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Olaf Scholz: Das Machtsystem des Bundeskanzlers – das sind seine mächtigen Sechs


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Die wichtigsten Mitarbeiter des Kanzlers
Scholz und seine mächtigen Sechs


Aktualisiert am 15.05.2022Lesedauer: 6 Min.
Olaf Scholz: Der Kanzler hat sechs besonders wichtige Vertraute.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz: Der Kanzler hat sechs besonders wichtige Vertraute. (Quelle: Emmanuele Contini/imago-images-bilder)

Kein Job in Deutschland ist so fordernd wie der des Kanzlers. Deshalb braucht jeder Amtsinhaber Mitarbeiter, auf die er sich stützen kann. Im Fall von Olaf Scholz gibt es interessanterweise nur Männer – mit einer Ausnahme.

Kein Politiker in Deutschland steht so im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses wie der Kanzler. Doch der mächtigste Mann der Republik kann den Rund-um-die-Uhr-Job natürlich nicht allein bewerkstelligen. Muss er auch nicht: Allein im Kanzleramt arbeiten rund 750 Mitarbeiter. Und es sollen noch mehr werden.

Auch wenn die Regierungszentrale immer größer wird, ist es bei Olaf Scholz nicht anders als bei seinen Vorgängern: Er hat rund ein halbes Dutzend besonders wichtiger und treuer Menschen um sich geschart. Sie sind immer an seiner Seite, beraten ihn, bereiten gemeinsam mit dem Kanzler Entscheidungen vor. Mindestens genauso wichtig: Sie kennen seine Stärken – und auch Schwächen.

Aber wer gehört zum Machtsystem des Olaf Scholz? Ein Überblick:

Wolfgang Schmidt: Das Mastermind

Man stellt keine allzu kühne These auf, wenn man behauptet: Ohne Wolfgang Schmidt wäre Olaf Scholz nicht Kanzler. Denn als Scholz zwischen 2011 und 2018 Erster Bürgermeister von Hamburg war und dabei auch seine Rückkehr in die Hauptstadt vorbereitete, trug der Jurist den Titel "Bevollmächtigter der Freien und Hansestadt Hamburg beim Bund". Konkret hieß das: Schmidt war das Alter Ego von Scholz in Berlin.

Das galt vor allem auch für die Kontaktpflege zu Journalisten. Viele von ihnen rätselten damals häufig, was Scholz an- und umtreibt. Denn der SPD-Politiker pflegt seit jeher einen eher sphinxhaften Kommunikationsstil. Schmidt wiederum – inhaltlich wie Scholz hanseatisch-sachlich orientiert, vom Typ allerdings eher eine rheinische Frohnatur – kann zu jeder Tages- und Nachtzeit aus einem nichtssagenden Scholz'schen Schachtelsatz einen beeindruckend langen Vortrag über Olafs Weltbild ableiten. Wie sein Chef kann er darüber hinaus stets die Erfolge aus der Hamburger Regierungszeit rezitieren ("In Hamburg haben wir das damals ja so gemacht: …")

Zur Wahrheit gehört auch: Schmidt hat selbst dann noch an Olaf Scholz geglaubt, als es sonst keiner mehr tat und selbst dem nicht zur Selbstunterschätzung neigenden Vorgesetzten Zweifel gekommen sein dürften. Etwa im vergangenen Frühjahr darüber, ob das mit der Kanzlerkandidatur wirklich eine so gute Idee war. Deshalb stand seit Langem fest, dass der 51-Jährige, der zuletzt Scholz' Staatssekretär im Finanzministerium war, im Fall der Fälle Kanzleramtschef wird.

Damit ist Schmidt nun ganz offiziell das, was er eigentlich immer schon war: Das Mastermind und der wichtigste Problemlöser des Kanzlers. Und all das rund um die Uhr. Denn Kanzleramtschef ist vermutlich der brutalste Job, den die Regierung neben dem Kanzler zu vergeben hat. Was für Schmidt allerdings kein Problem sein dürfte, weil sich schon früher viele in seinem Umfeld fragten, ob sein Tag womöglich 36 Stunden hat.

Steffen Hebestreit: Der Kommunikator

Als der Journalist 2014 die Seiten wechselte und Sprecher der damaligen Generalsekretärin Yasmin Fahimi wurde, hätte er wohl kaum damit gerechnet, ein paar Jahre später Regierungssprecher zu werden. Denn die SPD lag darnieder – und Fahimis nicht immer glückliche Amtszeit im Willy-Brandt-Haus war kurz.

2015 wurde der Politikwissenschaftler Leiter der Hamburger Landesvertretung in Berlin – und kam somit in den Dunstkreis von Scholz. Als der SPD-Politiker 2017 Finanzminister wurde, wechselte Steffen Hebestreit als sein Sprecher mit ihm in das wichtigste Ressort der Regierung. Auch in Hebestreits Fall zeichnete sich früh ab, dass er Scholz weiter treu bleibt – und somit zum Regierungssprecher aufsteigt. Weil er lange Zeit als Hauptstadtkorrespondent arbeitete, ist er mit vielen Journalisten noch immer per Du.

Hebestreit ist ein schlauer und rhetorisch versierter Mensch, der Humor schätzt. Und auch ein ausgeprägtes Faible für Ironie hat. Beobachter staunen immer wieder, wie belastbar sein Verhältnis zu Scholz offenbar ist. Denn Hebestreit kann sich sogar in der Öffentlichkeit durchaus mal eine Spitze gegen den Chef leisten, den er von der Körpergröße her deutlich überragt. So auch bei der Amtsübergabe im Bundespresseamt, als der 49-Jährige sagte: "Dem Kanzler kann ich versprechen, dass er demnächst Tiktok tanzen wird, wenn wir das gemeinsam entscheiden." Im Fall von Angela Merkel und Steffen Seibert wäre eine derartige Lockerheit undenkbar gewesen.

Jeanette Schwamberger: Die Türsteherin

Bei engen Mitarbeitern schätzt Scholz die gleichen Eigenschaften wie seine Vorgängerin: Klug sollen sie sein. Loyal und diszipliniert – also verschwiegen. All das trifft natürlich auch auf die Ökonomin zu, die qua Amt die wichtigste Mitarbeiterin des Kanzlers ist. Von der Vorlage bis zur Anfrage – alles, was bei Scholz landen soll, muss vorher über den Schreibtisch seiner Büroleiterin Jeanette Schwamberger. Und bei Reisen ist sie oder einer ihrer Mitarbeiter ebenfalls stets dabei.

Auch bei der mit Abstand mächtigsten Frau in Scholz' Arbeitsumfeld zeigt sich, dass der Kanzler gern auf Leute setzt, mit denen er sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Schwamberger leitete bereits sein Büro im Bundesfinanzministerium und arbeitete – da ist wiederum der Bezug zu Hamburg – früher unter anderem als Leiterin des Büros von Altkanzler Helmut Schmidt.

Helfen dürfte ihr und damit auch Scholz zudem, dass sie zu Hochzeiten der Finanzkrise Sprecherin des Finanzministeriums war. Schwamberger weiß also, an welchen Themen Journalisten typischerweise interessiert sind – und an welchen eher weniger. Mit ihrem nüchtern-klaren Blick auf die Medienbranche dürfte sie für den Kanzler neben Hebestreit und Schmidt ein weiteres Frühwarnsystem sein. Aber auch bei allen anderen Themen heißt es, Scholz lege großen Wert auf ihre Einschätzung.

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Jens Plötner: Der Außenexperte

Außenpolitik spielte für Scholz in seinem früheren Leben als Erster Bürgermeister von Hamburg und Bundesfinanzminister eine überschaubare Rolle. Als Kanzler ist sie für ihn durch den Ukraine-Krieg zur wichtigsten Front geworden.

Seit Dezember hat Scholz dafür jemanden an seiner Seite, dessen ganze Laufbahn der Welt außerhalb Deutschlands gewidmet war: den Karrierediplomaten Jens Plötner. Der 54-jährige Jurist und Politologe hat in Hamburg, Bordeaux und Paris studiert (unter anderem auch Völkerrecht), bevor er 1994 in den diplomatischen Dienst kam.

Unter dem einstigen Außenminister Joschka Fischer profilierte er sich als Vizesprecher, wurde später Sprecher von Fischers Nachfolger Frank-Walter Steinmeier und war vor dem Wechsel ins Kanzleramt zuletzt Politischer Direktor im Auswärtigen Amt. Dazwischen lagen Botschaftsstationen im Nahen Osten, Sri Lanka und Griechenland.

Russland gehörte nicht dazu, aber auch in dieser Region kennt Plötner, der 2015 das zweite Minsker Abkommen mitverhandelte, sich aus. Deshalb prangerte ihn der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk namentlich an, als er Steinmeier in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" vorwarf, ein "Spinnennetz der Kontakte mit Russland" geknüpft zu haben.

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Für Scholz ist Plötner einer der wichtigsten Berater. Wie der Kanzler ist der gebürtige Schleswig-Holsteiner eher kühler Analytiker als ein Mann der Emotionen. Beruflich war er immer in den ganz großen Linien unterwegs: Transatlantik- und Griechenland-Krise, Atomkonflikt mit dem Iran und Unruheherd Naher Osten.

Da ist auch gedanklich wenig Raum für das "Klein-Klein" der Innenpolitik. Außenpolitisch hat Plötner neben der Ukraine schon die nächste Herausforderung im Blick: die Beziehungen zu Indien und die Frage, ob das Land ein Partner für Deutschland in einer veränderten Weltordnung mit China als Supermacht sein kann. Auch deshalb war aus dem Kanzleramt wenig zu hören, als Indien nach Beginn des Ukraine-Kriegs mit Russland nicht brechen wollte.

Jörg Kukies: Der Investmentbanker

So wie es im Kabinett manchmal Superminister gibt, gibt es auch im Kanzleramt von Olaf Scholz einen Superberater: Jörg Kukies. Als Staatssekretär berät Kukies, 54 Jahre alt, den Kanzler sowohl in Fragen der Wirtschafts- als auch der Europapolitik.

Kukies ist dabei einer der wenigen engen und wichtigen Vertrauten des Kanzlers, die noch nicht jahrelang zu seinem Umfeld gehören. Erst 2018 ist er zu Scholz gewechselt, als der noch Bundesfinanzminister war. Davor war Kukies Co-Deutschlandchef der Investmentbank Goldman Sachs. Nicht gerade ein sozialdemokratischer Sehnsuchtsort.

Scholz wird nachgesagt, dass ihm solche Dinge ohnehin egal sind. Eine größere Rolle dürfte aber gespielt haben, dass Kukies eine Empfehlung von einer Vertrauten war: von der damaligen SPD-Chefin Andrea Nahles nämlich, die Scholz nach ihrem Politik-Aus nun wieder als Chefin der Bundesagentur für Arbeit installiert hat.

Ein bisschen sozialdemokratischen Stallgeruch hat Kukies, der in Deutschland, Frankreich und den USA studiert hat und einen Doktortitel besitzt, jedoch trotzdem: Er ist seit seiner Jugend Mitglied der SPD und war sogar Vorsitzender der Jusos in Rheinland-Pfalz. Seine Nachfolgerin? Andrea Nahles.

Benjamin Mikfeld: Der Stratege

Benjamin Mikfeld ist für Olaf Scholz das, was Eva Christiansen für Angela Merkel war: der strategische Kopf. Während Christiansen jedoch auch über die Berliner Blase hinaus durchaus von Interessierten wahrgenommen wurde, hält sich Mikfeld bislang noch stärker im Hintergrund.

Der 49-Jährige leitet im Kanzleramt die Abteilung für Politische Planung und Grundsatzfragen. Einen ähnlichen Job hatte er für Scholz auch schon im Finanzministerium, als der das Haus 2018 übernahm. Mikfeld hatte in früheren Jahren durchaus selbst politische Ambitionen. Er war von 1999 bis 2001 Juso-Bundesvorsitzender, scheiterte jedoch anschließend mit einer Kandidatur für den Bundestag.

Statt auf der politischen Bühne arbeitete er fortan in dem, was man den Maschinenraum der Politik nennt. Er organisierte, analysierte und plante in unterschiedlichen Funktionen die Politik der SPD im Willy-Brandt-Haus mit, war zeitweise als freiberuflicher Politikberater tätig und gründete einen Thinktank. Für Scholz, so heißt es, ist der Sozialwissenschaftler auch ein intellektueller Sparringspartner, mit dem er sich über Sachbücher austauscht.

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