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Beherbergungsverbote: Immer mehr Politiker fordern Änderungen bei Reiseregeln


Beherbergungsverbote
Ärger über umstrittene Reiseregeln wächst – Klage droht

Von dpa-afx
Aktualisiert am 12.10.2020Lesedauer: 3 Min.
Fahrgäste warten auf einen Zug: Branche rechnet noch diese Woche mit Klagen.Vergrößern des Bildes
Fahrgäste warten auf einen Zug: Branche rechnet noch diese Woche mit Klagen. (Quelle: Ralph Peters/imago-images-bilder)
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Zahlreiche Politiker fordern eine Rücknahme der erst in der vergangenen Woche beschlossenen Regelung. Besonders deutlich wird die FDP. Die Hotel-Branche will sich vor Gericht gegen das Verbot wehren.

Erst am vergangenen Mittwoch haben die meisten Bundesländer ein Beherbergungsverbot für Menschen aus Corona-Hotspots ohne negativen Corona-Test beschlossen. Kurz danach regte sich bereits Kritik: Zum einen an der Durchführung, denn nicht alle Bundesländer zogen mit. Zum anderen an der Verhältnismäßigkeit. Diese Regelung sei "bürokratisch und ohne Wirkung", sagte etwa auch Gesundheitsexperte Karl Lauterbach t-online.


Als Hotspot zählt ein Ort, an dem über sieben Tage im Schnitt mehr als 50 Menschen pro 100.000 Einwohner positiv getestet worden sind.

Über das Wochenende kam weitere Kritik: Der Präsident des Deutschen Städtetages, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, forderte, das Beherbergungsverbot zurückzunehmen. Die Regelung sei "nicht durchdacht, da wird man noch mal rangehen müssen", sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Altmaier und Esken für einheitliche Regeln

Wirtschaftsminister Altmaier stellte Gastronomen derweil zusätzliche Hilfen in Aussicht. Er sagte bei "Bild": "Wenn sich jetzt herausstellen sollte, dass für die Gastronomen, dass für die Hoteliers und für die Restaurantbesitzer wieder erhebliche neue Umsatzeinbrüche drohen, weil Menschen verunsichert sind und nicht kommen, dann bin ich als Wirtschaftsminister der Meinung: Wir müssen den Betroffenen mehr helfen. (...) Ich möchte nicht, dass diese Familienbetriebe aufgeben und verschwinden und wir am Ende vielleicht nur noch Fast-Food-Ketten haben."

Darüber hinaus sprach sich Altmaier für mehr Einheitlichkeit in Bezug auf die Corona-Reiseregeln aus: "Es muss zwingend eine einheitliche und eine klare Regelung geben, damit jeder Bürger weiß, woran er ist." Die 16 Bundesländer stünden in der Verantwortung, sich gemeinsam zu einigen, sagte Altmaier.

Auch SPD-Chefin Saskia Esken mahnte grundsätzlich ein einheitliches Vorgehen an. "Die Entwicklung der Corona-Infektionszahlen ist besorgniserregend und es muss alles getan werden, um die Pandemie einzudämmen", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Einheitliche Regelungen beispielsweise bei Reisebeschränkungen sollten im Infektionsschutzgesetz verankert werden. Dies diene der Akzeptanz in der Bevölkerung.

"Beherbergungsverbote machen doch keinen Sinn"

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller kündigte bereits an, dass die Beherbergungsverbote bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch noch einmal beraten werden. "Jetzt sehen wir bundesweit, wie die Zahlen (...) in allen Großstädten nach oben gehen. Beherbergungsverbote zum Beispiel zwischen Berlin und Brandenburg machen doch gar keinen Sinn", sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt".

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sagte, sein Land habe eine entsprechende Regelung zwar verankert, aber nicht in Kraft gesetzt. "Wenn in einer Region etwas explodiert, muss man anders reagieren, als wenn Sie inzwischen in Deutschland 30 Städte und Kreise haben, die den entsprechenden Wert überschritten haben", sagte er am Sonntagabend im ZDF-"heute journal". Wenn jeder sich freitesten lasse, damit er doch reisen könne, würden wertvolle Testkapazitäten nicht sinnvoll eingesetzt. "Wir sollten, finde ich, darüber noch mal reden."

Hotelverband erwartet noch diese Woche Klagen

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) erwartet noch in dieser Woche Klagen gegen das Beherbergungsverbot. "Ich gehe davon aus, dass hier in den nächsten Tagen Gerichtsverfahren anhängig gemacht werden", sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges am Sonntagabend der "Bild". Insbesondere das Übernachtungsverbot begegne erheblichen rechtlichen Bedenken.

Kanzleramtsminister Helge Braun verteidigte das Beherbergungsverbot dagegen. "Mecklenburg-Vorpommern hat als Ganzes eine Inzidenz von etwas um die 5, und Berlin über 60. Wenn es zu solchen Unterschieden im Infektionsgeschehen kommt, ist glaube ich ganz klar, dass jeder sich schützen will, und dann ist so was am Ende unvermeidlich", sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin".

Das eigentlich Wichtige sei, dass die Städte unter die 50er-Grenze kommen, sagte Braun. "Wenn wir das schaffen, ist auch der Reiseverkehr kein Problem." Das Beherbergungsverbot sei deshalb eine "echte Notfallmaßnahme".

Lindner: Pauschale Einschränkungen sind unverhältnismäßig

Kritik kam auch aus der Opposition. "Die pauschale Einschränkung der Freizügigkeit innerhalb Deutschlands empfinde ich als unverhältnismäßig", sagte FDP-Partei- und Fraktionschef Christian Lindner der "Welt". Nur der Wohnsitz in einem sogenannten Risikogebiet mache aus vorsichtigen Menschen nicht sofort ein Risiko.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte der Zeitung: "Das geltende Beherbergungsverbot ist unlogisch, denn es verbietet beispielsweise Reisen von Berlin nach Brandenburg, aber nicht umgekehrt."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa-afx
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