Seit Hamas-Überfall Gaza-Krieg beschäftigt Berliner Justiz – Tausende Fälle
Das Hamas-Massaker in Israel hat einen Krieg ausgelöst, die Bilder sorgen immer wieder für aggressiven Protest. Polizei und Justiz in Berlin bekommen das zu spüren.
Ein Jahr nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel liegen bei der Berliner Staatsanwaltschaft knapp 3.200 Verfahren im Kontext des Gaza-Kriegs vor. In 1.070 Fällen geht es dabei um Straftaten bei Demonstrationen, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte. Bei der Berliner Polizei liegen demnach weitere rund 5.300 Fälle, von denen noch etliche bei der Staatsanwaltschaft landen dürften.
Seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 registrieren Polizei und Justiz in der Hauptstadt einen deutlichen Anstieg antisemitischer Straftaten. Als antisemitische Hasskriminalität wertete die Behörde nach eigenen Angaben bislang 103 Fälle der knapp 3.200 Verfahren.
Beschuldigte teilweise mehrfach aufgefallen
Zu den bekanntesten Vorfällen gehört eine Attacke auf den jüdischen Studenten Lahav Shapira am 2. Februar 2024. Die Staatsanwaltschaft hat einen 23-Jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt und geht dabei von antisemitischen Motiven des Kommilitonen des Opfers aus.
In mehr als der Hälfte der Fälle ermittelt die Behörde gegen namentlich bekannte Verdächtige (1.642). Teils werden Verfahren miteinander verbunden (403 Fälle), weil Beschuldigte mehrfach aufgefallen sind. Häufig geht es um Sachbeschädigungen durch antisemitische Schmierereien, Volksverhetzung wegen verbotener Parolen oder das Billigen von Straftaten. Aber auch Widerstandshandlungen gegen Polizisten oder Gewalttätigkeiten gehören zu den Straftaten.
Zahl antisemitischer Straftaten bundesweit verdoppelt
Laut Staatsanwaltschaft wurden bislang in mehr als 360 Fällen Anklagen erhoben oder Verurteilungen zu einer Geldstrafe per Strafbefehl – also ohne mündliche Verhandlung – beantragt. Rechtskräftig verurteilt seien erst 20 Täter, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Bundesweit sind laut Bundesinnenministerium zwischen Jahresbeginn 2024 und Anfang Oktober über 3.200 antisemitische Straftaten erfasst worden. Nicht alle davon müssen einen Bezug zum Nahost-Konflikt haben, wie es hieß. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 1.600 antisemitische Taten. Seit dem 7. Oktober 2023 habe die Polizei fast 8.500 politisch motivierte Straftaten erfasst, hieß es vom Ministerium. Davon seien 3.464 Straftaten als antisemitisch motiviert eingestuft worden. Es handle sich vor allem um antisemitisch motivierte Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen.
Vor dem Jahrestag des Hamas-Überfalls am Montag hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor Gewalt gewarnt – und hartes Durchgreifen angekündigt. "Wenn wir erneut widerwärtigen Judenhass, Aufrufe zur Vernichtung Israels, islamistische Terrorpropaganda oder Angriffe auf Einsatzkräfte erleben müssen, dann muss die Polizei schnell und hart einschreiten", sagte die Ministerin dem "Tagesspiegel".
Die Gewerkschaft der Polizei erwartet am 7. Oktober in Berlin eine "stadtweite, dynamische Lage". Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnte vor einer Zunahme israelfeindlicher und antisemitischer Proteste.
- Nachrichtenagentur dpa