Kanzlerkandidat Laschet im ZDF Zuschauerin unzufrieden: "Es heißt doch hier Klartext"
Armin Laschet und die Union gingen als Favorit in das Rennen ums Kanzleramt – nun liegen sie hinter der SPD. Konnte der CDU-Mann in der Diskussion mit den Bürgern punkten? Die wichtigsten Aussagen im Überblick.
Der Kanzlerkandidat von CDU und CSU, Armin Laschet, hat sich in der ZDF-Sendung "Klartext, Herr Laschet" den Fragen der Wählerinnen und Wähler gestellt. Um "so gut wie möglich den Querschnitt der Bevölkerung abzubilden", hatte der Sender die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer durch Aufrufe über soziale Medien ausgewählt. Moderiert wurde die Veranstaltung von ZDF-Chefredakteur Peter Frey und seiner Stellvertreterin Bettina Schausten. Welchen Fragen musste sich Armin Laschet stellen? Und wie hat der CDU-Kanzlerkandidat geantwortet?
Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten:
Zu Beginn der Diskussion fragte ein Mann aus dem Ahrtal, der die Flutkatastrophe miterlebt hat, warum er Laschet glauben solle, dass die Klimapolitik nun endlich schneller vorangetrieben werde. Laschet antwortete darauf: "Klimawandel ist seit 30 Jahren da." Alle hätten parteiübergreifend die falsche Reihenfolge gewählt. Man sei zuerst aus der Kernenergie ausgestiegen, man hätte jedoch zuerst aus der Kohle aussteigen müssen.
In NRW will man bis 2030 zu zwei Dritteln aus der Braunkohle aussteigen. Der Fragesteller wies daraufhin, dass der Hambacher Forst dennoch gerodet worden sei. Laschet verneinte das: Er habe die Entscheidung verändert und das Gebiet verkleinert, sodass der Forst bestehen bleibe.
Laschet ärgert sich über Lacher
Eine Zuschauerin, ebenfalls aus dem Hochwassergebiet, fragte Laschet, warum man ihn wählen sollte und wie man ihm noch vertrauen könne, wenn er im Hintergrund lacht, während Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Flutopfern gedenkt. Laschet antwortete, das Lachen "ärgere ihn, das war dämlich". Er sei mehrmals in den Flutgebieten gewesen. Die Soforthilfe sei besonders wichtig.
Mit dem Bund müsse eine Lösung gefunden werden, dass alles wiederaufgebaut werde. "In dem Prozess sind wir jetzt, wir haben die Verfahren sehr beschleunigt", so der CDU-Kanzlerkandidat. Man habe jedem gesagt, mit dem Bau anfangen zu können – auch wenn es noch keine Bewilligung für die Soforthilfe gebe.
"Fridays for Future hat eine Menge bewegt"
Die Frau konterte: Was dem "Fußvolk" fehle, seien Kleinigkeiten. Man sei in der Schwebe. "Jetzt, Sie können jetzt anfangen", so Laschet. Die Frau entgegnete, dass die Soforthilfe schnell aufgebraucht worden sei. Es gehe nicht nur um Häuser, sondern beispielsweise auch um Fahrtwege, die nun länger seien als vorher. Auch damit seien Kosten verbunden. Laschet antwortete: "Kein Politiker kann so schnell eine Autobahn bauen." Man könne solche Rechnungen ebenso einreichen.
Eine Fragestellerin, die sich bei "Parents for Future" engagiert, fragte Laschet: "Das CDU-Parteiprogramm ist nicht kompatibel mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens. Können Sie nachvollziehen, was das emotional für mich bedeutet als Mutter von zwei Kindern? Und wie können Sie das verantworten?". Laschet antwortete: "Ich glaube, dass das Programm kompatibel ist. Können Sie nachrechnen." Man brauche nun die Dynamik und die Wissenschaft. In den kommenden Jahren sei viel zu leisten. Ihn beunruhige der Klimawandel genauso, weil er selbst zwei Kinder habe. "Ich glaube, dass Fridays for Future eine Menge bewegt hat", so Laschet.
Koalition mit AfD ausgeschlossen?
Ein Zuschauer fragte Laschet mit Blick auf mögliche Koalitionen, ob er ausschließen könne, dass die AfD mitregiere. Der entgegnete ihm: "Das kann ich klipp und klar beantworten. Wir werden mit der AfD nicht reden, nicht kooperieren, nicht koalieren." Er tue alles dafür, dass die Partei aus den Parlamenten verschwinde.
Der Mann konterte, dass jede Partei eine Daseinsberechtigung habe. Laschet dazu: "Mein politisches Ziel ist es, dass sie wieder verschwinden." Man dürfe keine Partei wählen, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und in Teilen antisemitisch sei.
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Wie kann man Hass im Netz beenden?
Eine andere Frau fragte Laschet, was er in Zukunft tun wollte, um Kommunalpolitiker vor Hass im Netz zu schützen. Sie sei selbst als Bürgermeisterin tätig. "Was Sie beschreiben, ist Realität. Ich erlebe das bei mir auch, lange Zeit von rechts", so Laschet. Er habe sich angewöhnt, das nicht mehr an sich heranzulassen. Bei Kommunalpolitikern sei das etwas anderes. Denn die seien näher an den Menschen dran.
Es sei für Laschet nicht zu akzeptieren, dass Politiker ihr Amt nicht mehr ausführen wollen, weil sie bedroht oder beschimpft werden. "Da muss das Null-Toleranz-Prinzip gelten." Frauen seien dabei doppelt gefährdet. Wenn eine Beleidigung bedrohlich sei, müsse der Urheber gefunden und verurteilt werden. Dabei gehe es etwa nicht um Sprüche wie "Du Depp", sondern um Bedrohung oder Volksverhetzung. Von sozialen Netzwerken erwarte er, dass Kommentare wie diese unmittelbar gelöscht werden. Die Behörden müssten alles tun, um den Politikern und Politikerinnen zu helfen.
Angriffe auf Polizisten
Ein Mann fragte den CDU-Chef, wie man Polizisten vor Angriffen schützen kann. Die Politik müsse sich hinter die Beamten stellen, so Laschet. "Wir haben ein Grundvertrauen in die Polizei." Man müsse aber künftig auch den Beamten die Ausrüstung zur Verfügung stellen, die sie brauchen.
Eine Zuschauerin fragte weiter nach: Es gebe in Städten Hotspots, in denen junge Feiernde unterwegs seien, die sehr alkoholisiert und gewaltbereit seien. Bürger klagten über Lärm und Müll. Die Polizei greife erst richtig ein, wenn es zu Körperverletzung komme. Die Frau fragte Laschet: "Es wird immer schlimmer, was können Sie dagegen tun?"
Laschet antwortete darauf: "Das, was sie schildern, geht über jede Grenze hinaus." Sein Eindruck sei, dass die Polizei durchgreife. Das Prinzip "Null Toleranz" habe man in allen Bereichen der Kriminalität durchgesetzt und müsse beibehalten werden.
"Es heißt doch hier Klartext"
Eine Frau, die in einer Partnerschaft mit einer Frau lebt und mit ihr ein gemeinsames Kind hat, fragte: "Warum verhindert die Union, dass unsere Kinder zwei Elternteile an die Seite gestellt bekommen und damit genauso abgesichert sind wie alle anderen Kinder in diesem Land?" Aktuell sei nur die leibliche Mutter von Geburt an rechtlich ein Elternteil.
Laschet vermied eine klare Antwort: Es gebe sehr viele Detaildiskussionen. Es sei noch keine Lösung gefunden worden. Die Frau wirkte mit Laschets Ausführungen sichtlich unzufrieden: "Es heißt doch hier Klartext."
Thema Pflege: zu wenig Fachpersonal
Eine Zuschauerin, deren Mann Demenz und Parkinson hat, wollte wissen, warum es so schwer sei, für Menschen mit Demenz Kurzzeitpflege zu gewährleisten. Laschet entgegnete, man müsse in der Pflege besser werden. Zum Thema Unterstützung antwortete der CDU-Chef, die Pflegeversicherung sei eine riesen Hilfe. "Aber sie müssen trotzdem zuzahlen. Und das ist das Problem jetzt." Deshalb würden die Geldsätze immer weiter erhöht werden, je länger die Krankheit anhält.
"Es muss überall in Deutschland die Möglichkeit geben, Kurzzeitpflege in Anspruch zu nehmen", so Laschet. Die Zuschauerin verwies daraufhin auf fehlendes Fachpersonal. Die Pflegeversicherung müsse ausgebaut und erweitert werden. "Wir verändern sie natürlich ständig", konterte Laschet. Es gebe zwar immer noch zu wenig Krankenpflegerinnen und -pfleger. Gesundheitsminister Jens Spahn habe aber das Ausbildungsgeld abgeschafft, die Löhne seien gestiegen. "Der Beruf ist attraktiver", aber er müsse noch mehr Anerkennung finden.
"Größtes Desaster der Nato, seit es sie gibt"
Zwischendurch fragte ein Mann per Video, was er geworden wäre, wenn er nicht Politiker geworden wäre. Der Kanzlerkandidat antwortete, er wäre dann heute vermutlich Journalist. Auf die Frage, warum er CSU-Chef Markus Söder nicht den Vortritt gelassen habe, entgegnete Laschet, die Mehrheit der CDU habe sich für ihn entschieden.
- Kanzlerkandidaten treffen auf Schüler: "Haben Sie ein schlechtes Gewissen?"
Zur Krise in Afghanistan fragte ein Mann: "Was sagen Sie als Bundeskanzler 59 Müttern, die ihre Söhne in Afghanistan verloren haben?" "Das ist ein ganz bitteres Kapitel", entgegnet der Kanzlerkandidat der Union. Der Bundeswehreinsatz habe nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 begonnen. Zwar habe man es geschafft, dass aus Afghanistan kein internationaler Terrorismus mehr möglich sei. Die Soldaten hätten daran einen großen Anteil. Was nicht gelungen sei, sei die Gesellschaft vor Ort zu verändern. "Das ist gescheitert." Das sei das größte Desaster für die Nato seit ihrem Bestehen.
"Ich finde die Antwort vage und unbefriedigend"
Ein Mann ging auf das Thema Mindestlohn ein. Zwei Millionen Menschen lebten zurzeit von einen minimalen Gehalt: "Warum will die CDU in dem Wahlprogramm nicht dafür sorgen, dass diese zwei Millionen Menschen ein lebenswertes Auskommen mit ihrer Arbeit haben?"
Laschet antwortete, man sei nach der Pandemie in der Lage, wieder zu wirtschaftlichem Wachstum zu kommen. Wenn man Steuern erhöhe, werde die Arbeitslosigkeit steigen. Die Gewerkschaften sollten Vorschläge für Mindestlöhne machen, die dann verbindlich festgelegt würden. "Ich finde die Antwort vage und unbefriedigend", sagte der Zuschauer. Er selbst arbeite für ein Callcenter, wo es ein strukturelles Problem gebe.
Laschet sagte, man habe sich mit den Sozialdemokraten darauf geeinigt, dass die Tarifpartner den Mindestlohn jährlich aushandeln sollten. "Wenn wir beginnen, die Löhne im Deutschen Bundestag auszuhandeln, wird es am Ende die Gewerkschaften schwächen", warnte er. Laschet verwies auch darauf, dass es Tarifverträge in einigen Branchen mit einem Lohn von elf Euro gebe. Die SPD fordere einen Mindestlohn von zwölf Euro. Einen politisch festgesetzten Mindestlohne lehne Laschet jedoch ab.
Erleichterungen für Mittelstand
Für den Mittelstand forderte Laschet eine Reduzierung von Bürokratie und Steuern. Wenn neue Vorschriften gemacht würden, müsse das Ministerium ein oder zwei alte abschaffen. "Wir merken doch alle, dass alles zu lange dauert", so Laschet. "So werden wir weder die Energiewende schaffen noch als Land wettbewerbsfähig bleiben."
Eine Studentin bewegte die Frage, warum es an den Universitäten immer noch viele Online-Veranstaltungen gebe, während die Fußballstadien sich füllen. "Diese drei Semester waren eine Katastrophe", antwortete der Unions-Kanzlerkandidat. In allen Ländern sei man sich allerdings einig, dass es im Wintersemester wieder zu mehr Präsenzveranstaltungen komme.
Mehr Tempo beim einem Covid-Medikament
Eine Frau, die an Long-Covid erkrankt ist, stellte Laschet die Frage, was er als Kanzlerkandidat tun würde, um die Entwicklung eines Medikaments gegen die Spätfolgen zu beschleunigen. Man sei darauf angewiesen, Wissenschaftler zu finden, die diese entwickelten, so Laschet. Die Forschung könne man unterstützen.
Die Frau entgegnete ihm, ein erfolgsversprechendes Medikament sei bereits gefunden. Aber die Bewilligung für die Finanzierung stehe noch aus. Laschet sagte daraufhin, er kenne das Mittel, das von der Uni Erlangen stammen soll, nicht. Er wolle den spezifischen Fall prüfen: "Wenn das alles so unproblematisch ist, (…) muss es schnell gehen", versicherte der CDU-Politiker.
Zum Thema Impfpflicht sagte Laschet, er wolle noch auf die Überzeugungskraft setzen. Eine Pflicht könne man nicht durchsetzen. Der Fragesteller entgegnete, es gebe eine Impfpflicht gegen Masern. Es sei trotzdem kompliziert, so der CDU-Chef. Alle Parteien hätten versprochen, dass das Impfen gegen das Coronavirus freiwillig bleibe. Er habe noch die Hoffnung, dass sich 80 Prozent der Deutschen impfen ließen.
CDU-Mann unter Druck
Der Kanzlerkandidat der Union steht im Wahlkampf enorm unter Druck. Noch bis zum Februar lagen CDU und CSU in den Umfragen mit 36 Prozent haushoch vor allen anderen Parteien. Mittlerweile fiel die Union in einigen Erhebung unter die 20-Prozent-Marke, während die SPD mit Olaf Scholz die Führung übernommen hat.
Der Kanzlerkandidat von CDU und CSU stellte sich erstmals in dem ZDF-Format den Fragen der Wähler. Zuvor waren seine Konkurrenten – Annalena Baerbock und Olaf Scholz – bereits in einem ähnlichen Format der ARD zu Gast. Am kommenden Sonntag treffen die drei Spitzenkandidaten in einem zweiten Triell aufeinander.