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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Sie wollen mich vorführen!" Ramelow verliert bei "Markus Lanz" die Beherrschung
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FDP-Wahlverlierer Wolfgang Kubicki zeigt sich abgeklärt, Linken-"Silberlocke" Bodo Ramelow gerät wegen des Unvereinbarkeitsbeschlusses der CDU in Rage.
Zunächst verlief die Diskussion noch wohltemperiert. FDP-Vize Wolfgang Kubicki erzählte, wie er am Wahlabend gegen 3.30 Uhr gemerkt habe, dass er sich das Ergebnis nicht würde "schöntrinken" können. Wie er angesichts des Ausscheidens der FDP aus dem Parlament mit seiner Politkarriere abgeschlossen habe und "an dem Abend subjektiv raus" gewesen sei – aber dann "mehrere hundert Mails" bekommen habe, die ihn zum Weitermachen aufgefordert hätten.
Nun überlege er, nach dem Rückzug Christian Lindners für den Parteivorsitz zu kandidieren, aber: "Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen." Der 72-Jährige gab sich abgeklärt: "Dass ich nicht die Zukunft der Partei bin, weiß ich selbst." Andererseits stampfe man "neues Personal auch nicht einfach aus dem Boden".
Gäste:
- Wolfgang Kubicki (FDP), stellvertretender Bundesvorsitzender
- Bodo Ramelow (Die Linke), ehemaliger Ministerpräsident von Thüringen
- Anna Lehmann, Leiterin des Parlamentsbüros der "taz"
- Kerstin Münstermann, Politikexpertin der "Rheinischen Post"
Kubicki trug es mit Fassung, dass die Journalistin Kerstin Münstermann der FDP bescheinigte, sie habe die "Quittung für Opposition in der Regierung" erhalten, und dass ihre "taz"-Kollegin Anna Lehmann die Partei mit der "Titanic" verglich. Es hätten ja alle drei Ampelparteien dramatisch verloren, stellte Kubicki dazu fest, er selbst wäre "schon viel früher ausgestiegen". Auf eine Diskussion über das umstrittene "D-Day"-Papier der FDP zum Ampel-Ausstieg wollte er sich nicht recht einlassen: Er habe es nicht gekannt und finde die Vorstellung "absurd", dass man Mitarbeiter brauche, "die einem ein Szenario aufschreiben, das entscheiden wir immer noch selbst". Er wäre "offensiver damit umgegangen".
Ramelow erinnert an den Kurzzeit-Ministerpräsidenten Kemmerich
Dann kam die Diskussion auf das Abstimmungsverhalten der FDP bei den von Friedrich Merz initiierten Bundestagsabstimmungen zur Migrationspolitik Ende Januar. "Es hätte nie der Eindruck entstehen dürfen, wir stimmen nicht geschlossen ab", stellte Kubicki mit Bezug auf die zweite Abstimmung am 31. Januar fest, bei der 23 FDP-Abgeordnete nicht abgestimmt hatten. Während Kerstin Münstermann fand, dass die Liberalen hätten sagen müssen: "Auf keinen Fall machen wir da mit!", sah Kubicki keinen Fehler darin, gemeinsam mit der AfD gestimmt zu haben.
Beistand bekam er ausgerechnet von Bodo Ramelow, der vor allem das Verhalten des CDU-Chefs kritisierte: "Friedrich Merz hat euch alle vorgeführt", erklärte er und sah "das Ansehen des Parlaments herabgewürdigt". Zudem erinnerte er daran, dass die Abstimmung genau fünf Jahre nach der Skandal-Wahl des FDP-Manns Thomas Kemmerich zum Regierungschef von Thüringen stattfand.
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War es die Erinnerung an diese persönliche Demütigung, die Ramelows Gefühlshaushalt aus dem Gleichgewicht brachte? Jedenfalls meldete er sich wenig später zum ersten Mal grundlos harsch zu Wort ("würde gerne mitreden, wenn’s um die Linke geht"), als Kubicki der Linken "Glück mit dem Zeitgeist" bescheinigt hatte.
"Wir brauchen ein ganz anderes Framing", forderte Ramelow nun, "dieses Framing 'der kriminelle Ausländer' mache ich nicht mit". Und nach einem Einspielfilm mit der "Auf die Barrikaden"-Rede seiner Parteigenossin Heidi Reichinnek legte er noch einen drauf: "Ich kämpfe gegen die Normalisierung des Faschismus." Und: "Mit Nazis macht man nichts!" Einen Teil des AfD-Erfolgs bei der Bundestagswahl führte er darauf zurück, "dass die emotionale Einheit total geschädigt ist".
Lanz bringt die neue Sperrminorität von AfD und Linke ins Spiel
Wolfgang Kubicki führte noch einen anderen Aspekt an: die "Ausgrenzung der Nicht-Geimpften" während der Corona-Pandemie. Viele hätten dies als "Übergriffigkeit des Staates" empfunden, gerade im Osten.
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Dem stimmte Ramelow zu: Corona sei "ein Mega-Trigger im Osten" gewesen, so der ehemalige Ministerpräsident. Es sei "ein Schaden, dass das nicht aufgearbeitet wird".
Richtig in Rage geriet Ramelow, als Markus Lanz die Sperrminorität thematisierte, über die AfD und Linke im neuen Bundestag verfügen werden, weil CDU/CSU, SPD und Grüne zusammen keine Zweidrittelmehrheit mehr haben. Ob die Linke etwa für eine Aufhebung der Schuldenbremse zu haben sein würde, fragte der Moderator.
Ramelow: "30 Jahre vom Verfassungsschutz belästigt"
Diese sei "von Anfang an ein Fehler" gewesen, erklärte Ramelow noch ruhig, es sei "eine große Ehre, dass man zur Änderung mit uns reden muss". Danach aber sprach er über "die Gemeinschaftsaufgabe Bildung", die es anzugehen gelte. Als Lanz darauf hinwies, dass er eher an die äußere Sicherheit und ein Sondervermögen für die Bundeswehr gedacht habe, wollte Ramelow nicht verstehen. "Das ist mir zu blöd", wetterte der Linken-Politiker, "wofür soll das Sondervermögen denn sein?"
Offenbar persönlich beleidigt über den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU, der Zusammenarbeit mit der AfD und der Linken gleichermaßen ausschließt, weigerte er sich, die Frage zu beantworten, und wurde immer lauter. "Ganz ruhig, denken Sie an Ihren Blutdruck", versuchte Lanz zu beschwichtigen, aber vergeblich. "Sie wollen von mir gar keine Antwort, Sie wollen mich vorführen", warf Ramelow dem Moderator vor.
Daraufhin beklagte er, dass er "30 Jahre vom Verfassungsschutz belästigt worden" sei und dass der thüringische CDU-Ministerpräsident Mario Voigt es abgelehnt habe, "mit uns Gespräche zu führen". Da staunte selbst Markus Lanz: "Sie sind richtig verletzt", beschloss er eine denkwürdige Sendung.
- ZDF: Sendung "Markus Lanz" vom 26. Februar 2025