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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Der Minister und Augustus Intelligence Amthors Werk und Scheuers Beitrag
In der Affäre um Augustus Intelligence legt das Ministerium erstmals die Kommunikation mit der Firma offen. t-online.de liegen die Dokumente vor. Sie werfen mehr Fragen auf, als dass sie Antworten geben.
Das von CDU-Politiker Philipp Amthor in der Bundesregierung beworbene Unternehmen Augustus Intelligence hat sich vor einem Expertengespräch im Bundesverkehrsministerium Einfluss auf die Tagesordnung versprochen. Das geht aus Emails zwischen dem Ministerium und dem Unternehmen hervor, die t-online.de vorliegen. Ziel des Treffens am 26. September 2018 war laut Ministerium "der Aufbau eines eigenen, hochrangigen Expertennetzwerks rund um die Einsatzmöglichkeiten von [Künstlicher Intelligenz] im Mobilitätsbereich".
Schriftverkehr und Protokoll
Die Einladung dazu ging beiden Unternehmensvertretern am 4. September 2018 persönlich zu. In seiner Antwort schrieb der Mitgründer des Unternehmens, Pascal Weinberger, daraufhin: "Für weitere Details und Fragen sowie die Agenda Feinabstimmung wird Herr (...) mit Ihnen den Kontakt halten." Ob und inwiefern es daraufhin Absprachen hinsichtlich der Tagesordnung gab, geht aus dem Mail-Wechsel allerdings nicht hervor.
Dafür wird nun klarer, welche Ergebnisse das Gespräch mit Minister Andreas Scheuer hatte, an dem neben dem bis dato nahezu unbekannten Start-Up Augustus Intelligence ausschließlich Vertreter namhafter Branchengrößen wie BMW, Bosch, Deutsche Bahn und Deutsche Telekom teilnahmen. Das Protokoll, das t-online.de nun ebenfalls vorliegt, hielt unter anderem Gedankenspiele zu Start-Ups unter staatlicher Beteiligung fest:
- "Sehr hilfreich wäre auch der Aufbau einer Infrastruktur für Daten als Grundlage für die Entwicklung eines Ökosystems aus Marktplätzen und Apps. Hierfür gilt es eine 'große Vision' zu entwickeln und Kräfte zu bündeln. Sinnvoll könnte ein Joint Venture mit Startup Charakter sein, wobei jeder Partner etwas einbringt (Daten/Geld/Talente). Der Weg führt über einen funktionstüchtigen Nukleus, der auf Skalierbarkeit angelegt ist und wachsen kann. Eine Rechtsform mit staatlicher Ownership sollte Schutz vor 'feindlicher Übernahme' bieten."
Zu dem Treffen hatte das Verkehrsministerium t-online.de bereits im Juni mitgeteilt: "Es war ein reiner Gedankenaustausch. Das Startup war und ist auch nicht Teil einer finanziellen Unterstützung oder Förderung." Eine geplante "Denkfabrik" sei nicht eingerichtet worden, weitere Treffen des Expertenkreises habe es nicht gegeben.
Weitere Kontakte nicht dokumentiert
Während die Emails die Vorbereitung und das Protokoll die Durchführung des Treffens dokumentieren, ist allerdings weiter unklar, wie der Kontakt zwischen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), dem Ministerium und Augustus Intelligence im Detail zustande kam.
t-online.de hatte mittels des Informationsfreiheitsgesetzes die gesamte Kommunikation des Ministeriums mit dem Unternehmen angefordert. Abgesehen von den Emails zur Vorbereitung und Nachbereitung des Treffens im Ministerium und dem Protokoll ist kein weiterer Schriftverkehr in dem Material enthalten – und das obwohl es bereits Monate zuvor und auch danach bis zum Weltwirtschaftsforum in Davos persönliche Kontakte gab.
"Kennenlerngespräch" im Ministerium
Das Ministerium hatte die Treffen Stück für Stück eingeräumt: Nachdem der "Spiegel" die Affäre um Philipp Amthor und das Unternehmen Mitte Juni öffentlich gemacht hatte, wurde kurz darauf das Expertengespräch im September 2018 bekannt. Auf Anfrage von t-online.de räumte das Ministerium wenig später ein sogenanntes "Kennenlerngespräch" am 9. Juli 2018 im Ministerium ein – dabei wurden Geschäftsführer Wolfgang Haupt und Mitgründer Pascal Weinberger von Minister Scheuer empfangen.
Erst auf eine Kleine Anfrage des FDP-Abgeordneten Frank Sitta machte das Ministerium schließlich einen weiteren vorherigen Kontakt bekannt: Demnach habe Scheuer die Augustus-Intelligence-Vertreter bereits im Februar 2018 getroffen – "auf einer Veranstaltung in einem größeren Personenkreis". Seitdem habe es "losen Austausch" gegeben, auch über Themen der Digitalisierung der Künstlichen Intelligenz.
Laut "Handelsblatt" soll es sich bei diesem Austausch unter anderem um eine WhatsApp-Gruppe gehandelt haben. Laut der auf das Informationsfreiheitsgesetz spezialisierten Plattform "FragDenStaat" werden solche Nachrichten nicht in Akten aufgenommen und dementsprechend auch nicht auf Antrag herausgegeben.
- eigene Recherchen
- Bundestag: Kleine Anfrage der FDP