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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Laschet gerät weiter unter Druck Landesregierung bestätigt Tönnies-Recherchen von t-online.de
Ein Gottesdienst stand am Anfang der Corona-Infektionsketten im Schlachthof Tönnies. Das räumt das NRW-Gesundheitsministerium nun ein. Der Ministerpräsident hatte auf die Wiederöffnung der Kirchen gedrängt.
Die erste Welle von Infizierten im Schlachthof Tönnies in Rheda-Wiedenbrück hat es nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums Ende Mai im Zusammenhang mit einem Gottesdienst gegeben. Das räumte Staatssekretär Edmund Heller an diesem Donnerstagmorgen in einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses im Landtag ein. Damit gerät Ministerpräsident Armin Laschet weiter unter Druck. Der CDU-Politiker hatte sich früh dafür eingesetzt, Gottesdienste wieder möglich zu machen. Ab dem 1. Mai fanden sie dann wieder statt.
Verbindungen zum Konkurrenten Westcrown
Recherchen von t-online.de hatten den möglicherweise entscheidenden Beitrag des Gottesdienstes am 17. Mai zum Infektionsgeschehen öffentlich gemacht. Auch ein Restaurantbesuch von Mitarbeitern einen Tag zuvor könnte weiteren t-online.de-Recherchen zufolge eine Rolle gespielt haben. An beiden Treffen nahmen Beschäftigte des Konkurrenten Westcrown in Dissen teil – dort verbreitete sich das Virus schon seit Wochen, was schließlich zur Schließung des Standorts führte. Teilnehmer beider Treffen wurden im Nachgang positiv auf Corona getestet.
- Tagesanbruch: Ein perverser Kreislauf
Es gibt keine Hinweise darauf, dass bei dem Gottesdienst Abstandsvorgaben und andere Hygienemaßnahmen missachtet wurden. Die Gemeinde bestreitet vehement, in Zusammenhang mit Infektionen bei Tönnies zu stehen. Laut Darstellung des Unternehmens und des Kreises Gütersloh trugen allerdings Tönnies-Mitarbeiter von dort das Virus in den Betrieb. Im Schlachthof bestanden günstigste Bedingungen für die weitere Verbreitung – unter anderem durch festgestellte Arbeitsschutzverstöße in der Kantine und die Unterbringung der Werkvertragsarbeiter.
Weiter Ermittlungen zu Infektionsketten
Über das Ausmaß der resultierenden Infektionsketten durch den Gottesdienst besteht Uneinigkeit. Der Kreis betonte, er habe die Infektionsketten nicht vollständig auflösen können. Der "Patient Null" könne möglicherweise nicht mehr festgestellt werden. Bei Tönnies seien auch Personen außerhalb des Umfelds der Kirchengemeinde infiziert gewesen. Zu den Infektionsketten im Zusammenhang mit dem Restaurantbesuch von Tönnies- und Westcrown-Beschäftigten ermittelt der Landkreis Osnabrück weiter.
In dem Schlachtbetrieb des Tönnies-Konzerns hatten sich ab Mitte Mai mehr als 1.550 Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Der Betrieb wurde Wochen später eingestellt. Die Behörden hatten daraufhin im Kreis Gütersloh und im Nachbarkreis Warendorf das öffentliche Leben massiv eingeschränkt. Betroffen sind rund 640.000 Menschen, für die nun wieder strengere Kontaktbeschränkungen gelten.
- Eigene Recherchen
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa