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Söder inszeniert sich in Indien als "Außenminister": Das ist seine Mission


Besuch in Indien
Söders Mission endet jäh


15.04.2025 - 15:10 UhrLesedauer: 5 Min.
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Markus Söder (CSU) bekommt während seines Besuchs des Sikh-Tempels Gurudwara Bangla Sahib einen orangefarbenen Turban: Der bayerische Ministerpräsident musste seine Reise wegen eines Infekts abbrechen. (Quelle: Peter Kneffel/dpa)
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Markus Söder muss plötzlich seine Indienreise abbrechen. Ein Infekt setzte den CSU-Chef außer Gefecht. Dennoch dürfte Söder mit der Visite sein Ziel erreicht haben.

Markus Söders Reise nach Indien nahm ein jähes Ende. Dabei war es munter losgegangen: Bereits am Sonntag besuchte der CSU-Chef einen Sikh-Tempel in Delhi. Dabei ließ er sich mit einem traditionellen orangefarbenen Turban ablichten und schwang in der Küche sogar den Kochlöffel. Später ehrte er in Neu-Delhi den Unabhängigkeitskämpfer Mahatma Gandhi und führte politische Gespräche.

Auch am Montag war Söder in der indischen Hauptstadt unterwegs: Er besuchte ein Projekt, das Kindern kostenlose Bildung ermöglicht, und sprach mit dem IT-Minister des Landes, Ashwini Vaishnaw, über die wirtschaftlichen Beziehungen mit Bayern. Doch dann ging nichts mehr. Söder musste wegen eines Magen-Darm-Infekts die Reise abbrechen. Am Dienstag gab es laut Söders Angaben für ihn nur Tee und Toast zum Frühstück. Außerdem zog er seine Rückreise nach Bayern um einen Tag vor.

Glaubt man den Bildern, die Söder in den sozialen Medien verbreitete, genoss der bayerische Ministerpräsident seine Reise bis dahin in vollen Zügen. Vorab hatte er erklärt, dass er eigens auf Einladung des indischen Ministerpräsidenten Narendra Modi angereist sei. Für Söder war die Visite auch deshalb eine große Chance: Erstmals seit Vorstellung des schwarz-roten Koalitionsvertrags konnte sich der CSU-Chef als mächtiger Mann präsentieren, der über die bayerischen Interessen hinaus auf außenpolitischer Mission unterwegs war.

Söder spricht sich mit Merz und von der Leyen ab

Söder nannte die Einladung Modis eine "besondere Ehre". Das "große Ziel" seiner Reise sei es, die Kontakte mit Indien zu stärken. Auf eine Sache schien der Franke besonderen Wert zu legen: "Ich habe mich ausdrücklich mit Friedrich Merz, aber auch mit Ursula von der Leyen abgestimmt", sagte er mit Blick auf den Bald-Kanzler und die EU-Kommissionspräsidentin. Er wollte daher nicht nur für Bayern die Kontakte stärken, sondern auch für die künftige Bundesregierung "ein Signal" senden: "Wir wollen eine gemeinsame Freihandelszone von Europa und Indien."

Die Verhandlungen für ein solches Freihandelsabkommen laufen bereits und sollen angeblich noch im Laufe des Jahres zu einem Abschluss kommen. Mit 1,4 Milliarden Einwohnern ist der Subkontinent Indien ein gigantischer Markt für europäische Produkte und Unternehmen. Im vergangenen Jahr betrug das Wirtschaftswachstum hier 6,5 Prozent. Umgekehrt haben die Inder auch großes Interesse an einer engeren Handelsbeziehung mit Europa.

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Söder bettete seine Visite auch in den ganz großen weltpolitischen Kontext ein: "Wir müssen in diesem Zoll-Chaos, das in der Welt herrscht, neue Signale setzen für gemeinsamen Freihandel, für gemeinsame Freihandelszonen", erklärte er mit Blick auf die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle gegen viele Länder auf allen Kontinenten. "Da wäre Indien für uns eine Riesenmöglichkeit", so der CSU-Chef.

Söders neue Macht in der künftigen schwarz-roten Koalition

Die Reise war laut Angaben der Bayerischen Staatskanzlei schon lange vor der Regierungsbildung geplant. Für den Ministerpräsidenten hätte der Zeitpunkt kaum günstiger kommen können. Denn obwohl seine Partei in der neuen Regierung nur drei Ministerien besetzt, konnte sich Söder als weltgewandter, viel gefragter Staatsmann inszenieren. Noch dazu ist Schwarz-Rot bisher nicht im Amt. Von den beteiligten Partnern ist Söder daher der Einzige mit einem gewichtigen politischen Amt, alle anderen müssen auf ihre Auftritte noch etwas warten.

Die Macht von Söder und seiner CSU in dem Regierungsbündnis rührt aus dem Koalitionsvertrag: Darin haben Union und SPD vereinbart, monatlich zu einem Koalitionsausschuss zusammenzukommen, über dessen Besetzung man sich "einvernehmlich" verständigen will. Jeder der drei Partner soll das Gremium auf eigenen Wunsch einberufen können. Der Ausschuss soll "Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung" beraten und "in Konfliktfällen Konsens" herbeiführen.

Kurzum: Kein Koalitionspartner soll überstimmt werden. Für die CSU als kleinste Partnerin ist das ein wichtiger Hebel für Bayern und Markus Söder in Berlin. Die Idee der regelmäßigen Treffen des Ausschusses dürfte eine Schlussfolgerung des Zusammenbruchs der Ampelkoalition gewesen sein: Die Regierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte das Gremium vor allem in Krisenzeiten einberufen.

Video | Söder überrascht mit Kopfbedeckung
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Quelle: t-online

Noch dazu wird Söders Partei künftig mit einem Staatssekretär im Auswärtigen Amt stärker in der Außenpolitik mitmischen als zuvor. "Man kann sagen, die CSU ist dann präsent, vom kleinsten Dorf bis zur Uno. Von Schneizlreuth bis nach Washington kann man dann überall die CSU vorfinden. Das gefällt mir", kommentierte der Parteichef bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags vergangene Woche.

Von einem Thema lässt der CSU-Chef die Finger

Zur deutschen Innenpolitik jedoch wollte sich Söder in Indien ausdrücklich nicht äußern. Das war nicht immer so bei seinen größeren Auftritten, meist scheute er keinen Seitenhieb, um die Politiker in Berlin an seine Macht zu erinnern. Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags etwa nahm er als stimmenmäßig kleinster Partner mit rund 15 Minuten einen großen Teil der Redezeit ein. Dabei warnte er CDU und SPD: "Ich werde öfter da sein. Sie werden von mir hören", verkündete er vor den Medienvertretern. In Indien ließ Söder jedoch lieber die Bilder sprechen.

Indien rollte dem bayerischen Ministerpräsidenten den roten Teppich aus: Obwohl Söder kein offizieller Vertreter der Bundespolitik ist, wurden ihm besondere Ehren zuteil. So lud ihn Außenminister Subrahmanyam Jaishankar zum Mittagessen ins Hyderabad House ein, das offizielle Gästehaus des indischen Premierministers. Die Tatsache, dass ein bayerischer Ministerpräsident so empfangen wird, sei "sehr ungewöhnlich", hieß es aus Diplomatenkreisen. Dabei war es für Söder wohl zu verschmerzen, dass trotz der persönlichen Einladung kein persönliches Treffen mit Regierungschef Narendra Modi geplant war.

Auch diesen besonderen Empfang dankte Söder auf staatsmännische Art. Nach dem Treffen mit dem Außenminister äußerte er den Wunsch, dass Deutschland mehr Rüstungsgüter nach Indien exportieren solle. Denn "die Inder haben Interesse, auch bei uns einzukaufen". Es sei auch für Deutschland wichtig, die Partnerschaft auszubauen. Hierzu passend hätten sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass die Richtlinien für Waffenexporte flexibler werden sollen, so Söder. Den Indern gehe es sowohl um Taurus-Marschflugkörper als auch um U-Boote. "Wir prüfen, ob wir mehr Rüstungsexporte machen können."

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Söders Reisen stießen zuletzt auf Kritik

Söder hatte sich mit seinen Absprachen mit Merz und von der Leyen abgesichert. Denn in der Vergangenheit waren seine Reisen ins Ausland zu Hause in Deutschland häufiger mit Kritik quittiert worden. Im April 2024 etwa reiste Söder nach China und erklärte dort: "Wir machen Realpolitik statt Moralpolitik." Angesichts der autoritären Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas sowie imperialistischer Bestrebungen des Landes stieß das selbst Unionskollegen sauer auf: "Ohne moralische Maßstäbe gibt es keine Realpolitik", sagte etwa der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz.

Acht Monate später, im vergangenen Dezember, reiste Söder dann nach Warschau. Dort gedachte er mit Kniefall der Helden des jüdischen Ghettos vor ihrem Denkmal in der polnischen Hauptstadt. Der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) war 1970 mit derselben Pose am selben Ort in die Geschichte der Bundesrepublik eingegangen: Das Foto wurde zum Symbol der deutsch-polnischen Aussöhnungspolitik. Kulturstaatsministerin Claudia Roth kritisierte Söder für die Pose scharf: Sein Kniefall sei ein "absoluter Tiefpunkt", erklärte die Grünen-Politikerin damals.

Staatskanzleichef Herrmann setzt Reise ohne Söder fort

Trotz des krankheitsbedingten Abbruchs von Söders Besuch setzte ein anderer Bayer die Reise fort. Die Delegation konnte unter der Leitung von Staatskanzleiminister Florian Herrmann weiterreisen. Dieser besuchte am Dienstag die bayerische Partnerprovinz Karnataka, wo er für Bayern ein Partnerschaftsabkommen unterzeichnete. Auch Herrmann ließ sich in traditionellen Gewändern ablichten.

Die öffentliche Aufmerksamkeit war da jedoch längst von der Delegation abgerückt und lag ganz bei Söder. Am Dienstagvormittag gab er Entwarnung: "Gestern hat es mich ziemlich erwischt", schrieb Söder auf X. Es gehe ihm aber schon besser. Er bedankte sich "für die vielen Genesungswünsche". Auch wenn die Reise kürzer ausfiel als geplant, konnte Söder sein außenpolitisches Bild geraderücken und seinen Machtanspruch in der künftigen Regierung festigen.

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