Russland-Ermittlungen Trump entlässt Sessions – muss nun auch Mueller gehen?
US-Präsident Donald Trump geht nach der US-Wahl in die Offensive. Justizminister Jeff Sessions muss gehen. Was wird nun aus den Russland-Ermittlungen? Die Demokraten wähnen Böses.
Nach dem erzwungenen Rückzug von US-Justizminister Jeff Sessions befürchten führende Demokraten eine Behinderung der Russland-Ermittlungen gegen US-Präsident Donald Trump und dessen Umfeld. Trump hatte Sessions am Mittwoch aus dem Amt gedrängt und sich damit eines unliebsamen Regierungsmitglieds entledigt – nur einen Tag nach den Kongresswahlen in den USA.
Sessions Stabschef Matthew Whitaker, ein Trump-Unterstützer, soll den Posten vorerst übernehmen – und auch die Aufsicht über die Russlanduntersuchungen. Die Chefs der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat, Nancy Pelosi und Chuck Schumer, halten Whitaker für befangen und sehen die Ermittlungen nun schwer in Gefahr.
Sessions hält sich aus den Ermittlungen heraus
Ein FBI-Team um Sonderermittler Robert Mueller geht der Frage nach, ob es bei den mutmaßlich russischen Einflussversuchen auf die Präsidentschaftswahl 2016 geheime Absprachen zwischen Moskau und Trumps Wahlkampflager gab. Für Trump sind die Ermittlungen höchst unangenehm. Er geißelt sie regelmäßig als "Hexenjagd".
Sessions hatte es sich im Zusammenhang mit den Untersuchungen mit Trump verscherzt. Als oberster Chefankläger wäre Sessions eigentlich für die Aufsicht über die Mueller-Ermittlungen zuständig gewesen. Wegen eigener Befangenheit hatte er diese Rolle aber an seinen Stellvertreter, Rod Rosenstein, abgegeben.
Trump-Getreuer als Nachfolger
Sessions hatte sich während des Wahlkampfes mit dem damaligen russischen Botschafter in Washington, Sergej Kisljak, getroffen. In einer Anhörung vor dem Senat verneinte er dies aber, obwohl er unter Eid stand. Deswegen hatte er sich bei den Russlandermittlungen komplett rausgehalten – was Trump sehr missfiel.
Der Präsident hätte sich gewünscht, dass ihn sein Justizminister vor den Untersuchungen schützt: In der Vergangenheit drängte Trump Sessions sogar auf Twitter dazu, die Ermittlungen zu beenden, und griff den Minister immer wieder öffentlich an. Nun hat er Sessions – zumindest vorübergehend – durch einen Getreuen ersetzt: Whitaker ist als Trump-Unterstützer bekannt, und als Kritiker der Russlanduntersuchungen. Wer das Justizressort dauerhaft leiten soll, will Trump zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben.
Die Demokraten, denen besonders an den Ermittlungen gegen Trump und dessen Umfeld gelegen ist, reagierten empört auf den Personalwechsel. Der Chef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, sagte, falls die Sessions-Personalie ein Ende oder eine bedeutsame Beschränkung der Russlandermittlungen einleiten solle, würde das eine Verfassungskrise auslösen. Bei Twitter warf er Whitaker Befangenheit vor und rief ihn auf, die Aufsicht über die Untersuchungen abzugeben.
Offizieller Brief an Trump
Das forderte auch Pelosi bei Twitter. Der US-Kongress müsse sofort handeln, um die Rechtsstaatlichkeit und die Integrität der Ermittlungen zu schützen. Sessions Rausschmiss sei nichts anderes als der Versuch, die Mueller-Ermittlungen zu unterlaufen und zu stoppen.
Besorgt äußerte sich ebenso der frühere demokratische Justizminister, Eric Holder. "Jeder, der versucht, die Mueller-Ermittlungen zu beeinflussen oder zu behindern, muss zur Verantwortung gezogen werden", schrieb Holder bei Twitter. "Das ist eine rote Linie." Die USA seien ein Rechtsstaat und kein Subjekt eigennütziger Handlungen eines einzelnen Mannes.
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Bereits seit Längerem war erwartet worden, dass Trump mehrere Kabinettsmitglieder austauschen könnte – allen voran Sessions. Es war damit gerechnet worden, dass Trump mit dem Schritt aus taktischen Gründen bis nach der Kongresswahl warten würde. So kam es nun.
Trump hatte den Personalwechsel am Mittwoch bei Twitter verkündet und Sessions dort knapp für seine Dienste gedankt. In einem Schreiben an Trump machte Sessions klar, dass er keineswegs freiwillig seinen Posten räumte. In dem veröffentlichten Brief an Trump heißt es: "Auf Ihr Ersuchen hin reiche ich meinen Rücktritt ein." Noch am frühen Mittwochabend (Ortszeit) verließ Sessions das Justizministerium unter dem Applaus von Mitarbeitern des Ressorts – und damit noch bevor überhaupt alle Rennen der Kongresswahlen endgültig ausgezählt waren.
Verschobene Kräfteverhältnisse
Trumps Republikaner hatten bei den Wahlen am Dienstag ihre Mehrheit im Senat verteidigt, ihre Kontrolle über das Repräsentantenhaus aber an die Demokraten verloren. Mit der gewonnenen Mehrheit im Repräsentantenhaus könnten die Demokraten Untersuchungen gegen Trump bis hin zu einem Amtsenthebungsverfahren einleiten. Ein solches Verfahren muss Trump derzeit zwar nicht fürchten, weil hierüber am Ende der Senat entscheiden würde – mit einer Zweidrittelmehrheit. Die ist aber nicht in Sicht.
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Die Demokraten könnten Trump und seine wichtigsten Mitarbeiter durch die verschobenen Kräfteverhältnisse im Repräsentantenhaus aber mit unangenehmen Aufgaben dauerhaft beschäftigen – und durch Untersuchungen, etwa zu den Russlandverwicklungen, womöglich unangenehme Dinge zutage befördern.
Mehrheit im Senat
Für mögliche weitere Personalwechsel innerhalb der US-Regierung ist aus Trumps Sicht aber günstig, dass seine Republikaner im Senat weiter eine Mehrheit haben. Nach der Wahl sind den Republikanern in der Kammer wie bislang 51 der 100 Sitze sicher. Es könnten aber noch mehr werden, weil noch mehrere Senatsrennen offen waren: in Florida, Arizona und Mississippi. Der Senat ist entscheidend für wichtige Personalien. Will Trump etwa einen Minister ernennen, braucht er die Bestätigung des Senats. Die ist ihm sicher.
Bundesaußenminister Heiko Maas begrüßte das Ergebnis der Zwischenwahlen. Das Ergebnis verändere die Machtdynamik in den USA, sagte er der "Saarbrücker Zeitung" (Donnerstag). Außenpolitisch stellt sich Maas offenbar auf weitere Konflikte mit Washington ein. "Wenn die Devise auf absehbare Zeit "America first" bleibt, müssen wir reagieren", sagte der Minister. Er sehe nur eine mögliche Antwort, "und die heißt Europe united".
- dpa