SPD-Politiker warnt "Dann werden die Bürgermeister rebellieren"

Münchens Oberbürgermeister sieht den Koalitionsvertrag kritisch und fordert einen Staatsminister für Kommunen. Dieter Reiter warnt vor einer "Rebellion".
Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) rechnet mit Blick auf den schwarz-roten Koalitionsvertrag, insbesondere auf die Pläne zu Einkommens- und Unternehmenssteuer, mit finanziellen Defiziten. Reiter sagte dem "Tagesspiegel": "Wir werden dadurch sicherlich weniger Einnahmen haben. Eine Steuerreduzierung für die Bürgerinnen und Bürger trage ich gerne mit. Sie darf aber nicht zu Lasten der Kommunen gehen."
Den Erhalt des Deutschlandtickets bezeichnete Reiter als "grundsätzlich gut", schränkte jedoch ein: "Für uns als Städte, am Ende der Nahrungskette, heißt das: Es muss irgendwie finanziert werden. Da stehe ich mit meiner Meinung nicht alleine. Rechtsanspruch auf Kindergartenplatz, Krippenplatz, Ganztagsbetreuung, alles ohne dafür auch die finanziellen Mittel bereitzustellen – so kann es nicht weitergehen. Wenn es so weitergeht, werden die Bürgermeister Deutschlands rebellieren."
Laut Koalitionsvertrag wollen Union und SPD Kommunen mit erdrückenden Altschulden unter die Arme greifen. Demnach soll der Bund 250 Millionen Euro pro Jahr zu Entschuldungsmaßnahmen der Länder beisteuern. Damit soll sich der Bund zur Hälfte beteiligen, wenn Länder übermäßige Kassenkredite ihrer Kommunen übernehmen.
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Reiter: Koalitionäre arbeiten weitgehend diskret
Wegen ihrer hohen Schulden konnten viele Städte und Gemeinden zuletzt kaum noch in die Erneuerung maroder Turnhallen, sanierungsbedürftiger Schulen und Schwimmbäder oder maroder Straßen investieren. Problematisch sind hauptsächlich die sogenannten Kassenkredite, die eigentlich nur als eine Art Dispokredit zur kurzfristigen Überbrückung gedacht sind, oft aber nicht zurückgezahlt werden können. Laut Finanzministerium haben sich so in Deutschlands Kommunen über die Jahre Altschulden von etwa 31 Milliarden Euro angesammelt.
Dieter Reiter kritisierte dennoch: "Was mir missfällt ist, dass die Kommunen eine so geringe Rolle zu spielen scheinen. Mehr als die Hälfte der Menschen lebt in großen Städten. Da wäre es doch nicht zu viel verlangt, das abzubilden." Der Münchner Oberbürgermeister sprach sich für einen eigenen Staatsminister für Kommunen aus: "Einen Staatsminister für Ehrenamt wird es geben – und dafür bin auch ich. Aber für die Kommunen ist das nicht möglich?".
Der Münchner OB lobte die Atmosphäre bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD. Diese sei weitgehend von Diskretion geprägt gewesen, im Gegensatz zu den Verhandlungen beim Zustandekommen der Ampel-Regierung vor dreieinhalb Jahren. "Ich glaube, das ist schon der Beginn einer vernünftigen Zusammenarbeit", so Reiter.
- Vorabmeldung "Tagesspiegel"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa