präsident Putin im Ukraine-Krieg scharf kritisiert. "Gerhard Schröder agiert nicht als Ex-Kanzler, sondern als Geschäftsmann, und so sollten wir seine Äußerungen auch interpretieren", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Mit allem, was er tut und sagt, handelt er im eigenen Interesse und in dem seiner Geschäftspartner."

Klingbeil: "Politisch ist Schröder isoliert"

Mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine erklärte Schröder zwar, es liege in der Verantwortung der russischen Regierung, den Krieg zu beenden. Allerdings dürften die Verbindungen zu Russland nicht komplett gekappt werden. Im Juli erklärte der Altkanzler, er wolle seinen Draht zu Putin weiter aufrechterhalten und glaube nicht an eine militärische Lösung in der Ukraine. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hatte Schröder wegen dessen Äußerungen zum Ukraine-Krieg bereits im April nahegelegt, aus der Partei auszutreten.

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil äußerte ich nun zurückhaltend zum vorläufigen Scheitern des Parteiordnungsverfahrens. "Die Schiedskommission in Hannover hat eine juristische Entscheidung getroffen", sagte Klingbeil. "Für uns steht fest: Politisch ist Gerhard Schröder mit seinen Positionen in der SPD isoliert."

Auch der niedersächsische Ministerpräsident, Stephan Weil (SPD), sieht Schröder innerhalb der Partei isoliert. "Gerade von einer Persönlichkeit wie Gerhard Schröder wäre eine harte und klare Kritik an dem russischen Vorgehen zu erwarten gewesen. Umso bedauerlicher ist es, dass dies bis zum heutigen Tage nicht geschehen ist", sagte er.

Schröder-Anwalt begrüßt Entscheidung

Schröders Anwalt hat sich "erleichtert" über das Urteil der Schiedskommission gezeigt. "Es war keine andere Entscheidung zu erwarten", sagte Michael Nagel der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Herr Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder hat sich von Beginn an deutlich gegen den Krieg distanziert, die Entscheidung Russlands als Fehler bezeichnet. Womit ein parteischädliches Verhalten begründet werden sollte, erschloss sich mir zu keinem Zeitpunkt."

Schröder habe darauf vertraut, "dass in der SPD die demokratischen Strukturen funktionieren und Vernunft und Sachlichkeit die Oberhand behalten", betonte Nagel. "Er konnte das – das ist nicht nur gut für die SPD, sondern auch für Deutschland. Denn diese Partei versteht sich als eine der Stützen der deutschen Parteiendemokratie." Als eine solche dürfe sie sich nicht in den Wind drehen, ohne Gefahr laufen zu wollen, ihre Orientierung zu verlieren, sagte Nagel der Zeitung.

Die SPD müsse daher ertragen können, dass Schröder sich als Altkanzler für eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg starkmache. Ebenso habe es die SPD auszuhalten, dass der Ex-Kanzler "dafür seine Möglichkeiten, die ihm dank der Freundschaft zu Wladimir Putin wie wenigen auf dieser Welt eröffnet sind", nutze.

Auch Solidarisierung mit Schröder

So ganz eindeutig jedoch scheint die Isolation nicht. Der Geschäftsführer des SPD-Bezirks Hannover, Christoph Matterne, sagte am Rande der Verhandlung des Parteiordnungsverfahrens, es gebe auch viele SPD-Mitglieder, die sich mit Schröder solidarisierten. "Die sagen: Wenn Gerhard Schröder ausgeschlossen wird, dann ist für mich nach 40 Jahren auch Schluss."

Der SPD-Ortsverein Essen-Frohnhausen/Altendorf, der ein Parteiordnungsverfahren beantragt hat, erwägt hingegen in Berufung zu gehen. "An der Haltung, dass Herr Schröder aus der SPD ausgeschlossen werden soll, hat sich für uns nichts geändert", sagte der Ortsvereinsvorsitzende Ali Kaan Sevinc der "Rheinischen Post". Der Altkanzler dürfte seine Partei noch weiter beschäftigen.

Der Altkanzler war zuletzt Ende Juli zu Besuch bei Putin in Moskau. Schröder gab anschließend dem Magazin "Stern" sowie den Sendern RTL und ntv ein Interview, in dem er mit Blick auf den Ukraine-Krieg behauptete: "Die gute Nachricht heißt: Der Kreml will eine Verhandlungslösung." Diese und andere Äußerungen in dem Interview stießen in Deutschland parteiübergreifend, aber auch international auf massive Kritik.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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