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Unwort des Jahres "Remigration": Wasser auf die Mühlen der AfD


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"Unwort des Jahres"
Die AfD lacht sich ins Fäustchen

  • Annika Leister
MeinungVon Annika Leister

15.01.2024Lesedauer: 3 Min.
Rechtsextremist Björn Höcke: Freut sich über das "Unwort des Jahres".Vergrößern des Bildes
Rechtsextremist Björn Höcke: Freut sich über das "Unwort des Jahres". (Quelle: IMAGO/dts Nachrichtenagentur)
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Die Empörung ist groß nach der Enthüllung von Deportationsplänen in der AfD. Der Partei spielt das in die Karten.

Jetzt ist es auch noch das "Unwort des Jahres": "Remigration". Hundertfach wird der Begriff nun in den Schlagzeilen landen, von Millionen oberflächlich gelesen werden und sich in den Köpfen festsetzen – und das oft ohne die weiterführende Erklärung dazu, was das Wort in rechtsextremen Kreisen im Endeffekt meist meint: Die Deportation von Millionen deutschen Staatsbürgern, die diesen Kreisen nicht passen, weil sie aus ihrer Sicht die falsche Hautfarbe, die falschen Eltern oder einfach eine andere politische Meinung haben.

Die von AfD-Funktionären geforderte millionenfache "Remigration" ist ein millionenfacher Angriff auf unsere freiheitlich demokratische Grundordnung. Der bürokratisch klingende Tarnbegriff, unter dem Rechtsextreme diese Ideen sammeln, wird nun aber von Demokraten salonfähig gemacht. "Metapolitischer Erfolg", twittert denn auch der Sprecher des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke am Montag zur Meldung vom "Unwort des Jahres".

Zuerst Empörung, dann Alltag

Seit Jahren arbeitet die AfD daran, Begriffe wie diesen in der Bevölkerung zu verankern. Und es ist ihr schon oft geglückt: "Lügenpresse", "Bahnhofsklatscher", "Altparteien" – zuerst empörten sich viele Menschen darüber, dann aber nutzten selbst Demokraten derlei Worte im Alltag.

Diese allmähliche Abstumpfung ist ein Grund, warum die AfD heute Zustimmungswerte einfährt, von denen sie vor Jahren nur träumen konnte. Sprache formt Wirklichkeit. Und dank der AfD ist Deutschlands Wirklichkeit immer häufiger rechts, zunehmend rechtsextrem – und damit rassistisch, menschen- und staatsfeindlich und voll von verschwörungstheoretischen Tönen.

Das ist auch einer der Hauptgründe, warum die AfD-Spitze um Alice Weidel und Tino Chrupalla sich nicht klar von den Vorwürfen distanziert, die eine "Correctiv"-Recherche vergangene Woche erhob. AfD-Politiker – darunter Bundestags- und Landtagsabgeordnete sowie Weidels eigener Referent – sollen bei einem Treffen in Potsdam sehr konkrete Ideen zur Deportation auch von deutschen Staatsbürgern besprochen haben. Druck auf Unternehmer mit Migrationsgeschichte solle ausgeübt werden, damit die Deutschland verlassen – nur eine der diskutierten Ideen, ebenso wie die Schaffung eines Gebiets in Nordafrika, in das man die unliebsamen Menschen, auch solche mit deutschem Pass, womöglich abschieben könne.

Das Schweigen hat System

Der Aufschrei war riesig und hallt noch immer nach. Am Wochenende gingen in Berlin und Potsdam mehrere Zehntausend Menschen auf die Straße, um gegen Rechts zu demonstrieren. Die AfD-Spitze aber schweigt – und ihr Schweigen hat System. Warum sollte sie sich auch äußern? Die Empörungsmaschinerie läuft ganz in ihrem Sinne. Im Bundesvorstand dürfte man sich ins Fäustchen lachen.

Halbherzig ließ die AfD-Spitze einen Sprecher lediglich mitteilen, dass die bekanntgewordenen Äußerungen bei dem Treffen eine "Einzelmeinung" seien. Das ist eine glatte Lüge: Im völkischen Flügel der AfD ist das Konzept der "Remigration" in seiner verfassungsfeindlichsten Form seit Jahren weit verbreitet. AfD-Politiker haben darüber Bücher geschrieben, Abgeordnete halten im Bundestag Reden dazu und verbreiten die Videos im Netz, sie fluten gerade in letzter Zeit die sozialen Medien mit dem Begriff.

Bewusst gewählt hat die Szene das Wort gerade wegen seiner Vieldeutigkeit: Er wird zum Beispiel in den Sozialwissenschaften verwendet und beschreibt dort schlicht die Rückkehr von Migranten in ihre Herkunftsländer.

Das nutzt die AfD für sich, von ihren Politikern heißt es nun oft: Was sei schon dabei? Sogar der Kanzler wolle schließlich ausreisepflichtige Ausländer rascher abschieben, auch alle anderen Parteien straffällig gewordene Asylbewerber zügig des Landes verweisen.

Leicht ist für Menschen, die sich nur oberflächlich mit dem Thema beschäftigen, so zu kaschieren: Die Pläne, wie sie vielen in der AfD vorschweben, reichen sehr viel weiter. Sie würden vielen Deutschen ihre Grundrechte aberkennen und haben mit dem Rechtsstaat, wie wir ihn kennen, nichts zu tun.

Niemand sollte sich an der Nase herumführen lassen: Wenn die AfD "Remigration" sagt, dann meint sie nicht nur die Deportation von Kriminellen und ausreisepflichtigen Asylbewerbern. Sie meint am Ende die Vertreibung von Kollegen, von Nachbarn, von Freunden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Beobachtungen
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