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Corona-Krise: Gottesdienst könnte Ursache des Ausbruchs bei Tönnies sein


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Laschet in Bedrängnis
Gottesdienst könnte Ursache des Corona-Ausbruchs bei Tönnies sein


20.06.2020Lesedauer: 3 Min.
Ministerpräsident Armin Laschet (CDU): Er machte Heimaturlaube von Rumänen und Bulgaren als Ursache des Tönnies-Debakels aus. Möglicherweise trifft allerdings auch ihn persönlich Verantwortung.Vergrößern des Bildes
Ministerpräsident Armin Laschet (CDU): Er machte Heimaturlaube von Rumänen und Bulgaren als Ursache des Tönnies-Debakels aus. Möglicherweise trifft allerdings auch ihn persönlich Verantwortung. (Quelle: Henning Kaiser/dpa)
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NRW-Ministerpräsident Laschet legte nahe, Heimaturlaube von Gastarbeitern hätten den fatalen Covid-19-Ausbruch bei Tönnies verursacht. Nun ergeben Recherchen von t-online.de: Es war vermutlich eine Lockerung, auf die Laschet persönlich drängte.

Anders als von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) angedeutet, waren wohl nicht Heimaturlaube von rumänischen oder bulgarischen Tönnies-Arbeitern ausschlaggebend für den großen Corona-Ausbruch im Schlachthof – sondern vermutlich ein Gottesdienst. Diese durften in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Mai wieder stattfinden. Laschet persönlich hatte lange auf die entsprechende Lockerung der Corona-Maßnahmen gedrängt. Der Landkreis schließt einen Zusammenhang nicht aus.

Gottesdienst löste erste große Infektion mit aus

Recherchen von t-online.de ergeben, dass ein Gottesdienst das erste größere Infektionsgeschehen bei Tönnies mitauslöste – und das wahrscheinlich weitere Infektionen im Betrieb nach sich zog. Nachdem durch behördliche Massentests bis zum 22. Mai zunächst nur fünf Infizierte festgestellt wurden, meldete Tönnies am 27. Mai erstmals Ergebnisse eigener Tests mit plötzlich 19 Infektionen. Nur eine davon sei ein Urlaubsrückkehrer gewesen – er habe sich gemäß der firmeninternen Richtlinie freiwillig testen lassen.

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Stattdessen teilte Tönnies mit: "Zwei Mitarbeiter haben uns mitgeteilt, dass sie bei einem Kirchenbesuch Kontakt zu im Nachgang positiv getesteten Personen hatten." Daraufhin seien 120 Beschäftigte der gesamten Produktionsabteilung getestet worden. Auch der Landkreis bestätigte: "Einzelne Infektionen sind auf Kontakte in einer Kirche zurückzuführen."

Die Infektionen konzentrierten sich schon damals vor allem auf die Zerlegung, wo sich das Virus anschließend immer weiter ausbreitete. In dieser Woche teilte Tönnies das vorläufige Ergebnis der neueren Testungen dort mit: "Offenkundig hat es dann weitere Infektionen in diesem Teilbereich gegeben, die den Anstieg der letzten Woche begründen."

Der oder die Infektionsherde müssten in den vergangenen Wochen in den Betrieb getragen worden sein, da die behördlichen Tests bei den betroffenen Mitarbeitern noch negativ gewesen seien. In den Tagen zuvor hatte der Kreis mehrfach zweistellige Zahlen von Neuinfektionen bei Tönnies gemeldet. Inzwischen wurden 1.029 Mitarbeiter positiv getestet, diverse Ergebnisse stehen noch aus.

Gottesdienst am 17. Mai

Der betreffende Gottesdienst fand nach Informationen von t-online.de am 17. Mai statt, auch der Name der mutmaßlichen Gemeinde ist t-online.de bekannt – in der selben Woche stellte der Arbeitsschutz der Bezirksregierung Mängel im Hygieneschutz in der Betriebskantine von Tönnies fest, die allerdings am 29. Mai schließlich behoben worden seien.

Seit dem ersten größeren Ausbruch hatten die eigenen Tests von Tönnies im Juni immer höhere Infektionszahlen geliefert, bis der Landkreis in dieser Woche wieder mit Reihentestungen begann und aufgrund hunderter positiver Tests den Betrieb schloss. "Ob sich angesichts des hohen Aufkommens der Infizierten der 'Infizierte Null' feststellen lässt, wage ich zu bezweifeln", sagte Landkreissprecher Jan Focken t-online.de. Ein Zusammenhang mit dem Infektionsgeschehen von Mitte Mai sei aber nicht auszuschließen.

Laschet hatte am Mittwoch den Anschein erweckt, der riesige Corona-Ausbruch lasse sich vor allem auf einreisende Arbeiter aus Rumänien und Bulgarien zurückführen. Auf die Frage, was der Ausbruch über die bisherigen Lockerungen aussage, hatte er geantwortet: "Das sagt darüber überhaupt nichts aus, weil Rumänen und Bulgaren da eingereist sind und da der Virus herkommt. Das wird überall passieren."

Im nächsten Satz verwies Laschet auf die Unterbringung und Arbeitsbedingungen in Betrieben. Viele kritisierten seine Äußerungen allerdings als rassistisch, was Laschet zurückwies. Experten für Infektionskrankheiten bezweifelten allerdings, dass hunderte Corona-Fälle auf Familienbesuche am Wochenende zuvor zurückgehen. "Die Inkubationszeit beträgt im Mittel fünf Tage, so dass ein Wochenendbesuch kaum so eine große Anzahl an Personen erklären kann", sagte Isabella Eckerle, Leiterin der Forschungsgruppe Emerging Viruses in der Abteilung für Infektionskrankheiten der Universität Genf.

Laschet hatte früh auf Lockerungen in der Corona-Krise gedrängt. Auch für die Wiedereröffnung der Kirchen setzte er sich ein. "Wenn man Läden öffnet, darf man auch in Kirchen beten", sagte Laschet am 19. April dem Deutschlandfunk. Er bezeichnete es als massiven Grundrechtseingriff, dass sich Menschen nicht zu Gottesdiensten treffen dürften. Am 30. April einigten sich Bund und Länder dann, Gottesdienste wieder zu ermöglichen, die Regelung der Details überließ man den Ländern.

Verwendete Quellen
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