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Corona-Demo: Wie konnte Impfgegner Robert F. Kennedy nach Berlin einreisen?


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Stargast der Corona-Demo
Wie kam Impfgegner Robert F. Kennedy nach Deutschland?


Aktualisiert am 16.09.2020Lesedauer: 5 Min.
Robert F. Kennedy: Der Impf-Gegner, der auch schon 5G für die Ausbreitung des Coronavirus mitverantwortlich gemacht hat, sollte der Höhepunkt auf der "Querdenker"-Kundgebung sein.Vergrößern des Bildes
Robert F. Kennedy: Der Impf-Gegner, der auch schon 5G für die Ausbreitung des Coronavirus mitverantwortlich gemacht hat, sollte der Höhepunkt auf der "Querdenker"-Kundgebung sein. (Quelle: Michael Kappeler/dpa)
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In Deutschland ist die Einreise aus den USA wegen Corona nur in Ausnahmen erlaubt. Verschwörungs-Ideologe Robert F. Kennedy kam trotzdem direkt aus den USA zur Demo – und fand zahlreiche Unterstützer.

Wer glaubt, dass Regierung und Staat Meinungsfreiheit unterdrücken und Zwangsimpfungen durchsetzen wollen, hat jetzt ein Logik-Problem: Einer der größten Impfgegner durfte trotz strenger Einreisebeschränkungen mitten in der Pandemie aus den USA einreisen, auf der Corona-Demo reden und sein Anti-Impf-Netzwerk ausbauen.

Es geht um Robert F. Kennedy (66), Neffe von John F. Kennedy. Er kam geradewegs aus Kalifornien. Am Donnerstagmorgen deutscher Zeit hatte er dort noch einem Pastor ein Interview gegeben, wie Beiträge in sozialen Netzwerken zeigen. Am Freitagmittag dann tauchte er am Brandenburger Tor auf. Das geht nur, wenn er entweder getrickst hat oder für ihn eine Ausnahme von den Einreisebestimmungen gemacht wurde.

"Zwingende Notwendigkeit" notwendig

Denn um aus den USA kommend Deutschland besuchen zu dürfen, muss aktuell eine "zwingende Notwendigkeit" vorliegen. Es ist nicht klar, welcher Grund bei Kennedy vorlag. t-online.de hat "Querdenken" und seinen Anwalt angefragt, aber keine Antwort erhalten. Manche Reisende umgehen die Regelung, indem sie zuerst etwa nach Großbritannien fliegen und von dort nach Deutschland. Berliner Behörden beschäftigten sich zumindest seit Freitag auch mit der Frage seiner Einreise. Er bekam keine Probleme.

In Berlin war es Kennedy möglich, einen europäischen Ableger seines impffeindlichen Lobby-Vereins aus der Taufe zu heben. Dazu war ein Treffen mit Impfskeptikern aus ganz Europa angesetzt. Die waren ohnehin in Berlin versammelt für die Corona-Proteste.

Bei der Demo am Samstag stand Kennedy als Redner auf der Bühne. Seinen Abonnenten und Fans in sozialen Netzwerken hatte er angekündigt, vor der "größten Menschenmenge in Deutschlands Geschichte" zu sprechen. Einige Zehntausend waren auf der Straße des 17. Juni.

Die Ankündigung, dass er dort spricht, hatte unter Anhängern Begeisterung ausgelöst. "Querdenken" hatte öffentlich Donald Trump, Wladimir Putin und ihn eingeladen. Die Fangemeinde von Kennedy, darunter vielfach auch Anhänger der QAnon-Bewegung, sieht in Kennedy eine Lichtgestalt in der Welt der Düsternis, etliche schrieben, Tränen des Glücks vergossen zu haben. Für sie ist er der unerschrockene Verkünder unterdrückter Wahrheiten und Kämpfer gegen die Pharmalobby.

Kennedy-Familie: Er ist Teil einer Desinformationskampagne

Kennedy verbreitet aber keine sachlich fundierte Kritik am Einfluss von Pharmakonzernen, wie sie andere äußern. Er ist der prominenteste Verstärker für einige der krudesten und längst widerlegten Theorien rund um Corona. In der Kennedy-Familie macht das den Neffen von US-Präsident John F. Kennedy zum schwarzen Schaf.

Schwester, Bruder und Nichte erklärten 2019 in einem offenen Brief, sie liebten ihn. Aber: "Er ist Teil einer Desinformationskampagne, die herzzerreißende – und tödliche – Folgen hat". Beim Thema Impfen liege er "tragisch falsch". Sie machten von ihm verbreitete Falschinformationen verantwortlich für Masernausbrüche in den USA. Kennedy diskreditiert aber auch die Polio-Impfung: Er vertritt die widerlegte These, sie sei für Autismus verantwortlich.

In der Coronakrise wurde Robert F. Kennedy international noch bekannter. Er machte den Mobilfunk-Standard 5G für die Verbreitung von SARS-Cov 2 mitverantwortlich und unterstellt Bill Gates, die Menschen zur Überwachung chippen zu wollen. Die Corona-Todeszahlen weltweit seien gefälscht, um mit der "seit Jahrzehnten von Gates [...] geplanten Pandemie" Angst zu schüren. In Berlin auf der Bühne schürte er die Angst, die Pandemie sei dazu da, die Menschen komplett zu kontrollieren und den gesamten Wohlstand auf einige wenige zu transferieren.

Horror-Szenarien schon vor Corona

Mit düsteren Befürchtungen machten organisierte Impf-Skeptiker in Deutschland schon vor der Pandemie Stimmung. "Es ist soweit. Deutschland steht auf", heißt es in einem Video aus der ersten Januarhälfte. Und weiter: Die Menschen wehrten sich gegen die globale Bedrohung einer übermächtigen Pharmaindustrie, die das Internet zensiere und die Medien, Gerichte und Regierungen kontrolliere und den Menschen neue und furchtbare Impfpflichtgesetze aufzwingen wolle.

Sprecherin in dem Aufruf zu der damals geplanten "Großdemo in München" war Martina Choy vom "Netzwerk Impfentscheid Deutschland", und sie ist nun laut Kennedy Vorstandsmitglied von "Children's Health Defense Europe", dem neuen Ableger von Kennedys Organisation.

Sie stand auch am Samstag auf der Demo-Bühne mit einem zweiten Vorstandsmitglied von "Children's Health Defense Europe", der Belgierin Senta Depuydt vom "European Forum for Vaccine Vigilance" (EFVV), einer Dachorganisation nationaler Impfgegner. In ihrer eigenen Darstellung kämpfen EFVV und "Netzwerk Impfentscheid Deutschland" lediglich für die Freiheit, selbst über Immunisierung entscheiden zu können. Faktisch bedeutet das, dass Kinder nicht mehr geimpft werden müssten.

Größter Facebook-Kunde für Anti-Impf-Werbung

Kennedys Lobbyorganisation macht in den USA durchaus erfolgreich Stimmung gegen das Impfen. Sie fiel in einer Untersuchung im vergangenen Jahr als fleißigster Facebook-Kunde für Anti-Impf-Anzeigen auf. 163 Anzeigen, die für Immunisierung warben, standen 145 Anti-Impf-Anzeigen gegenüber – mehr als 40 kamen von "Children's Health Defense". Die Autoren kamen zum Schluss, dass Impfgegner sehr viel erfahrener und erfolgreicher sind im Umgang mit Facebook als die Vertreter von Kampagnen, die für Impfen werben.

Nun will Kennedy seine impfkritische Arbeit stärker mit Europa vernetzen – und in Berlin boten sie ihm die große Bühne. Zur angeblichen Gründungsveranstaltung von "Children's Health Defense Europe" begleiteten ihn Markus Haintz von "Querdenken 731", nach eigenen Angaben Kennedys Anwalt. Am Flughafen in Deutschland abgeholt hatte ihn der Hamburger Arzt Heiko Schöning.

Schöning ist Gründer einer Gruppe, die sich "Ärzte für Aufklärung" nennt und auch im Zusammenhang mit Gefälligkeitsattesten gegen die Maskenpflicht aufgefallen ist. Auf der Bühne in Berlin stellte er sich als "Verteidiger der leidenden Menschen" vor, deren Grundrechte und Gesundheit "aufgrund einer organisierten, kriminellen Täuschung mit einem relativ harmlosen Coronavirus leiden".

MedWatch: "Schaulaufen von Verschwörungstheoretikern"

Zurück zu dem Aufruf aus dem Januar für eine Großdemo in München: "European Forum for Vaccine Vigilance" und "Netzwerk Impfentscheid" mussten diese für Ende März geplante Kundgebung verschieben. "Nicht aus Sorge vor dem Coronavirus", wie es in einer Absage hieß, sondern "weil das Risiko besteht, dass die Teilnehmer bei der Durchführung der Demo als verantwortungslos, rücksichtslos usw. beschrieben werden".

Von einer ähnlichen "Großdemo" im September 2019 in Berlin mit Martina Choy und Senta Depuydt berichtete ausführlich das unabhängige Portal "MedWatch", das kurz zuvor kritisch über die Impfpflicht bei Masern und über Bedenken des RKI geschrieben hatte. Das Fazit zur Kundgebung fiel aber vernichtend aus: "'Anti-Impfpflicht-Demo' wird zum Schaulaufen von Verschwörungstheoretikern".

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2020 gilt das nun in größerem Maßstab. Inklusive Verschwörungsideologen, die auch Einreisebeschränkungen nicht stoppen.

Update: Markus Haintz hat am 9. September mitgeteilt, die Einreise von Kennedy sei "aufgrund von zwingenden Gründen seiner internationalen Organisation nötig und zulässig" gewesen, er könne gerne Details mitteilen. Details hat er auf Nachfrage nicht mitgeteilt.

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