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Verbrenner-Streit: Christian Lindner will KfZ-Steuerreform


Nach Einigung im Verbrenner-Streit
Lindner will KfZ-Steuer reformieren

Von dpa, afp
Aktualisiert am 26.03.2023Lesedauer: 4 Min.
Christian Lindner: Der Finanzminister wollte ursprünglich am Mittwoch Eckwerte für den Haushalt 2024 vorlegen – den Termin ließ es platzen.Vergrößern des Bildes
Christian Lindner: Der Finanzminister will die Besteuerung von Kraftfahrzeugen reformieren. (Quelle: Chris Emil Janssen/imago images)
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Bund und EU haben einen Kompromiss im Streit um das Verbrenner-Aus gefunden. So will Finanzminister Christian Lindner E-Fuels jetzt attraktiver machen.

Nach der Einigung im Streit über die Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren in der EU will Bundesfinanzminister Christian Lindner die Besteuerung von Kraftfahrzeugen reformieren. Autos, die mit klimaneutralen synthetischen Kraftstoffen – den sogenannten E-Fuels – betankt werden, sollten künftig geringer besteuert werden als die derzeit mit Benzin oder Diesel betriebenen Fahrzeuge, sagte der FDP-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur.

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"Wenn der Kraftstoff klimafreundlich ist, dann muss die Besteuerung von der Kraftfahrzeugsteuer bis zur Energiesteuer angepasst werden." Das Finanzministerium werde dazu ein Konzept vorlegen.

"Es wird noch dauern, bis wir solche Fahrzeuge auf der Straße sehen und E-Fuels im Tank haben", sagte Lindner. "Aber für die Menschen und die Wirtschaft wird es eine wichtige Planungsgröße sein, dass die E-Fuels günstiger besteuert werden als fossile Kraftstoffe."

Bund und EU einigten sich am Freitag

Nach wochenlangem Ringen um die Zukunft von Autos mit Verbrennungsmotor hatte sich die Bundesregierung am Freitagabend mit der EU-Kommission auf einen Kompromiss verständigt. Hier lesen Sie mehr dazu. "Damit ist der Weg frei, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe tanken, auch nach 2035 neu zugelassen werden können", sagte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) in Berlin.

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Auch EU-Kommissionsvize Frans Timmermans schrieb auf Twitter, man habe eine Einigung mit Deutschland über die künftige Verwendung der sogenannten E-Fuels in Autos erzielt.

Laut Wissing wurden konkrete Verfahrensschritte und ein konkreter Zeitplan verbindlich fixiert. "Wir wollen, dass der Prozess bis Herbst 2024 abgeschlossen ist." Mit der Einigung sei auch ein wichtiger Punkt aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt worden.

Endgültige Abstimmung am Dienstag

Europaparlament und EU-Staaten hatten sich eigentlich bereits im Oktober darauf geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Für Deutschland ist es aber wichtig, dass auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden können, die E-Fuels tanken – also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert.

Seitdem verhandelten Bundesverkehrsministerium und EU-Kommission über einen Kompromiss. Nach der Einigung soll nun die endgültige Abstimmung aller 27 EU-Staaten am kommenden Dienstag stattfinden.

Bei der Grundsatzeinigung im Herbst hatte Deutschland einen Zusatz des Abkommens verhandelt, wonach die EU-Kommission einen Vorschlag vorlegen soll, wie nach 2035 Fahrzeuge zugelassen werden können, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden. In der EU-Kommission las man den entsprechenden Absatz stets so, dass davon Sonderfahrzeuge wie Kranken- oder Feuerwehrwagen betroffen sein sollen. Nach Berliner Lesart soll die E-Fuel-Ausnahme dagegen für alle Fahrzeuge gelten.

FDP in Brüssel: Einigung ist großer Erfolg

Der verkehrspolitische Sprecher der FDP im Europäischen Parlament, Jan-Christoph Oetjen, bezeichnete die Einigung als großen Erfolg. "Das unsinnige Pauschalverbot für den Verbrenner ist somit vom Tisch." Mit diesem technologieoffenen Ansatz stünden nun neben der Elektromobilität noch weitere klimaneutrale Optionen zur Verfügung. "Wir halten damit eine Spitzentechnologie und wichtige Arbeitsplätze auf dem Kontinent."

Kritiker monieren, dass zur Herstellung von E-Fuels verhältnismäßig viel Energie gebraucht werde und die Kraftstoffe knapp seien. Sie würden in der Luft- und Schifffahrt dringender gebraucht.

"Wissing hat die Bundesregierung blamiert"

Bundesumweltministerin Steffi Lemke sagte, es sei gut, "dass diese Hängepartie ein Ende hat". Alles andere hätte sowohl das Vertrauen in die europäischen Verfahren wie auch in die europapolitische Verlässlichkeit Deutschlands schwer beschädigt. Die Automobilindustrie habe nun Klarheit für die Umstellung auf Elektromobilität. E-Fuels spielten eine wichtige Rolle. "Insbesondere für die Bereiche, die nicht ohne weiteres auf effiziente Elektromotoren umstellen können."

Die Europaparlamentarier der Grünen wollen den Kompromiss genau unter die Lupe nehmen. "Wir werden den Vorschlag rechtlich und politisch sehr genau prüfen", kündigte der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen, an. Er betonte aber auch, es sei gut, dass die Hängepartie endlich beendet sei.

Zudem sagte er mit Blick auf den Bundesverkehrsminister: "Wissing hat die Bundesregierung blamiert. Es ist unfassbar, dass Kanzler Scholz dieses Chaos über Wochen gedeckt hat."

VDA-Präsidentin: Einigung im Sinne des Klimas

Die Präsidentin des deutschen Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller, sieht in der Einigung ein positives Signal für den Klimaschutz. "Wir brauchen alle klimafreundlichen Technologien, um die EU-Klimaziele zu erreichen", sagte sie. Es sei daher im Sinne des Klimas, dass Berlin und Brüssel nun offensichtlich eine Einigung – mit entsprechendem Zeitplan – gefunden hätten.

E-Mobilität bleibe die zentrale Technologie, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Sogenannte E-Fuels – darunter versteht man künstlich hergestellte, klimaneutrale Kraftstoffe – seien jedoch eine wichtige Erweiterung. Müller betonte aber auch: "Die finalen Details der Einigung sind noch zu bewerten."

Wirtschaftsweise übt Kritik an Einigung

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm kritisierte die Einigung hingegen. "Das könnte es der Politik sehr schwer machen, konsequente Klimapolitik zu betreiben", sagte Grimm dem Düsseldorfer "Handelsblatt". Zudem habe die FDP mit ihrem Widerstand gegen das Aus für Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2035 in der EU Vertrauen in Deutschland verspielt.

Grimm äußerte die Befürchtung, Hersteller sowie Verbraucherinnen und Verbraucher könnten nun doch länger an Autos mit Verbrennungsmotoren festhalten "in der Hoffnung auf günstige E-Fuels". Es seien jedoch "Szenarien, in denen E-Fuels eine günstige Alternative für die Mobilität darstellen" bis 2035 selbst bei optimistischen Annahmen "kaum vorstellbar". Zwar werde es einen Hochlauf für klimafreundlichen Wasserstoff geben müssen, dieser werde aber dann "in großen Mengen" in der Industrie, in der Schwermobilität, dem Schiffsverkehr und im Stromsektor benötigt.

Deutliche Kritik auch von Greenpeace

Von Greenpeace kam ebenfalls scharfe Kritik. "Dieser faule Kompromiss untergräbt Klimaschutz im Verkehr, und er schadet Europa", sagte der Mobilitätsexperte der Umweltorganisation, Benjamin Stephan, in Berlin. Die "dringend nötige Ausrichtung der Autobranche auf effiziente Elektromobilität" werde mit der Einigung verwässert. Stephan warf Bundeskanzler Olaf Scholz vor, die "rücksichtslose Erpressung der EU" durch die FDP nicht gestoppt zu haben.

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Das ungewöhnliche Blockade-Manöver Deutschlands in der EU geht vor allem auf die FDP-Minister Wissing und Christian Lindner zurück. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ließ die beiden allerdings um des Koalitionsfriedens willen gewähren. Scholz begrüßte den Kompromiss. Damit sei eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt worden, sagte er bei einem Bürgergespräch in Potsdam.

Er machte aber auch deutlich, dass er eine Anwendung der Regelung noch für offen hält. "Wie viele davon Gebrauch machen und ob das überhaupt relevant wird, das kann niemand sagen."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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