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CDU-Politikerin im Interview über Koalitionsverhandlungen mit der SPD


Verhandlungen über Schwarz-Rot
"Das wollen wir auf keinen Fall"

InterviewVon Sara Sievert

28.03.2025Lesedauer: 7 Min.
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CDU-Politikerin Hoppermann: "Der Plan war, erst Maßnahmen zu beschließen und politische Ziele zu definieren und am Ende zu schauen, ob und wo noch Geld fehlt." (Quelle: Dominik Butzmann)
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Franziska Hoppermann ist neue Schatzmeisterin der CDU. Im Interview spricht sie über die Knackpunkte bei den laufenden Koalitionsverhandlungen, über plötzliche Schulden, was daraus folgen muss und welche wichtige Rolle der SPD jetzt zukommt.

Franziska Hoppermann überlegt einen Moment, bevor sie antwortet. Es geht um die Frage nach dem Geld, wie so oft in diesen Tagen. Eigentlich wollte Friedrich Merz, wollte die Union zunächst mal sparen, bevor sie plant es auszugeben. Jetzt hat man sich mit der SPD auf ein historisches Schuldenpaket geeinigt.

"Ich habe mir auch eine andere Reihenfolge gewünscht", gesteht Hoppermann. Der Plan sei ein anderer gewesen. Jetzt müsse man aufpassen, dass man verantwortungsvoll mit dem Haushalt plane, denn "der Konsolidierungsdruck im Haushalt bleibt". Damit wagt die CDU-Politikerin mehr öffentliche Reflexion als manch anderer in ihrer Partei.

Hoppermann ist seit dieser Woche Schatzmeisterin der CDU und gehört damit von nun an zum Spitzenpersonal ihrer Partei. t-online hat die Politikerin zum Gespräch in ihrem Büro getroffen.

Frau Hoppermann, in dieser Woche hat die "finale Phase" der Koalitionsverhandlungen begonnen. Wie optimistisch sind Sie, dass die Regierung noch vor Ostern steht?

Franziska Hoppermann: Das kann aktuell keiner voraussagen. Es kann klappen, muss es aber nicht. Vieles hängt an den Sozialdemokraten. Ich bin eine Freundin von Gründlichkeit vor Schnelligkeit – gerade, wenn es um die großen Punkte geht. Da sollten wir uns schon die Zeit nehmen, ordentliche und verlässliche Verabredungen miteinander zu treffen. Am Ende muss das, was wir in diesen Tagen verhandeln, auch halten.

Also keine Deadline?

Wir sind jetzt vier Wochen nach einer Bundestagswahl. Denken Sie an Österreich, da hat es fünf Monate gedauert, bis man sich geeinigt hat. Das wollen wir auf keinen Fall. Dagegen sind wir wirklich gut im Zeitplan. Bislang haben wir jedenfalls nicht gebummelt.

In den ersten Zwischenergebnissen ist auffällig, dass es noch ziemlich viele Unstimmigkeiten gibt. Sie haben selbst mitverhandelt. Wie ist Ihr Eindruck aus den Gesprächen?

Menschlich haben wir uns in meiner Arbeitsgruppe sehr gut verstanden. Es gab vieles, bei dem wir uns erfreulicherweise einig waren. Aber natürlich sind da auch immer Punkte, wo es in unterschiedliche Richtungen geht. Und das ist bei anderen Arbeitsgruppen offenkundig noch mehr der Fall gewesen.

(Quelle: Dominik Butzmann/t-online)

Zur Person

Franziska Hoppermann, 43 Jahre, ist in Hamburg geboren und Abgeordnete im Wahlkreis Hamburg-Wandsbek. Seit 2021 ist sie Mitglied im Deutschen Bundestag und seit März 2025 Bundesschatzmeisterin der CDU. Hoppermann ist Landesvorsitzende der Frauen-Union Hamburg. Bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD ist sie Mitglied der Verhandlungsgruppen.

Vor der Wahl hat die CDU klare Bedingungen für einen Koalitionspartner aufgestellt. Vieles davon hat die SPD bislang nicht zugesagt. Wo muss Friedrich Merz sich jetzt durchsetzen?

Ich mag den Ansatz "Wer hat wo gewonnen" nicht. Am Ende muss es beiden Seiten darum gehen, eine stabile Bundesregierung aufzustellen – mit Inhalten, die den aktuellen Herausforderungen angemessen begegnen. Wichtig ist, dass die Menschen merken, es ändert sich wirklich etwas.

Machen Sie es trotzdem mal konkret, welche Punkte sind dafür wichtig?

Wir sind das dritte Jahr in Folge in einer Rezession. Die Wirtschaft muss definitiv angekurbelt werden. Dann brauchen wir klare Sicherheitsaufstellungen – nach innen wie außen. Dann müssen wir beim Bürgergeld nachjustieren. Jemand, der arbeitet, muss mindestens 500 Euro mehr in der Tasche haben als jemand, der nicht arbeitet. Das Thema Gerechtigkeit ist mir im Wahlkampf immer wieder begegnet. Nicht zuletzt ist wichtig, dass wir die Migrationsfrage lösen. Das haben wir den Menschen im Wahlkampf versprochen. Jetzt müssen wir liefern. Und ich würde sagen, bei jedem dieser Punkte hat die SPD auch ein Interesse, dass es funktioniert.

Das klingt jetzt aber nicht nach roten Linien für eine Koalition. Was etwa, wenn die SPD sich bis zuletzt bei der Unternehmenssteuerreform weigert? Oder bei den Zurückweisungen an der Grenze?

Ich bin keine Freundin von roten Linien. Kompromisse gehören im politischen Geschäft einfach dazu – rote Linien hingegen wirken immer so absolut. Aber: Diese Themen, die ich gerade genannt habe, müssen wir lösen. Und da müssen wir gegenüber der SPD auch hart bleiben. Ich bin aber optimistisch.

Schließen Sie aus, dass die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD doch noch scheitern?

Scheitern kann man immer. Ich glaube aber, dass beide Partnerseiten die Ernsthaftigkeit mitbringen, mit der Verantwortung umzugehen. Die Alternativen sind nicht gangbar.

Nun steht die Regierung zwar noch nicht, aber der neue Bundestag hat sich schon konstituiert. Dabei fällt auf: Der Frauenanteil ist wieder gesunken. Bei der Union sind es aktuell nur noch 23,1 Prozent. Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund liegt gerade mal bei 6 Prozent in Ihrer Fraktion. Woran liegt das?

Beides kann uns nicht zufriedenstellen und klar ist, daran müssen wir arbeiten. Wenn wir über die Ursachen sprechen, würde ich sagen, es liegt an unterschiedlichen Faktoren. Nicht zuletzt hat es auch etwas mit dem Wahlrecht zu tun. Also mit der Frage, wie erringen Unionsmitglieder ihr Mandat? Häufig ist das über eine Direktkandidatur. Darauf hat die Partei weniger Einfluss als beispielsweise auf Listenplätze. Und auch dort wurden Frauen, die gewonnen haben, gekappt und sind nicht Abgeordnete geworden. Mit Blick auf die Frauen kann ich sagen: Ich bin jetzt acht Jahre Landesvorsitzende der Frauen-Union in Hamburg und ermutige Politikerinnen, sich auch immer auf Direktmandate zu bewerben. Es stimmt, dass wir hier weiter dran arbeiten und auch mehr um Frauen werben müssen, aber am Ende brauchen wir auch Frauen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

Warum heißt Direktmandat gleich weniger Frauen?

Das versuche ich auch noch herauszufinden. Die Position ist exponierter und gegebenenfalls muss man sich in einer Kampfkandidatur durchsetzen. Und hört ein Amtsinhaber auf und tritt nicht wieder an, haben sich oft auch schon andere in Stellung gebracht. Das macht es schwieriger und scheint manche Frau abzuschrecken.


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Scheitern kann man immer. Ich glaube aber, dass beide Partnerseiten die Ernsthaftigkeit mitbringen, mit der Verantwortung umzugehen. Die Alternativen sind nicht gangbar.


Franziska Hoppermann


Ist die Unterrepräsentanz mancher Gruppen in ihrer Fraktion ein Problem?

Es ist das eine, zu sagen, hier müssen wir besser werden. Wir sind eine Volkspartei. Die CDU will eine breite Gesellschaft ansprechen und jeden ermutigen, sich einzubringen. Das muss unser Ziel sein. Das andere ist der Unterschied zwischen Repräsentanz und Repräsentativität. Etwa sind auch verschiedene Berufsgruppen unterschiedlich stark oder schwach im deutschen Parlament vertreten. Und da würde ich sagen, das kann korrelieren, muss es aber nicht. Ich glaube, wir kriegen es nie ganz hin, die Gesellschaft im Bundestag komplett deckungsgleich abzubilden. Am Ende sind wir Vertreterinnen und Vertreter des ganzen Volkes und repräsentieren es.

Teil der Wahrheit ist auch, dass Frauen eher für Frauen- und Familienpolitik eingebunden werden als für Finanz- und Sicherheitspolitik. Ist das ein Problem?

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Das ist ganz unterschiedlich. Diese Automatismen gibt es noch in Teilen und stören mich auch. Aber wir Frauen aus der Unionsfraktion sitzen in allen möglichen Ausschüssen. Ich arbeite beispielsweise im Digital- und im Haushaltsausschuss. Vielleicht ist es am Ende eher eine Frage der Sichtbarkeit auch in und von den Medien?

Bei den Koalitionsverhandlungen sitzen in der Arbeitsgruppe Außen- und Verteidigung eine Frau und fünf Männer. In der Gruppe Haushalt, Finanzen und Steuern sind es ausschließlich Männer.

Das stimmt und hat leider oft etwas mit verschiedenen Proportionen zu tun, die bei so etwas berücksichtigt werden müssen. Und trotzdem bin ich der Meinung, dass eine Arbeitsgruppe, wo nur Männer drin sind, nicht akzeptabel ist.

Auf die Frage nach Geschlechterparität im Kabinett sagen Sie bislang, es gehe darum, Frauen "angemessen" zu berücksichtigen. Was heißt das konkret?

Natürlich wird viel davon abhängen, welche Ressorts CDU und CSU besetzen, und dann müssen bei der Verteilung der Ämter verschiedene Dinge berücksichtigt werden. Frauen sollen aber möglichst breit eingebunden werden. Es reicht nicht, wenn wir am Ende beispielsweise zwei Ministerinnen auf den Posten Bildung und Familie haben. Gleichzeitig hilft es auch keinem, wenn wir die Verteilung zwischen Männern und Frauen am Ende mit dem Lineal durchgehen.

Als Schatzmeisterin gehören Sie jetzt zur Parteispitze der CDU. Wie kann es der Partei gelingen, mehr Frauen anzusprechen?

Man kann das an dieser Woche ganz gut sehen. Wir hatten als CDU zwei Positionen zu besetzen, die Bundestagspräsidentin und in der Folge die Bundesschatzmeisterposition. Beide sind mit einer Frau besetzt worden. Julia Klöckner ist jetzt ein leuchtendes Beispiel im zweithöchsten Amt im Land. Es geht darum, Frauen sichtbar nach vorn zu stellen, und das machen wir jetzt. Das Bundestagspräsidium war ein guter erster Schritt. Ich bin mir sicher, dass es für das Kabinett viele weitere qualifizierte Frauen in unserer Partei gibt.


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Ich habe mir auch eine andere Reihenfolge gewünscht. Der Plan war, erst Maßnahmen zu beschließen und politische Ziele zu definieren und am Ende zu schauen, ob und wo noch Geld fehlt.


Franziska Hoppermann


Lassen Sie uns noch einmal über Geld sprechen. In Ihrer Partei, aber auch bei Ihren Wählerinnen und Wählern herrscht durchaus Unzufriedenheit über die hohe Schuldenaufnahme. Können Sie das nachvollziehen?

Ja und nein. Ich habe mir auch eine andere Reihenfolge gewünscht. Der Plan war, erst Maßnahmen zu beschließen und politische Ziele zu definieren und am Ende zu schauen, ob und wo noch Geld fehlt. Ich selbst finde auch, dass wir uns nicht immer nur die Frage stellen sollten: Wie viel Geld geben wir aus? Sondern auch: Wie gehe ich mit dem Geld um, was erreichen wir damit? Es ist nicht immer nur dann erfolgreich, wenn wir viel Geld ausgeben. Und auf der anderen Seite sind die internationalen Rahmenbedingungen jetzt extrem fordernd. Das haben wir uns nicht ausgesucht. Und die vergangenen Wochen haben einfach noch einmal gezeigt, dass wir uns jetzt sicherheitspolitisch doch noch mal anders aufstellen müssen. Und dass es jetzt wirklich schnell, aber zuverlässig vorangehen muss.

Es wird aber ja nicht nur Geld für Sicherheit und Verteidigung ausgegeben, sondern auch für Infrastruktur, Schulen, Klima – was muss jetzt passieren, um diese Summen zu rechtfertigen?

Zum einen müssen wir sehen, dass wir das Geld jetzt richtig ausgeben. Das wird in den Einzelgesetzen noch zu klären sein. Der Konsolidierungsdruck im Haushalt bleibt, und es sind Strukturfragen, die wir klären müssen. Jetzt ist nicht die Zeit für Wahlgeschenke. Es gelten ja trotz allem die europäischen Fiskalregeln für uns. Die Zinslast wird immer größer, je mehr Schulden man aufnimmt. Und das Sondervermögen streckt sich über 12 Jahre. Das ist kein unendliches Füllhorn, sondern das sind sozusagen die Rahmenbedingungen, in denen man sich jetzt bewegen muss.

Wo muss gespart werden?

Da gibt es ausreichend Möglichkeiten. Ich denke da allein an die Sozialversicherungssysteme, die wir zukunftsfest aufstellen müssen. Da geht es vor allem darum, die Anstiege abzubremsen in Kranken- und Rentenversicherung und in der Pflege. Die Kosten sind für die Menschen zu hoch.

Wenn Sie sich ein Ziel für die bevorstehende Legislatur rauspicken müssten, was wäre das?

Das ist jetzt vielleicht kein Verkaufsschlager, aber ich würde die Bundesverwaltung gerne wieder so aufgestellt sehen, dass wir einen funktionierenden Maschinenraum haben. Die Menschen sollen wieder das Gefühl haben, dass Politik funktioniert. Entscheidungen, die wir in Berlin treffen, müssen für die Menschen da draußen schneller wirksam werden.

Letzte Frage, Friedrich Merz will den Namen "GroKo" also "Große Koalition" künftig ersetzen. Es gibt jetzt eine ganze Reihe von Vorschlägen. Haben Sie auch einen?

Darüber mache ich mir keine Gedanken. Das sollen andere entscheiden. Mir geht es darum, was da vereinbart wird, nicht wie es heißt.

Verwendete Quellen
  • Interview
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