Kanzler entlässt Finanzminister Scholz will Vertrauensfrage stellen – Neuwahlen im März?
Der Bundeskanzler entlässt Finanzminister Lindner. Scholz will nun die Vertrauensfrage stellen und den Weg für Neuwahlen freimachen.
Die Koalitionskrise spitzt sich dramatisch zu. Der Bundeskanzler entlässt Christian Lindner (FDP), wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte. In einer Erklärung warf Olaf Scholz dem Finanzminister eine Blockadehaltung vor und sagte auch, wie es nun weitergehen soll. Kurze Zeit später erklärten die verbliebenen FDP-Minister Marco Buschmann, Volker Wissing und Bettina Stark-Watzinger ihren Rückzug aus der Bundesregierung.
Scholz plant, bis Ende März den Weg für mögliche Neuwahlen freizumachen. Er werde im Januar im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Die Mitglieder des Parlaments könnten dann entscheiden, ob sie vorgezogene Neuwahlen unterstützen.
- Kommentar zum Ampel-Aus: Endlich ist der Spuk vorbei
Lindner schlug Vertrauensfrage vor
Zuvor hatte Lindner Scholz (SPD) eine Neuwahl des Bundestags vorgeschlagen. Die Gespräche hätten gezeigt, dass keine ausreichende Gemeinsamkeit in der Wirtschafts- und Finanzpolitik herzustellen sei, zitieren Teilnehmer Lindner. Es sei im Interesse des Landes, schnell Stabilität und Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen.
Lindner schlug den Angaben zufolge vor, dass die Ampelparteien wie 2005 gemeinschaftlich schnellstmöglich Neuwahlen für Anfang 2025 anstreben sollten, um "geordnet und in Würde" eine neue Regierung für Deutschland zu ermöglichen. Die FDP wäre bereit, noch den Nachtragshaushalt 2024 gemeinsam zu beschließen und einer geschäftsführenden Bundesregierung anzugehören. Doch Scholz schlug den Vorschlag aus und feuerte den Finanzminister stattdessen.
Chronologie des Scheiterns
Zuvor hatten die Spitzen von SPD, Grünen und FDP zweieinhalb Stunden beraten, um Wege aus der Ampelkrise zu finden. Im Kern ging es darum, wie das Milliardenloch im Haushalt 2025 gestopft und die schwer angeschlagene deutsche Wirtschaft wieder auf Trab gebracht werden kann.
Der Koalitionsausschuss war um 18 Uhr im Kanzleramt zusammengekommen. In den Tagen zuvor hatten sich Kanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner mehrfach in kleiner Runde getroffen, um eine Lösung aus der Krise zu suchen. Noch am Mittwoch trafen sie zweimal zusammen: einmal am Vormittag, einmal am Nachmittag.
Doch der eigentliche Plan, schon mit einer Grundsatzeinigung in den Koalitionsausschuss zu gehen, scheiterte. Schon vor Beginn des Koalitionsausschusses hieß es, man habe sich zwar angenähert, eine Einigung gebe es aber bislang nicht.
Herbst der Entscheidungen
Lindner hat schon vor einiger Zeit den "Herbst der Entscheidungen" für die Koalition ausgerufen. Er meinte damit vor allem den Haushalt für das nächste Jahr, der am 29. November im Bundestag verabschiedet werden sollte. Daneben ging es ihm um eine Strategie, wie Deutschland aus der Wirtschaftskrise geführt werden soll. Dazu hat er Vorschläge gemacht, die den Streit in der Koalition eskalieren ließen. In seinem Konzept für eine Wirtschaftswende fordert Lindner unter anderem die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener und einen Kurswechsel in der Klimapolitik.
Gegen solche Ideen gab es erheblichen Widerstand bei SPD und Grünen. Habeck war Lindner aber auch einen Schritt entgegengekommen. Er hat sich am Montag bereiterklärt, die nach der Verschiebung des Baus eines Intel-Werks in Magdeburg frei werdenden Fördermilliarden zum Stopfen von Haushaltslöchern zu verwenden.
Ob es nun auch zu Neuwahlen kommt, ist derzeit noch unklar. Theoretisch könnten SPD und Grüne auch als Minderheitsregierung weitermachen. Allerdings müssten sie sich dann für jedes Gesetz im Bundestag Unterstützung suchen. Denkbar wäre auch, dass die SPD mit der Union eine Regierung bildet.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa