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Strafmündigkeit mit 12 Jahren? CDU-Vorstoß erntet scharfe Kritik


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Ampel-Politiker attackieren Linnemann
"Offensichtlich fällt denen gar nichts mehr ein"


21.05.2024Lesedauer: 3 Min.
Mister 100 Prozent: Linnemann kennt eigentlich kein Halbgas.Vergrößern des Bildes
Carsten Linnemann: Der CDU-Generalsekretär schlägt vor, die Strafmündigkeit auf 12 Jahre herunterzusetzen. (Quelle: IMAGO/dts Nachrichtenagentur/imago)
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Die Zahl der jungen Strafverdächtigen steigt. Sollte die Strafmündigkeit deshalb heruntergesetzt werden? Ein Vorschlag der CDU stößt auf viel Kritik.

Sollten Kinder und Jugendliche bereits ab einem Alter von 12 Jahren strafmündig sein? Mit dieser Idee hat CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in einem t-online-Gastbeitrag am Pfingstwochenende Aufregung ausgelöst. Linnemanns Vorstoß wird in anderen Parteien teils heftig kritisiert, findet aber vereinzelt auch Zuspruch.

Der frühere Hamburger Justizsenator und Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Till Steffen, ist von der Idee überhaupt nicht überzeugt. "Das ist wirklich eine olle Kamelle der CDU", sagte Steffen t-online. "Offensichtlich fällt denen gar nichts mehr ein." Auf Kinder müsse pädagogisch eingewirkt werden, sie bräuchten gute Lebensbedingungen. "Das kostet Geld, wie die Diskussion um die Kindergrundsicherung zeigt."

Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen, lehnt den Vorstoß ebenso deutlich ab. "Linnemanns Forderung ist purer Populismus", sagte er t-online. "Dass eine Absenkung des Strafmündigkeitsalters dazu beiträgt, Jugendkriminalität einzudämmen, ist nicht absehbar."

Limburg sprach sich dafür aus, sich auf Jugendhilfe und Prävention zu konzentrieren, um Kindern und Jugendlichen Auswege aufzuzeigen. "Das taugt vielleicht nicht für plakative Schlagzeilen, hat dafür aber Aussicht auf Erfolg", sagte Limburg. "Die immer gleichen Forderungen nach mehr und härteren Strafen führen uns nicht weiter."

Gyde Jensen, FDP-Fraktionsvize und zuständig für Familien- und Jugendpolitik, ist ebenfalls skeptisch. "Einer offenen und wissenschaftlich begründet geführten Debatte über die Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters sollten wir uns grundsätzlich nicht verschließen", sagte Jensen t-online. "Wenn eine entsprechende Studie sich allerdings dagegen ausspricht, dann sollte die Debatte beendet sein."

Der starke Anstieg bei der Zahl jugendlicher Straftäter habe vielseitige Ursachen, so Jensen. "Darauf müssen funktionierende Antworten mit wirksamen Maßnahmen gefunden werden – angefangen im Elternhaus über das Bildungssystem bis zum Rechtsstaat." In Schweden etwa sei zu beobachten, "wie ganz bewusst Minderjährige von kriminellen Banden in einem harten Drogenkampf instrumentalisiert und als Auftragskiller eingesetzt werden", weil sie noch nicht strafmündig seien.

AfD: "Wir fordern das seit Jahren"

Die AfD hingegen unterstützt den Vorstoß, betont aber, Urheber der Idee zu sein: "Wir fordern das schon seit Jahren", sagte Stephan Brandner, Jurist und AfD-Vizevorsitzender, t-online. "Das ist mal wieder ein Versuch der CDU, abzukupfern, ohne die wahren Urheber für gute Ideen zu nennen."

Die Herabsetzung der Strafmündigkeit bedeute nicht, dass "jeder Zwölfjährige direkt in den Knast geht", so Brandner weiter. "Aber die Möglichkeit, die Strafmündigkeit individuell zu prüfen, muss gegeben sein. Entfallen sollte auch die Option, bei Volljährigen das Jugendstrafrecht anzuwenden. Volljährig bedeutet aus unserer Sicht: Volljährig mit allen Konsequenzen, mit allen Vor- und Nachteilen."

Zuvor hatte sich bereits der SPD-Politiker Sebastian Fiedler, in der Fraktion zuständig für Kriminalpolitik, im "Tagesspiegel" zu Linnemanns Vorstoß geäußert: "Diese Sau treibt die CDU – und die AfD – nun schon zum x-ten Mal durchs Dorf, die Forderung wird dadurch nicht besser."

FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle wies den Vorschlag ebenfalls zurück. Dem "Tagesspiegel" sagte Kuhle, Kinder könnten bereits heute mit Maßnahmen aus der Kinder- und Jugendhilfe belegt werden, von der Beratung der Eltern über eine Inobhutnahme des Kindes bis hin zur Entziehung des Sorgerechts und der Unterbringung in einem Heim. "Es erschließt sich nicht, was eine Jugendstrafe bei Kindern unter 14 Jahren ausrichten soll."

Linnemann: Vorbild Schweiz

Linnemann hatte im t-online-Gastbeitrag auf die 2023 stark gestiegene Zahl jugendlicher Straftäter Bezug genommen. "Es ist daher an der Zeit, eine offene Debatte über die Herabsetzung der Strafmündigkeit zu führen. In der Schweiz etwa beginnt die Strafmündigkeit ab einem Alter von 10 Jahren", schrieb er. In Deutschland sind nach dem aktuellen Gesetz Kinder unter 14 Jahre nicht strafmündig.

"Doch bevor wir eine neue Rechtslage schaffen, braucht es eine breit angelegte Studie zu der Frage, ob sich der Reifungsprozess der Kinder und Jugendlichen nach vorne verschoben hat", forderte Linnemann. Sollte das der Fall sein, müsse die Herabsetzung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre kommen.

Jugendliche Straftäter müssten Konsequenzen so rasch wie möglich spüren, sagte Linnemann. Er sprach sich deshalb auch dafür aus, dass Kinder und Jugendliche in Einzelfällen leichter aus ihrem familiären Umfeld genommen werden können. "In schweren Fällen muss die Möglichkeit der geschlossenen Heimunterbringung flächendeckend zur Verfügung gestellt werden. Viele Familienrichter fordern das bereits seit Jahren."

Zudem schlug er ein flächendeckendes Handyverbot an Grundschulen vor, damit Kinder nicht zu früh in den Strudel sozialer Netzwerke wie der Videoplattform TikTok gerieten. Linnemann: "Da werden Tiere gequält, Menschen geköpft, und das alles wie am Fließband. Glaubt tatsächlich irgendjemand, dass so etwas spurlos an unseren Kindern vorbeigeht?"

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Sollte die Strafmündigkeit auf 12 Jahre herabgesetzt werden? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de. Bitte nutzen Sie den Betreff "Strafmündigkeit" und begründen Sie.

Verwendete Quellen
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