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Generation Z: Weder Studium noch Lehre nach der Schule


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Weder Ausbildung noch Studium
Was ist nur mit der Jugend los?


Aktualisiert am 12.06.2024Lesedauer: 5 Min.
Auszubildende wie diese Tischlerin (l.) werden gesucht. Doch viele junge Menschen machen nach der Schule erst einmal: nichts.Vergrößern des Bildes
Auszubildende wie diese Tischlerin (l.) werden gesucht. Doch viele junge Menschen machen nach der Schule erst einmal: nichts. (Quelle: IMAGO / Panthermedia, HalfPoint Images/imago-images-bilder)

Die Zahl der jungen Menschen, die weder arbeiten noch zur Schule gehen oder studieren, steigt seit zwei Jahren, wie eine Studie zeigt. Gleichzeitig sind Zehntausende Ausbildungsplätze unbesetzt. Wie kann das sein?

Sie sind in einem Alter, in dem es endlich losgehen könnte mit dem eigenständigen Leben: Schulabschluss, Ausbildung oder Studium, Einstieg in den Beruf. Doch tatsächlich machen sie nichts von alledem. Die Rede ist von jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren, die weder in einem Beruf arbeiten noch zur Schule gehen, studieren oder eine Ausbildung machen: NEETs (Not in Employment, Education or Training) werden sie auch genannt.

Jahrelang ist ihre Zahl gesunken. Noch 2009 gab es 920.000 von ihnen, Anfang 2022 nur noch 538.000, damals hatte die Zahl nach einem kurzen Anstieg in der Corona-Zeit wieder abgenommen. Doch seit zwei Jahren steigt die Zahl der NEETs nun wieder. Aktuell liegt sie bei 626.000, das sind 7,5 Prozent aller Jugendlichen in dieser Altersgruppe, wie eine Auswertung der Bertelsmann-Stiftung aktueller Statistiken und Studien zeigt, die t-online exklusiv vorliegt.

Europaweit liegt Deutschland damit zwar noch im unteren Drittel. Doch angesichts von mehr als 70.000 unbesetzten Ausbildungsplätzen – so vielen wie noch nie zuvor – erstaunt dieser Anstieg. Zumal das nur die offiziellen Zahlen sind – also Ausbildungsplätze, die die Betriebe auch bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet haben. Hinzu kommt: Fast jeder fünfte Mensch im Alter zwischen 20 und 34 Jahren hat keinen Berufsabschluss. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) klagt: "Angesichts eines dramatisch hohen Fachkräftemangels können wir uns das nicht mehr leisten."

Schnell ist von fehlender Arbeitsmoral und der faulen Jugend die Rede. Doch wie erklärt sich der Anstieg? Liegt er tatsächlich an einer Generation, die nicht mehr leistungsbereit ist und lieber chillt statt schafft?

Tatsächlich finden sich sehr unterschiedliche junge Menschen unter den NEETs. Etwa jene, die gerade eine Ausbildung oder ein Studium beendet haben und auf der Suche nach einer Anstellung sind. Oder jene, die nach der Schule erst einmal eine Pause einlegen, weil sie sich noch orientieren wollen, wie es für sie weitergeht. Viele in diesen beiden Teilgruppen nehmen nach einer gewissen Zeit tatsächlich eine Stelle an, beginnen ein Studium oder eine Ausbildung.

Sorgen bereiten Arbeitsmarktexperten aber vor allem zwei Teilgruppen: Diejenigen, die tatsächlich zu lange orientierungslos sind und auch nach einem Jahr noch nicht wissen, wie es weitergeht. Und jene, die aufgrund von niedrigen Bildungsabschlüssen zwar grundsätzlich auf der Suche nach einer Stelle sind, diese aber nicht finden.

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Aktuell sieht Schnelle einen Hauptgrund für den Anstieg der NEETs-Zahlen in der Konjunkturschwäche der Wirtschaft. Trotz eines Überangebots an Ausbildungsplätzen insgesamt führe sie dazu, dass es in einigen Regionen mehr Bedarf als Plätze gibt. Zwar traf das auf einige Regionen auch schon vorher zu. Doch die Wirtschaftslage hat das noch verschärft. "Etliche Jugendliche, die eine bestimmte Ausbildung machen wollen, finden daher ausgerechnet diese nicht bei sich in der Gegend", sagt Schnelle.

Oft reicht auch die Qualifikation nicht aus

Dass es einen Zusammenhang zwischen dem Angebot von Ausbildungsplätzen und der Anzahl von NEETs geben könnte, zeigt sich auch in der sogenannten Angebots-Nachfrage-Relation von Ausbildungsplätzen. In Bundesländern, in denen es pro 100 Ausbildungsplatzsuchenden deutlich weniger Plätze gibt, ist die Zahl der NEETs hoch – etwa in Berlin. Gibt es dagegen deutlich mehr freie Ausbildungsplätze als Ausbildungsinteressierte, ist dort auch die Zahl der NEETs geringer, wie in Bayern oder Sachsen. Allein im vergangenen Jahr gingen bundesweit mindestens 60.000 Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchten, leer aus.

Schnelle macht hierfür allerdings nicht nur regionale Engpässe an bestimmten, besonders nachgefragten Ausbildungsplätzen verantwortlich, sondern auch, dass viele Bewerber für Unternehmen nicht infrage kommen – weil etwa ihre Qualifikation nicht ausreicht. Das bestätigt auch der Arbeitgeberverband auf Anfrage: "Mehr als 20 Prozent aller Schülerinnen und Schüler erwerben nicht die notwendigen Grundkompetenzen. Das ist eine fatale Botschaft für unseren Wirtschaftsstandort."

Viele Jugendliche mit niedriger Schulbildung schätzen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt dabei realistisch ein. Nach einer aktuellen Befragung der Bertelsmann Stiftung von Schülerinnen und Schülern sehen zwar fast drei Viertel aller Befragten derzeit gute bis sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Von denjenigen mit niedriger Schulbildung hat allerdings mehr als jeder Fünfte den Eindruck, dass die Chancen eher schlecht sind.

Es muss früher angesetzt werden

Sie bleiben oft auch langfristig ohne Ausbildungsabschluss: So ist die Quote der Ungelernten laut aktuellem Berufsbildungsbericht auf einen Rekordwert von 19,1 Prozent gestiegen, bei jungen Menschen mit Hauptschulabschluss liegt sie sogar bei 41,5 Prozent. Um zu verhindern, dass die Zahl der ungelernten jungen Menschen weiter steigt, müsse viel früher angesetzt werden, sagt Schnelle. "Investieren statt reparieren ist das Gebot der Stunde: Schulen müssen besser darin werden, diese Jugendlichen zu erreichen und qualifizieren." Schulsozialarbeiter und -psychologen seien dafür genauso notwendig wie eine frühere praxisbezogene Berufsorientierung.

Video | Was Arbeitgeber und Berufsanfänger ändern müssen
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Quelle: t-online

Für diejenigen, die nach der Schule trotz Interesses an einer Ausbildung leer ausgehen, hat die Bundesregierung eine Ausbildungsgarantie beschlossen, die zum 1. August in Kraft tritt. Doch von der ursprünglich gedachten Garantie für alle ist wenig übrig geblieben. So sollen die erforderlichen außerbetrieblichen Ausbildungsplätze nur in Regionen angeboten werden, in denen eine Unterversorgung mit Ausbildungsplätzen festgestellt wird. Wer trotzdem keinen Ausbildungsplatz findet, etwa weil sein Schulabschluss zu schlecht ist, geht auch weiterhin leer aus. "Damit wird viel zu wenig auf die individuellen Probleme junger Menschen eingegangen", kritisiert Schnelle.

Eine Trendwende für Jugendliche, die bei Ausbildungsplätzen leer ausgehen und die eine zentrale NEETs-Risikogruppe darstellen, erwartet Schnelle deshalb von dieser Reform nicht. Sie verweist auf Österreich, wo mit einer solchen Garantie ohne Einschränkungen gute Erfahrungen gemacht wurden. "Vor allem beim Übergang von der außerbetrieblichen Ausbildung in die betriebliche und anschließend in Jobs hat sich die Ausbildungsgarantie in Österreich bewährt", sagt Schnelle.

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Mehr Flexibilität bei den Berufsabschlüssen

Schweden, ein Land, das eine extrem geringe Anzahl an NEETs hat, erreichte diese Zahl auch, weil das Land Schulen, kommunale und Landesbehörden eng miteinander verknüpfte. "So etwas wäre auch in Deutschland sinnvoll", sagt Schnelle. Doch hierzulande hapert es schon an der Umsetzung eines nationalen Registers, in dem die Bildungsverläufe von jungen Menschen gesammelt werden, wie es das etwa in den Niederlanden gibt. So könnten diejenigen, die nach einer gewissen Zeit ohne Weiter- oder Ausbildung dastehen, proaktiv kontaktiert werden. Die gesetzliche Grundlage dafür wurde zwar schon 2020 geschaffen, doch in etlichen Bundesländern bisher nicht umgesetzt.

Mehr Flexibilität wünscht sich Schnelle auch bei den Berufsabschlüssen. Statt einer dreijährigen Berufsausbildung sollte es gerade für geringqualifizierte junge Menschen die Möglichkeit zu Teilqualifikationen geben, die jeweils nur mehrere Monate dauern. "Gerade junge Menschen mit niedriger Schulbildung könnte das motivieren, besser durchzuhalten, wenn sie raschere Erfolge nach einzelnen Teilabschnitten sehen."

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Dringend notwendig sei zudem mehr Hilfe bei der Orientierung, sagt Schnelle. Angebote, sich über Ausbildungsmöglichkeiten und Berufe zu informieren, gibt es zwar genug. Die meisten jungen Menschen wissen auch, wo sie diese finden, etwa im Internet. So gab mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Schülerinnen und Schüler in der Befragung der Bertelsmann Stiftung an, dass es eigentlich ausreichend Informationen zu Ausbildungen und Berufen gebe, es ihnen allerdings schwerfalle, sich in diesen zurechtzufinden.

Die größten Schwierigkeiten haben hierbei junge Menschen mit hoher Schulbildung (62 Prozent). Viele (30 Prozent) wünschen sich zudem mehr Unterstützung bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Auch hier ist der Wunsch besonders groß bei jungen Menschen mit hoher Schulbildung (41 Prozent).

Für Schnelle bestätigt sich damit, "dass Jugendliche viel mehr individuelle Unterstützung brauchen. Da reicht es nicht, eine Unterrichtsstunde für alle zu machen." Vor allem Gymnasien müssten dort besser werden.

Verwendete Quellen
  • Telefoninterview mit Caroline Schnelle, Bertelsmann Stiftung
  • Statement des Bundesverbands der Deutschen Arbeitgeber
  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg): Berufsbildungsbericht 2024
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