Mordfall Walter Lübcke Tatverdächtiger Stephan E. widerruft Geständnis
Unerwartete Wende im Mordfall Walter Lübcke: Stephan E. hatte gestanden, den Kasseler Regierungspräsidenten Anfang Juni erschossen zu haben. Nun rückt er davon wieder ab.
Im Fall des getöteten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat der dringend tatverdächtige Neonazi Stephan E. sein Geständnis zurückgenommen. "Herr E. hat in der Tat sein Geständnis heute in der Verhandlung widerrufen", teilte der Anwalt des Verdächtigen, Frank Hannig, am Dienstag mit. "Der BGH hat einen Haftbefehl erlassen, Herr E. bleibt in Haft", erklärte Hannig.
DNA-Spur, Geständnis, Tatwaffe
Stephan E. war in früheren Jahren in der Neonazi-Szene aktiv und ist vielfach einschlägig vorbestraft. Nach dem Mord an Walter Lübcke hatte der 45-Jährige gestanden, den Politiker Anfang Juni getötet zu haben. Eine DNA-Spur am Tatort hatte die Polizei zu ihm geführt.
In der Folge offenbarte E. den Ermittlern ein Waffenversteck und belastete weitere Verdächtige. Einer der Männer soll E. die Tatwaffe vom Kaliber 38 verkauft haben, ein zweiter Verdächtiger aus der Neonazi-Szene das Geschäft vermittelt haben. Jetzt zieht der Hauptverdächtige das Geständnis zurück. Laut einem Sprecher des Deutschen Anwaltsvereins sind allerdings auch widerrufene Geständnisse in einer späteren Hauptverhandlung zu verwerten.
Der Kasseler Regierungspräsident war Anfang Juni neben seinem Haus aus nächster Nähe erschossen worden. Der CDU-Politiker war in der Vergangenheit wegen seiner Haltung zu Flüchtlingen mit Mord bedroht worden. E. selbst hatte in der Vergangenheit Verbindungen zur militanten Neonazi-Gruppe "Combat 18" – ein Szene-Code für "Kampfgruppe Adolf Hitler". Einem Bericht der "Welt" zufolge war er auch im selben Verein aktiv, wie Terroristen und Unterstützer des NSU.
Neuer Haftbefehl gegen Stephan E.
E. sitzt bereits seit Mitte Juni in Untersuchungshaft. Erst am heutigen Morgen hatte ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe einen neuen Haftbefehl gegen Stephan E. erlassen und Untersuchungshaft angeordnet. Der neue Haftbefehl ersetzt den des Amtsgerichts in Kassel von Mitte Juni. Er ist aus formalen Gründen nötig, weil die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen inzwischen übernommen hat.
Dem SWR zufolge, der sich auf Ermittlungskreise berief, ist der Widerruf des Geständnisses eher taktischer Natur. Das ursprüngliche Geständnis des 45-Jährigen sei so detailreich gewesen, "dass durch den Widerruf keine Auswirkungen auf die weiteren Ermittlungen zu erwarten seien". Erst kurz zuvor hatte E. seinen Verteidiger gewechselt. Bis dato war er von einem Anwalt aus der rechten Szene vertreten worden.
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Am heutigen Dienstagmorgen war der 45-Jährige mit einem Hubschrauber nach Karlsruhe gebracht und dann vom Areal der Bundesanwaltschaft auf das Gelände des Bundesgerichtshofs gefahren worden. Dort wurde er dem Richter vorgeführt.
- eigene Recherchen
- Bundesanwaltschaft: Pressemitteilung vom 2. Juli 2019
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters