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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Geldschleusen öffnen sich Nun zeigt sich, dass Scholz' Schritt zu klein war

CDU, CSU und SPD reagieren mit einem Multimilliardenplan auf Donald Trumps Drohungen. Endlich wird bei der Verteidigung geklotzt statt gekleckert.
Dieser 4. März 2025 wird in die bundesdeutsche Geschichte eingehen. Noch haben CDU, CSU und SPD keine neue Bundesregierung gebildet, doch sie treffen bereits gewichtigere Entscheidungen als alle Regierungen der vergangenen 20 Jahre. Was CDU-Chef Friedrich Merz, SPD-Chef Lars Klingbeil und der CSU-Vorsitzende Markus Söder an diesem Dienstagabend gemeinsam verkündet haben, ist nichts Geringeres als eine Revolution von oben: Im notorisch blockierten deutschen Finanzsystem öffnen sie die Geldschleusen sperrangelweit. Vorbei ist die Zeit der starren Finanzkontrolle, jetzt wird nicht mehr gekleckert, sondern geklotzt:
- Alle Verteidigungsausgaben, die über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, sollen von der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse ausgenommen werden. Die Bundeswehr soll sämtliches Gerät kaufen können, das sie braucht.
- Ein über zehn Jahre laufendes Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro soll die marode Infrastruktur instand setzen: Brücken und Straßen, Schulen und Bahntrassen sollen repariert werden.
- Auch die Bundesländer sollen die Möglichkeit bekommen, mehr Schulden zu machen. Ihre besonders strenge Schuldenbremse soll an die flexiblere Bundesregelung angepasst werden.
- Treffen soll diese weitreichenden Beschlüsse noch schnell der alte Bundestag. Dort können Union und SPD dank der Grünen auf die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit hoffen. Im neuen Parlament sind AfD und Linkspartei so stark, dass sie Grundgesetzänderungen blockieren können.
Die schwarz-roten Füllhornpolitiker sparen nicht mit Superlativen. "Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: whatever it takes", verkündet Merz, also was auch immer es braucht. "Wir werden alles tun, um unser Land zu schützen", verspricht Markus Söder, "für die Sicherheit: no limit! Alles, was die Bundeswehr braucht." Und weiter: "Wir rüsten komplett auf – militärisch und technologisch. An unserer Entschlossenheit soll niemand zweifeln."
Worte wie diese wären aus dem Mund eines deutschen Spitzenpolitikers vor fünf Jahren undenkbar gewesen. Heute verdeutlichen sie den dramatischen Handlungsdruck. Der neue US-Präsident Donald Trump hat binnen Tagen das Vertrauen in den militärischen Schutz Amerikas und damit auch der Nato zerstört. Europa muss fürchten, im Fall der nächsten russischen Aggression allein dazustehen, die Bundeswehr könnte das Leben von 83 Millionen Bundesbürgern nicht verteidigen.
Das ist eine Katastrophe, die im jahrelangen Versäumnis der vergangenen Jahrzehnte wurzelt: Nicht nur die Politiker haben versagt, die ganze Gesellschaft hat die Zeichen der Zeit verschlafen, während sie unbekümmert ihren Wohlstand genoss. Man hätte sehen können, was sich in Russland zusammenbraute, nicht erst seit der Krim-Annexion 2014. Hat man aber nicht, wollte man nicht.
Ampelkanzler Olaf Scholz hat mit dem Zeitenwendevermögen einen ersten Schritt zur Wiederherstellung der deutschen Verteidigungsfähigkeit gemacht. Nun zeigt sich, dass er zu klein war – nicht ausreichend angesichts des Trump'schen Zerstörungskurses. Deshalb unterschreiben die Chefs der künftigen schwarz-roten Koalition einen Schuldschein mit sehr, sehr vielen Nullen, und das ist gut so. Die drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt, das stärkste Land der Europäischen Union, kann nicht weiter als hilfsbedürftiger Teenager durch die internationale Politik schleichen. An diesem 4. März 2025 ist die Bundesrepublik volljährig geworden.
Bis zu ihrer Reife wird es allerdings noch dauern. Die Abwehrbereitschaft ist nicht morgen wiederhergestellt. Neue Waffen fallen nicht vom Himmel, die Wehrpflicht ist nicht in 24 Stunden eingeführt, Kommandostrukturen werden nicht über Nacht geplant. Umso wichtiger, dass die künftigen Koalitionäre nun Kurs halten und sich nicht verzetteln.
Das gilt vor allem für die SPD, die den Multimilliardensegen nutzen will, um auch ihre Wählerklientel zu alimentieren: Familien sollen entlastet und Renten bezuschusst werden. Alles schön und gut in normalen Zeiten. Doch die Zeiten sind nicht mehr normal. Die Priorität muss jetzt darauf liegen, die Verteidigungsfähigkeit wiederherzustellen. Putin muss verstehen, dass Deutschland stark ist. Nur militärische Stärke wirkt abschreckend auf Imperialisten wie den Kremlchef.
Merz, Söder und Klingbeil haben ein großes Versprechen gegeben. Jetzt müssen sie liefern.